Ingolstadt
Treibende Beats beim Taktraum-Festival

31.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:27 Uhr

Endlich wieder Taktraum! Zuletzt wurde im Reduit Tilly 2019 gefeiert. Umso euphorischer genossen viele Besucherinnen und Besucher das Festival am Wochenende. Foto: Eberl

Sollte es das letzte Taktraum-Festival gewesen sein, würden das viele bedauern. Das altehrwürdige Reduit Tilly wurde wieder zur spektakulären Party-Festung. 7000 Besucherinnen und Besucher feierten am Freitag und Samstag nach langer Pause umso ausgelassener – und sehr friedlich.

Das bisschen Regen interessiert hier wirklich niemanden. 2019 ist es im Reduit Tilly das letzte Mal rund gegangen. Nach tristen und kulturell dürren Jahren bebt die Festung wieder. Soll es ruhig schütten – völlig egal. Tausende wiegen ihre Körper mit glücklichen Gesichtern in mitreißenden Rhythmen oder toben zu treibenden Beats – 120 Schläge in der Minute Minimum. Klangteppiche tönen wirr verwoben über das sehenswert dekorierte Partygelände – und alles ist in betörendes Licht getaucht. Willkommen zurück im Taktraum.

Regen kann am Freitag die Stimmung nicht trüben

Als das stete Getröpfel am Freitag gegen 21.30 Uhr stärker wird, geht im mächtigen, gut gefüllten Oval des Reduits kaum jemand in Deckung. Sonst würde man ja das Trio Blond verpassen! Nina, Lotta und Johann ziehen auf der Main Stage eine der besten und lustigsten Shows in der zehnjährigen Geschichte des Festivals ab. Die Schwestern versichern, in ihrer Heimatstadt Chemnitz Backwaren nonverbal, allein mit Moves im Laden zu ordern, die man dort schon kennt. Sie führen das vor. Dutzende tanzen die Figuren fröhlich nach.

Das letzte Taktraum-Festival?

Nur selten wirkt Ingolstadt richtig großstädtisch. So wie auf diesem Festival mit seiner Strahlkraft weit über die Region hinaus. Es geht zum sechsten Mal im Reduit Tilly über die Bühnen. Heuer zum letzten Mal? „Last Edition“ haben die Veranstalter auf Facebook gepostet. Wen man im Publikum auch fragt, jeder sagt: Es wäre ein großer Verlust. Alle wünschen sich viele Zugaben. „Das Klima hier ist großartig! Man kann sich unbeschwert wohlfühlen“, sagt Monika, die kunstvoll geschminkt umherflaniert. Sie lieben das Taktraum, erzählen Thomas (37), Eva (32) und Marcel (37) aus Ingolstadt. „Das Feeling ist einfach super! Man trifft viele Freunde.“ Zahlreiche Besucherinnen und auch einige Besucher erscheinen extravagant gekleidet, in alternativ-lässigem Festival-Schick.

Der niveauvolle, künstlerische Stil des Taktraums ist auch an den Ständen zu sehen. Kommerzramsch muss draußen bleiben. Katharina Hierl und Sarah Schlecht verkaufen handgefertigte, nützliche Waren aus Altmaterial: Brillenetuis etwa, Geldbeutel oder Handtaschen. Die Künstlerinnen beschäftigen sich auch gern mit Upcycling „Ein großer Teil stammt aus der Kunst und Kultur Bastei“, erzählt Katharina Hierl. Die Nachfrage sei erfreulich. So wie die Stimmung. „Die Leute feiern sehr ausgelassen. Sie haben wieder Lust drauf!“

Am Samstagabend werden hier auffällig viele Repräsentanten der Stadt gesehen, allen voran OB Christian Scharpf und Kulturreferent Gabriel Engert. Wollen sie die „Last Edition“ einer Ingolstädter Kultveranstaltung nicht verpassen? Oder gehen die Lichter nach Mitternacht doch nicht zum letzten Mal aus? Man wird es sehen.

Bilanz der Veranstalter

Ausverkauft. 7000 Besucherinnen und Besucher. Rekord. Und keine unangenehmen Vorfälle. „Alles lief reibungslos. Es war wirklich schön“, berichtete am Sonntag Chris Britt. Er veranstaltet das Festival (in einer GmbH) gemeinsam mit Phil Schmid und Diego Richter. „Das Taktraum schafft einfach eine Atmosphäre, die die Leute dazu bringt, friedlich zu bleiben. Wir hatten noch nie eine Schlägerei.“

Die Organisatoren haben viel Personal aufgeboten. Security war sehr präsent, freundlich, dezent – und stets wachsam. Dank gut besetzter Ausschankstände ging das Getränkeholen auch bei starkem Andrang relativ flott. „Die Narrwalla hat uns toll un-terstützt“, sagt Britt. „Ich möchte auch unseren Bar-Chefs herzlich danken!“

Und? War das jetzt das letzte Taktraum-Festival? Die Ankündigung „Last Edition“ sei „nicht in Stein gemeißelt“, so Britt. „Aber es steht in den Sternen, ob es weitergeht.“ Gründe dafür nennt er ganz unverblümt: Die Jahre in der Pandemie „waren schwierig, obwohl wir Überbrückungshilfen bekommen haben“. Das Taktraum sei „noch nie ein Event gewesen, das finanziell viel abgeworfen hat“. Man wollte die Ticketpreise stets moderat halten. „49 Euro für zwei Tage mit 35 international bekannten Künstlern – das ist richtig günstig!“ Aber in Verbindung mit der „Detailliebe“ bei Dekoration und Beleuchtung werde das Ganze für die Veranstalter teuer. Bei aufwendiger Vorbereitung: „Der Diego, der Phil und ich haben über 1000 Stunden Arbeit in dieses Festival gesteckt.“ Es nur „just for fun“ zu organisieren, könnten sie bald nicht mehr auf sich nehmen.

Und beim Aufwand sparen? Auf gar keinen Fall! „Das wäre nicht mehr un-ser Taktraum. Es war immer ein Herzensprojekt.“

Dass Christian Scharpf zu Gast war (der OB bekam eine Führung) hat das Team „sehr gefreut“.

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