Beilngries
„Die heimlichen Väter der Zwüfelatscha-Legende“

Der Stammtisch Zwüfelatscha feiert sein 50-jähriges Bestehen – Unzählige Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse

04.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:58 Uhr

Seit einem guten halben Jahrhundert bildet der Stammtisch Zwüfelatscha eine starke Gemeinschaft. Am vergangenen Wochenende wurde das 50-jährige Bestehen nachgefeiert. Foto: Adam

Von Regine Adam

Beilngries – Sind die Beilngrieser nun eigentlich die Zwiebeltreter, die Zwiebellatscher, die Zwüfelatscher oder die Zwüfelatscha? Für den gleichnamigen Beilngrieser Stammtisch – Zwüfelatscha − ist das keine Frage. Am 25. Februar 1972 benannte sich der knapp zwei Jahre zuvor gegründete „Jungstammtisch Millipp“ in „Stammtisch Zwüfelatscha“ um. „Damit wurden der Name und die Geschichte in Beilngries salonfähig gemacht. Wir sehen uns deshalb etwas als die heimlichen Väter der Zwüfelatscha-Legende“, verriet Klaus Schmid schmunzelnd bei seiner Festrede, die der Vorsitzende anlässlich der 50-Jahr-Feier, die wegen Corona mit zweijähriger Verspätung ein 50+2-Jubiläum wurde, bei einem internen Jubiläumsfest hielt.

Mit diesem Namen, betonte Schmid, seien die Beilngrieser einmalig. „Ganze zehn Treffer hat mir Google im Internet für den Namen Zwüfelatscha angezeigt. Für Zwiebeltreter hätten wir kein Alleinstellungsmerkmal, das waren schon rund 9300 Treffer“, verriet Schmid und erwähnte die Bamberger Zwiebeltreter mit ihrem Zwiebeltreterfest, die Showband Die Zwiebeltreter und eine Gaststätte Zwiebeltreter im Erzgebirge.

Erinnerung an die Gründungsmitglieder

Zehn Gründungsmitglieder gab es 1970, darunter sogar eine Frau, Gabi Walthierer. Von den damals 18- bis 20-Jährigen sind heute noch fünf Gründungsmitglieder aktiv: Herbert Adelfinger, Willi Beck, Franz Walthierer, Franz Schauer und Joachim Vogt, dazu auch Josef Leidl, der mit einer Gruppe von weiteren sechs Männern und einer Frau ebenfalls von der ersten Stunde an mit in den mittlerweile fünf dicken Archivbänden des Stammtisches erwähnt wird. Bis zu 32 Mitglieder zählte der Stammtisch zu Blütezeiten, heute sind es noch rund 22 Herren, die das jahrzehntelange Brauchtum mit zwei regelmäßigen Treffen am ersten und dritten Freitag im Monat hochhalten. „Das Durchschnittalter ist mittlerweile auf knackige 69 Jahre gestiegen“, verriet Schmid. Neumitglieder habe es seit über zwölf Jahren nicht mehr gegeben, „aber das liegt nicht daran, dass bei uns niemand beitreten darf, im Gegenteil, herzlich willkommen“, betonte Schmid.

Besonderes Aufnahmeritual und humorvolle Andeutungen

Ob die Zurückhaltung an einem Aufnahmeritual liegt, das vor allem in den 1990er Jahren Brauch war? Wer dem Stammtisch damals beitreten wollte, musste eine rohe Zwiebel verspeisen, um seine Eignung als Zwüfelatscha zu beweisen. Über viele Erinnerungen legte Schmid nach kleinen Andeutungen, die bei den eingeweihten Stammtischbrüdern von Schmunzeln über spontanes herzliches Lachen bis hin zu leicht verlegenem „Auweia“ wechselnde Gefühlsregungen hervorriefen, ausdrücklich „einen Mantel des Schweigens“.

In bester Erinnerung bleiben aber die aufwendigen Jubiläumsfeiern, ein selbstproduzierter Zwüfelatscha-Schnaps, zahlreiche Sportevents beim Fußballspielen, Skifahren, Kegeln, Wandern, Radfahren und Golfen. „Mittlerweile gehört zum Sportprogramm teilweise eine intensive Enkelbetreuung, denn das Herumtoben mit diesen kann mitunter ganz schön anstrengend sein“, erklärte Schmid und gab Einblicke in einen Stammtischabend der „Rentner-Hausmännerrunde“, an dem zu vorgerückter Stunde Techniken des Fensterputzens und Staubsaugens leidenschaftlich diskutiert wurden.

„Die Zwüfelatscha waren immer ein Eckpfeiler im Beilngrieser Vereinsleben“, versicherte Schmid und erinnerte daran, dass aus dem Stammtisch mehrere Burschenkönige für den Beilngrieser Burschenball hervorgingen, der Männergesangverein in den 1970er Jahren neuen Aufschwung miterhielt und viele ehrenamtliche Tätigkeiten bei der Feuerwehr oder der Kolpingfamilie übernommen wurden.

Legendär seien die Faschingsbälle in den 1970er und 1980er Jahren sowie die jährlichen Ausflüge, „anfangs unter dem Motto Wein, Weib und Gesang, später dann unter Natur und Kultur“, wozu als unerreichtes Traumziel immer noch Mallorca in den Köpfen der Stammtischherren spukt. Aufwändige Beiträge habe es zum jährlichen Volksfestzug gegeben, in denen man sich durchaus auch kritisch mit dem politischen Leben der Großgemeinde auseinandergesetzt habe. 2019 entstand schließlich der große Zwüfelatscha-Schuh, der am kommenden Wochenende auch den Bayerischen Zwiebelmarkt zieren wird. Fünfmal waren die Zwüfelatscha selbst beim Zwiebelmarkt dabei.

Besonderes Dankeschön an die Gastwirts-Familie

Weitere unzählige Aktivitäten der rührigen Stammtischherren – von Starkbierproben über Kochkurse, Weinfeste und Fischessen bis hin zu Weihnachtsfeiern und Maibaumaufstellen für Kinder – aufzuzählen, ist kaum möglich. „Und allen zu danken, die sich in irgendeiner Weise in den vergangenen Jahrzehnten beteiligt haben, ebenfalls nicht, es waren ja immer irgendwie alle dabei und aktiv“, sagte Schmid und hatte dann doch für vier Personen noch eine besondere Überraschung dabei. Blumen bekamen Christa Walthierer und Stephanie Walthierer-Celler, die mit ihren Männern Franz und Ulrich als „Stammtischwirte uns manchmal als letzte Gäste hinauskomplimentieren müssen, aber niemals ohne einen kostenfreien Spruz als Rausschmeißer“.

Als „Hausmeister“, neudeutsch „Facility Manager“, für die Stammtisch-Ranch, auf der er als unermüdlich guter Geist agiert, ohne viele Worte zu verlieren, wurde Josef Leidl mit einem Arbeitsmantel „Facility Manager“ ausstaffiert. Eine Grillschürze mit der Aufschrift „****Sterne-Grillmeister“ überreichte Klaus Schmid an Bernhard Gabler für dessen Grillkünste, unter anderem „für die überaus leckeren Spanferkel und auch sonst jede handwerkliche Unterstützung“.

Kulinarisch ging es dann für die Stammtischherren und ihre Frauen, die das Jubiläum mitfeiern durften, bei einem Festessen weiter. Und mit noch vielen Erinnerungen, die Schmid bei einer Bilderpräsentation im Laufe des langen Abends aufleben ließ.

Übrigens – der Beilngrieser Zwiebelmarkt 2022 wirft offensichtlich bereits viel beachtete Schatten voraus: Die von Klaus Schmid gegoogelten zehn Treffer vergangene Woche für den Namen „Zwüfelatscha“ haben sich binnen weniger Tage, Stand Montag, auf 71 Treffer ausgeweitet.

DK