Die Zukunft gehört der Jugend
Wählen ab 16: Stadtjugendring unterstützt Volksbegehren und will Kritikern Angst nehmen

14.06.2023 | Stand 14.09.2023, 23:21 Uhr

Für das Volksbegehren Vote 16 sammelt das lokale Bündnis gemeinsam mit Stadträten und Jugendparlamentariern Unterschriften, wie hier bei einem Stand Anfang Mai. Auch der Stadtjugendring unterstützt das Vorhaben. Foto: Gabriel

Ein klares Ziel vor Augen: Wählen ab 16. Das Volksbegehren Vote 16 setzt sich für eine Absenkung des aktiven Wahlalters für Landtags-, Bezirks- und Kommunalwahlen in Bayern auf 16 Jahre ein. Auch der Stadtjugendring Ingolstadt (SJR) unterstützt die Initiative und sammelt aktuell Unterschriften. Die Engagierten stoßen mit dem Begehren bei Mitbürgerinnen und -bürgern aber auch auf Ängste.

„Die Jugend ist so politisch wie noch nie und möchte sich auch äußern“, sagt mit Aron Gabriel der Vorsitzende des Dachverbands der bayerischen Jugendvertretungen (DVBJ). Der 21-jährige Student aus Ingolstadt ist der Meinung, dass es kein Argument gegen Wählen ab 16 gibt. „Sobald man fähig ist, sich ein politisches Bild zu machen, sollte man auch die Möglichkeit dazu haben.“ Denn Jugendliche ab 16 Jahren machen eine Ausbildung, zahlen Steuern und sind in der Gesellschaft voll angekommen – „aber das Fundamentalste dürfen sie nicht“, so Gabriel.

Auch Dieter Edenharter, stellvertretender Geschäftsführer des Stadtjugendrings Ingolstadt, kann dem nur zustimmen: „Die Jugendlichen sind ja schon ein aktiver Teil der Gesellschaft. Sie übernehmen Verantwortung in Ausbildung und Ehrenamt. Mit dem Wählen ab 16 bekommen sie dann auch alle Rechte, die dazugehören.“

Wählen ab 16: Warum jetzt?

Durch das U18-Wahlprojekt hat der Stadtjugendring schon Erfahrungen mit Wahlen bei Jugendlichen sammeln können. „Wir merken daraus, dass junge Menschen nicht völlig willkürlich wählen“, so Edenharter. Der Schwerpunkt läge zwar eindeutig auf grünen Themen, aber es würden durchaus alle Parteien gewählt werden. „Wahlen sind tatsächlich etwas sehr Persönliches.“

Dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt für Vote 16 ist, begründet der Geschäftsführer des Stadtjugendrings mit Demografie und Biologie: „Die Gruppe der jungen Menschen wird im Verhältnis zu den alten immer kleiner“, so Edenharter. „Ihnen gehört aber die Zukunft.“

Außerdem würden sich die Kinder heutzutage viel schneller entwickeln, sie seien früher in der Pubertät. „Jugendliche sind politisch sehr engagiert, manchmal auch mehr als Erwachsene.“ Deshalb ist auch für Aron Gabriel ganz klar: „Jetzt ist genau die richtige Zeit dafür, das anzupacken.“

Dass Wählen ab 16 nicht nur ein positives Zeichen für die Jugend wäre, sondern auch die Gesellschaft etwas davon hätte, betont der 21-Jährige besonders. „Mehr Menschen würden sich in der Gesellschaft beteiligen, und das ganze politische System wird hoffentlich verjüngt“, so Gabriel.

Edenharter zufolge müssen sich die Bürgerinnen und Bürger bei diesem Thema auf einen Vertrauensvorschuss für die Jugend einlassen. „Man muss den Fokus auf diese Wählergruppe legen und beachten.“ Auch Anerkennung sei in diesem Zusammenhang sehr wichtig, so Gabriel.

Kritik und Ängste von Mitbürgern

Das Hauptargument von Kritikern gegen das Wählen ab 16 sei die fehlende Lebenserfahrung. Doch Wahlen haben nichts mit Erfahrung zu tun, meint der 21-Jährige. „Jugendliche können selbst einschätzen, ob sie in einer guten oder schlechten Welt leben.“

Auch die Strafmündigkeit käme bei Kritikern immer wieder zur Sprache. „Die Strafmündigkeit beginnt aber schon mit 14“, hält Gabriel dagegen. Im Gespräch und Austausch merke der Vorsitzende des DVBJ oft einen Aha-Moment bei seinem Gegenüber.

Auch Edenharter kann Erfahrungen mit kritischen Stimmen am Begehren „Vote 16“ teilen. „Junge Menschen lassen sich zu weit manipulieren und sind noch nicht so weit, um das richtig einzuschätzen“, bekomme der Geschäftsführer oft zu hören. Doch er sei gar nicht der Meinung.

Dieter Edenharter hat eher das Gefühl, „dass Kritiker Menschen sind, die Auseinandersetzungen mit jungen Menschen scheuen“. Er will ihnen die Angst nehmen. Wählen ab 16 werde ihm zufolge nicht alles umkrempeln. Denn blicke man auf die Zahl der 16- und 17-Jährigen, die dann wahlberechtigt wären, ist es „numerisch nicht die große Änderung“.

Vote 16 stößt aber nicht nur auf erwachsene Kritiker, sondern auch manche jungen Personen fühlen sich unter Druck oder wissen nicht, was sie wählen sollen, so Gabriel. „Ich sage da aber immer, es ist ja keine Wahlpflicht.“ Seiner Meinung nach „muss man da aber ganz klar mit etwas politischer Bildung rangehen“ und auch neu diskutieren, ab wann man mit politischer Bildung anfängt. Der Vorsitzende des DVBJ könne sich das auch schon in der Grundschule vorstellen.

25000 Unterschriften als erste Hürde

Um das Volksbegehren zu unterstützen, will der Stadtjugendring regelmäßig bei großen Veranstaltungen in Ingolstadt Unterschriften sammeln. „Unterschriften sind momentan das Non-plus-Ultra“, so Gabriel. Man müsse das Thema in allen Gesellschaftsschichten ins Gespräch bringen.

Denn die erste Hürde auf dem Weg zum angestrebten Gesetzesentwurf sind 25000 Unterschriften. Die große Herausforderung dabei: Es dürfen nur Bürger ab 18 Jahren unterschreiben. Doch Gabriel wie auch Edenharter sind zuversichtlich und optimistisch. Mitte Juli ist es Zeit für den ersten Zwischenstand.