Klavierabend der Simon-Mayr-Gesellschaft
„Wie ein Pianist mit 20 Fingern“

Die Zwillingsbrüder Davide und Daniele Trivella spielen im Barocksaal des Stadtmuseums

19.10.2023 | Stand 19.10.2023, 17:00 Uhr

Die Zwillingsbrüder Davide und Daniele Trivella sind international als eines der interessantesten Klavierduos bekannt. Foto: privat

Auf Einladung der Simon-Mayr-Gesellschaft reist das Geschwisterduo Davide und Daniele Trivella aus Bergamo, der Wahlheimat des Komponisten Johann Simon Mayr an, um an diesem Freitag in Ingolstadt einen Klavierabend zu geben. Neben facettenreichen Werken von Camille Saint-Saëns, Franz Schubert, Johannes Brahms, Gaetano Donizetti oder Astor Piazzolla wird die „Jodlersuite“ von Lucio Mosè Benaglia erklingen, einem in München lebenden zeitgenössischen italienischen Komponisten, der selbst Mitglied in der Simon-Mayr-Gesellschaft und in dessen Beirat ist. Daneben kommen natürlich auch einige Kompositionen von Simon Mayr selbst zur Aufführung, darunter zum ersten Mal das vierhändige Stück „Introduzione e Andantino“. Die Brüder Trivella haben die Notenhandschrift in der Biblioteca Civica in Bergamo aufgespürt.

Signori Trivella, Sie wurden von der Simon-Mayr-Gesellschaft gebeten, für Ihren Auftritt hier in Ingolstadt ein unbekanntes Klavierstück von Johann Simon Mayr zu finden. Da ein großer Teil von Mayrs Manuskripten – überwiegend archiviert in der Biblioteca Civica in Bergamo – bisher noch unerforscht ist, klingt das wie die Suche nach der sprichwörtlichen „Stecknadel im Heuhaufen“. Wie sind Sie die Recherche angegangen?
Davide und Daniele Trivella:  Wir haben einen guten Freund, Maestro Fabrizio Capitanio, Leiter der Gaetano-Donizetti-Abteilung der Stadtbibliothek Angelo Maj in Bergamo, der uns bei der Suche nach einem geeigneten Manuskript für diesen Anlass geholfen hat. Dafür sind wir ihm sehr dankbar.

Sie haben ein spannendes Stück entdeckt, das zugleich Rätsel aufgibt. Ihre Vermutung ist, dass es sich ursprünglich um eine Arie handeln könnte, die für Klavier zu vier Händen umgeschrieben wurde. Was spricht für diese These?
Trivella: Die Komposition des Stücks hat eine Struktur, die eindeutig auf die Cavatina-Form zurückzuführen ist, mit einer Einleitung, die zur Arie führt. In diesem Fall wird das Manuskript beim Einsetzen der Cabaletta, die die Nummer abschließen würde, unterbrochen. Schon beim einfachen Zuhören erkennt man die für die romantische Oper typische Dramaturgie.

Was könnte Mayr zu dieser Transkription veranlasst haben?
Trivella: Damals war es üblich, Ausschnitte aus besonders erfolgreichen Opern für Klavier, in diesem Fall für Klavier zu vier Händen, zu transkribieren, um sie auch außerhalb der Theater, insbesondere in den Salons, wieder hörbar zu machen. Dies ist sicherlich ein Beispiel dafür. Leider konnten wir aufgrund der fehlenden Mayr’schen Diskographie und der spärlichen Kenntnis des Repertoires des Maestros die Ausgangskomposition bisher nicht ermitteln. Wir hoffen, dass jemand bei einer konzertanten Aufführung eine Übereinstimmung finden kann.

Gibt es Hinweise auf weitere solcher „Ausgrabungen“?
Trivella: Es ist wahrscheinlich, dass in den Regalen der Bibliothek von Angelo Maj noch mehr solcher Auszüge dieser Art existieren. Gezielte Recherchen wären erforderlich. Wir hoffen, dass auch von Seiten der Internationalen Simon-Mayr-Gesellschaft in Ingolstadt weiterhin Interesse besteht, gemeinsam mit Wissenschaftlern und Musikern aus Bergamo an dieser Forschung mitzuwirken.

Worauf haben Sie bei der Konzeption des Programms besonders Wert gelegt?
Trivella: Wir sind Pianisten, Komponisten und Arrangeure: unser musikalisches Leben ist allumfassend. Sobald wir ein Stück irgendeines Genres oder eines Stils hören, denken wir sofort an seine mögliche Umsetzung für Klavier zu vier Händen, und das war schon immer so. Dieser Prozess ist hier in den Tangos von Astor Piazzolla zu hören, die unsere Klavierversion sind, und in Saint-Saëns’ „Dance Macabre“, unserer Bearbeitung der Liszt/Horowitz-Version. In Schuberts „Fantasia“ und Ravels „Valse“ singt und lebt unsere Seele ganz in Symbiose mit der poetischen und nostalgischen Welt der Komponisten. Die „Ungarischen Tänze“ von Brahms haben wir als Kinder zum ersten Mal gehört und sind damit der Ursprung unseres vierhändigen Zusammenspiels.

Was reizt Sie am gemeinsamen vierhändigen Klavierspiel – insbesondere als Brüder?
Trivella: Unser allererstes gemeinsames Spiel entstammte den Ouvertüren von Beethoven, Mozart, Rossini; eine große Energie, die unseren musikalischen Geist in Schönheit schmiedete. Ein Herd, der die Zeit überdauert. Wir sind wie ein Pianist mit 20 Fingern. Nur durch das gemeinsame Spiel kann die für vier Hände konzipierte Oper realisiert werden.

DK

Die Fragen stellte Heike Haberl.



Klavierabend mit den Brüdern Davide und Daniele Trivella aus Bergamo, am Freitag, 20. Oktober, um 19 Uhr im Barocksaal des Stadtmuseums. Karten an der Abendkasse.