Ingolstadt
Unterhaltsame historische Touren: Mit Professoren um die Häuser ziehen

Ingolstädter Gästeführer bilanzieren das Jahr 2022 und wecken Neugier auf 2023

07.11.2022 | Stand 22.09.2023, 3:42 Uhr

Drei Gelehrte, eine Haushälterin, eine fahrende Komödiantin und eine Köchin: Sie gingen heuer aus Anlass des Jubiläums „550 Jahre Universität in Ingolstadt“ auf Tour. Links Hans Ruschak als Freiherr von Ickstatt, neben ihm (v.l.) Ute Lottes, Helmuth Fertsch, Anita Ihle, Eckhard Quante und Delia Pietsch. „Die Resonanz war hervorragend“, erzählt Ruschak. Fotos: Schiberna / Verein der Stadtführer

Von Christian Silvester

Ingolstadt – Die Rollenverteilung ist klar: Die Herren spielen die Gelehrten. Und die Frauen geben das Gesinde. Geht nicht anders, da von der Geschichte so vorgegeben. Wenn die Ingolstädter Gästeführerinnen und Gästeführer zu Exkursionen in die Vergangenheit aufbrechen, gelangen sie in jene (gar nicht so lange zurückliegende) Zeit, in der Frauen nichts zu melden hatten, schon gar nicht an einer Hochschule. Nachzuempfinden auf der Erlebnisführung „Vive universitas“ aus Anlass des Jubiläums „550 Jahre Hohe Schule Ingolstadt“. Da traten drei gelehrte Herren auf – alle Professoren. Und drei Frauen: die Haushälterin von Philipp Apian, eine fahrende Komödiantin und die Köchin in einer Studentenküche. „Es gab damals eben noch keine Frau Professor“, sagt Andrea Schiberna, die Vorsitzende des Vereins der Stadtführer. Sie und ihr rund 30-köpfiges Team führen natürlich stets historisch korrekt durch die Jahrhunderte.

Die Führung „Vive universitas – lernen, leiden, leben!“ war ein besonderes Erlebnis in der nun zu Ende gehenden Saison der Gästeführerinnen und Gästeführer, erzählen Andrea Schiberna und Hans Ruschak, ein ebenso leidenschaftlicher Geschichte-Vermittler. Nach dem tristen Corona-Stillstand blicken beide auf ein erfreulich ereignisreiches Jahr zurück.

„Für Vive universitas haben wir großen Aufwand betrieben“, sagt Ruschak. Angefangen bei den historisch präzisen Gewändern: keine Faschingskittel, sondern theater- und filmtaugliche Kostüme, die viel Leihgebühr kosteten. „Wir haben gesagt: Das leisten wir uns jetzt mal in dieser Qualität. Die Resonanz war hervorragend.“

Ruschak spielte den Freiherrn Johann Adam von Ickstatt (1702 bis 1776), Direktor der Hohen Schule, Begründer des Realschulwesens und auch sonst ein Reformer von Rang. „Er hat die Bildung wahnsinnig vorangebracht!“ All das erfuhr man, wenn man mit den Professoren um die Häuser zog.

Die Führung zum Jubiläum „500 Jahre Liebfrauenmünster“ sei ebenfalls gut angekommen. Elf Darsteller bespielten in dem Gotteshaus zehn Stationen.

2022 begann beseelend: Zu den Führungen anlässlich des Weltgästeführertags im Februar kamen gut 200 Leute – neugierig auf unterhaltsame wie lehrreiche Heimatgeschichte. „Das war sensationell! Damit hätten wir nie gerechnet.“

In den Folgemonaten erreichten die Teilnehmerzahlen nicht immer das Niveau vor der Pandemie. Eine Ursache: „Es hat viel Bustouristik gefehlt.“ Die Unternehmen hätten wegen der Planungsunsicherheit weniger Fahrten ins Programm genommen. Im Juni, Juli und August beförderte das 9-Euro-Ticket dafür umso mehr Touristen nach Ingolstadt. „Das hat vieles ausgeglichen.“

Nächstes Jahr gehen die Professoren und die unakademischen Damen nicht mehr auf Tour. Doch Andrea Schiberna und ihr Team bereiten bereits neue, reizvolle Führungen vor. So viel verrät sie schon: Der Donau-Fachmann Dejan Džepina wird naturkundliche Touren anbieten. Und drei kostümierte Damen führen szenisch in das gruselige Sachgebiet „Verbrechen und Strafen im Mittelalter“ ein. Die Science-Touren werden fortgesetzt, allerdings mit einem neuen Namen, denn der englische habe „etwas abgehoben gewirkt“, sagt Andrea Schiberna. Fortan geht es unter dem Motto „Von Gauklern und Gelehrten – Spurensuche Universität“ – von der Hohen Schule über Stationen wie die Obere Apotheke bis zur Wissenschaftsgalerie an der Ludwigstraße. Studierende der THI unterstützen das Angebot. So schließt sich der Kreis von der alten zur gegenwärtigen Universitätsstadt Ingolstadt – seit dem 20. Jahrhundert nun auch mit Studentinnen, Doktorinnen und Professorinnen.

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FÜHRUNGEN IM NOVEMBER UND DEZEMBER
Auch im zu Ende gehenden Jahr haben die Gästeführerinnen und Gästeführer noch so einiges im Angebot, etwa den beliebten Ingolstädter Krippenweg. Hier die Termine:

12. November: „Vom Weltall in die Schanz – Ingolstädter Astronomiegeschichte“. Beginn 13.30 Uhr, Treffpunkt Tourist-Information am Rathausplatz, wo es die Karten gibt. 12. und 19. November, 3. und 17. Dezember: Nachtwächterführung Türmerey, Beginn 20 Uhr am Kreuztor.

13. November: Kreuztor-Führung, Beginn 14 Uhr. 19. November: Dachstuhl Hohe Schule, Beginn 14 Uhr, Treffpunkt vor der Hohen Schule.

4. und 18. Dezember: „Geschichte mit Genuss im Advent“, Beginn 11 Uhr an der Tourist-Information, wo es die Tickets gibt, Dauer zwei Stunden, auch für Vegetarier geeignet. 4., 11. und 18. Dezember: „Kumm, geh’ ma Kripperl schaugn“ auf dem Ingolstädter Krippenweg, Beginn 14 Uhr, Treffpunkt Tourist-Information.

Alle Termine, Ticketpreise, Adressen und weitere Informationen gibt es unter www. ingolstadt-tourismus.de auf der Seite der Ingolstädter Tourismusgesellschaft.

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