Ex-Panther beendet Eishockey-Laufbahn
Verteidiger Benedikt Kohl spricht im Interview über seine Karriere und die Zukunftspläne

22.04.2024 | Stand 23.04.2024, 12:39 Uhr
Martin Wimösterer

Mehr als 800 Spiele absolvierte Ex-Panther Benedikt Kohl in der DEL. Nach seinem Karriereende möchte der Verteidiger nun seine Erfahrungen als Coach weitergeben. Foto: Traub

Mit Benedikt Kohl hat ein früherer Star des ERC Ingolstadt seine Karriere beendet. Von 2014 bis 2019 verteidigte der heute 36-Jährige für die Panther, trug zur Vizemeisterschaft 2015 bei. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der Ex-Nationalspieler über seine Laufbahn, die Gesundheit und seine Zukunftspläne.



Herr Kohl, für Sie steht gerade ein Umzug an. Können wir mit Blick auf Ihre Karriere davon ausgehen, dass Sie eigentlich nicht gerne umziehen?
Benedikt Kohl: Ich kann dankbar sein, dass ich auf meinen Stationen immer gewollt worden bin und nicht jedes Jahr gezwungen war, zu einem neuen Team zu gehen. Wenn ich einen Wechsel gemacht habe, dann war es für mich immer ein nächster Schritt. Nach meinen fünf Jahren in Ingolstadt war es das erste und einzige Mal, dass ich kein Angebot mehr bekommen habe. Zehn Jahre an zwei Standorten, davor sechs Jahre in Augsburg und Wolfsburg – ich bin wirklich dankbar dafür.

Jetzt ziehen Sie in die Heimat.
Kohl: Bei uns war es schon lange festgestanden, dass wir in die Heimat zurückgehen, nach Berchtesgaden. Mein Frau Lisa kommt ja auch von dort. Es muss aber immer auch alles funktionieren – dass man was hat, wo man wohnen und arbeiten kann. Ich habe mir schon in den vergangenen Jahren Gedanken dazu gemacht.

Ein Karriereende eines Sportlers ist immer eine Zäsur. Haben Sie Angst vor einem Loch?
Kohl: Überhaupt nicht. Der Plan ist, dass ich mir als Trainer eine Zukunft aufbaue. Den Trainerschein habe ich schon gemacht und ich habe eine Möglichkeit daheim. Jetzt bin ich 36 Jahre alt – ich habe bis zum Ende der Spielerkarriere ein gutes Niveau spielen können. Ich habe rund die Hälfte der Saisonspiele gemacht – das war im Hinblick darauf, dass ich aufhöre, für mich okay. Es hat Spaß gemacht, aber irgendwie war es ein Zeichen, dass es Zeit ist, aufzuhören. Vielleicht kommt noch der Moment, an dem ich mir wünschen würde, noch mal in der Kabine zu sitzen und aufs Eis zu gehen.

Haben Sie schon als Spieler wie ein Trainer gedacht und versucht, nachzuvollziehen, warum – sagen wir – Trainer Larry Huras auf die eine Art entscheidet und Coach Tom Pokel diese und jede Idee umsetzen will?
Kohl: Ich habe immer gefühlt gehabt, dass ich das ganz gut kann. Ich bin kein Schreihals gewesen, der immer seine Klappe offen hat, aber wenn es etwas zu sagen gab, habe ich das gemacht. Anfangs habe ich mich gegen die Idee, Trainer zu werden, gesträubt und überlegt, ob ich aus dem Eishockey-Geschäft heraus will.

Sie hatten ja auch studiert?
Kohl: Ich hatte ja mal ein Fernstudium angefangen und Module abgeschlossen, aber ich habe das Studium nicht fertiggemacht. Mein Vater hat einen Betrieb für Kältetechnik – wir haben geredet, ob das eine Möglichkeit ist. Ich bin ja auch ein begeisterter Handwerker. Ich hätte in der Kältetechnik aber bei Null anfangen müssen. Für den Trainerberuf habe ich 30 Jahre lang Erfahrungen gesammelt. Dass ich dann das weitergeben kann, ist toll.

Wie man Sie kennt, ging es weniger um den Glanz, der vom Trainerberuf ausgehen könnte.
Kohl: Wenn ich nach Glanz suchen würde, hätte ich in den Profibereich gehen müssen. Ich freue mich, dass ich nun Spieler ausbilden kann. Es geht weniger um mich. Auch als Spieler war mir am Wichtigsten, meinen Teil zum Mannschaftserfolg beizutragen.

ERC-Betreuer Igor Hasko sagte mal sinngemäß: Ein Musterprofi, dieser Kohl. Der hat seinen Spind immer sauber.
Kohl: (lacht) Ja, und die Tasche immer richtig gepackt. Mir war es wichtig, dass ich es den Mitspielern, Betreuern und weiteren Klubmitarbeitern immer möglichst einfach mache.

Wie schauen Sie auf Ihre fünf Jahre in Ingolstadt zurück?
Kohl: Es war für mich eine Phase, in der ich zum fertigen Spieler geworden bin. Ingolstadt ist ein ambitionierter Klub. Gleich am Anfang mit der Vizemeisterschaft nach der Meisterschaft haben wir ein sehr gutes Jahr gehabt, auch ich persönlich. In der Zeit hat sich bei mir auch privat einiges getan – Hochzeit, das erste Kind. Eine sehr positive Zeit. Sportlich hatte ich später den ersten Knick, was im Nachhinein eine lehrreiche Zeit war. Wir haben die Zeit in Ingolstadt jedenfalls voll genossen. Für mich war es damals der richtige Schritt, wie wohl jeder meiner Wechsel in der Karriere.

Sie haben 811 DEL-Spiele bestritten. In Ihrem letzten Spiel vor ein paar Tagen haben Sie mehr als drei Viertel der Zweikämpfe gewonnen – ein ausgezeichneter Wert. Ein Zeichen, dass Sie mit den Straubing Tigers gerne noch ein paar Spiele mehr gehabt hätten, im Finale der Deutschen Eishockey Liga.
Kohl: Es war ein guter Tag für mich. Mein Sohn hatte Geburtstag, da war ein Haufen Familie da. Ich hätte gern noch mal gespielt, aber das war dann trotzdem irgendwie ein schöner Abschluss für mich.

Worauf sind Sie mit Blick auf die Karriere besonders stolz?
Kohl: Eigentlich auf alles.

Nicht wenige Eishockeyspieler haben nach ihrer Karriere im Vollkontaktsport gesundheitliche Probleme, einige beziehen sogar wegen Verletzungsfolgen eine Rente.
Kohl: In dem Bereich kann ich happy sein. Bis auf die vier Zähne, die geflogen sind – aber die sind repariert und es sieht gut aus. (lacht) Um 2018 war es gesundheitlich schwierig. Für mich gab es damals ein Davor und ein Danach, ich habe in den letzten Jahren darauf achten müssen, dass mein Immunsystem funktioniert. Im Rückblick war es wahrscheinlich eine Mischung aus Epstein-Barr-Virus und die gleichzeitige physische und psychische Belastung, die du nun mal im Leistungssport hast. Ich habe einfach solange weiter gemacht, bis nichts mehr ging und mein Immunsystem am Boden war. Dann habe ich Wege finden müssen, wie ich mit der Situation klar kommen kann.

Insofern hat Ihre Karriere dann sechs Jahre länger gedauert als Sie vielleicht damals dachten.
Kohl: Ja, genau. Ich habe mir aber nie einen Zeitpunkt gesetzt, wie lange ich spielen will. Das war das Schöne: Ich konnte entscheiden, noch mal ein Jahr dranzuhängen und habe auch den Vertrag erhalten – wofür ich dankbar bin.

Gab es das eine Spiel in Ihrer Karriere, von dem Sie sagen würden: Das war mein bestes?
Kohl: Bei 800 Spielen ist es schwer zu sagen...


Zumal Sie ja auch noch 76 Länderspiel bestritten haben.

Kohl: Genau. (überlegt) Mein erstes Länderspiel 2010 beim Deutschland Cup – da war ich ganz schön „pumped“. Wir haben gegen Kanada gespielt, da habe ich ein super Spiel gemacht. Wegen solchen Gefühlen und Emotionen macht man das. Das treibt einen schon an! Aber es muss einem natürlich auch bewusst sein, dass solche „Hochs“ nicht in jedem Spiel kommen. Wenn du in die Berge gehst, ist es auch so – sonst würdest du dich nicht raufschinden. Gott sei Dank hat es das Gefühl einige Male gegeben.

Apropos Berge: Gibt es die sprichwörtliche Kameradschaft auch im Eishockey?
Kohl: Auf alle Fälle. Bei Jason (Dunham, Manager der Straubing Tigers; d. Red.) zum Beispiel geht es viel darum, die Spieler nach ihrem Charakter zu holen. Es geht nicht darum, dass jeder in der Mannschaft dann der Tollste und Netteste ist, aber dass es starke Charaktere gibt, die zusammenpassen. Über die Jahre haben sich Freundschaften entwickelt.

Trainerlegende Hans Zach lud nach dem Karriereende Eishockey-Kameraden zum Bergsteigen bei sich in Bad Tölz ein.
Kohl: (lacht) Ich habe vermutlich den Großteil meiner Mitspieler nach Berchtesgaden eingeladen. Über die Jahre waren auch schon einige in den Spielpausen dort. Und wenn ich nicht mehr spiele, wird mich sicher der eine oder andere besuchen kommen.

Was erwarten Sie von dem, was nun kommt?
Kohl: Wenn wir in den vergangenen Jahren in Berchtesgaden waren im Sommer, war immer das Urlaubsfeeling da. Jetzt sind wir fix da, es wird zum Alltag. Unsere Tochter ist sechs, sie wird bald eingeschult. Es ist ein ganz guter Zeitpunkt, heimzugehen. Oma und Opa warten schon auf die Kids.