Serie zu 20 Jahren FC Ingolstadt
Teil 18: Leiter des Sicherheitsdienstes im Audi-Sportpark über seinen Alltag

04.04.2024 | Stand 04.04.2024, 20:21 Uhr

Pyrotechnik im Gästeblock: Im Spiel gegen Dynamo Dresden hatte der Sicherheitsdienst Schwerstarbeit zu verrichten. Foto: Imago Images

Emrah Balantekin versteht sein Geschäft. Seit der Gründung des FC Ingolstadt ist er im Sicherheitsdienst für den Verein tätig, hat von der Bayernliga bis zur Bundesliga jedes Heimspiel miterlebt.



So schnell kann ihm ein Fan also nichts vormachen, wenn er beim Bodycheck, wie der 46-Jährige die Leibesvisitation im Fachjargon nennt, etwas ins Stadion schmuggeln will. „Wir sind immer um Deeskalierung bemüht und versuchen, erst gar keine Aggressivität aufkommen zu lassen, also reden wir viel mit den Fans“, erzählt Balantekin eine Anekdote aus seinem Arbeitsalltag. In diesem Fall aus der Partie gegen Dynamo Dresden am 4. Februar im Audi-Sportpark. Zu dieser Zeit waren noch Proteste gegen den geplanten Ligensponsor in der 1. und 2. Bundesliga üblich. „Einer aber wollte partout nicht mit uns reden, hat kein Wort gesagt, auf keine Frage geantwortet und immer den Kopf zur Seite gedreht. Da habe ich ihn aufgefordert den Mund aufzumachen. Zum Vorschein kamen dann drei Flumibälle“, sagt Balantekin und lacht.

Wenn einer den Mund zu voll nimmt

Ein Vorfall der harmloseren Art, der aber auch den Ideenreichtum der aktiven Fanszene veranschaulicht. Denn: Während andernorts als Zeichen des Protests überall Tennisbälle auf den Rasen geworfen wurden, nutzten die Dresdner Anhänger ausschließlich die viel kleineren Flumibälle. „Die Fans haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die wussten genau, dass unser Netz hinter dem Tor engmaschiger ist als in den anderen Stadien, da wären Tennisbälle nicht auf den Rasen geflogen“, erklärt Balantekin, dessen Team zwar gut 100 Bällepackungen bei den Körperkontrollen entdeckten, aber eben nicht alle.

Die Zeit der Ballwurfaktionen ist vorerst vorbei. Jetzt geht es wieder vorrangig darum, wesentlich heiklere Pyrotechnik oder andere verbotene Gegenstände aufzuspüren beziehungsweise Fluchtwege zu sichern und dergleichen. Im Heimspiel gegen Zweitliga-Absteiger Arminia Bielefeld am Freitagabend (19 Uhr/Magenta Sport) ist wieder erhöhte Aufmerksamkeit gefordert. Trotz des ungünstigen Termins haben sich rund 700 Gästefans angesagt.

Bis zu 240 Mitarbeiter sorgen für die Sicherheit

Für Balantekin und sein Team beginnt die Arbeit bereits rund sechs Stunden vor dem Anpfiff. Es gibt Straßensperren zu errichten, Parkplätze zu bewachen oder Eingänge für die Kamera- und Catering-Teams zu sichern. „Wenn das Stadion voll ist, haben wir 240 Mann im Einsatz“, sagt Balantekin. „Alle Mitarbeiter sind nach den Richtlinien des DFB und der DFL geschult. Dazu gehört der sachgemäße Umgang mit Feuerlöschern und Feuerwerkskörpern ebenso wie Erste-Hilfe-Maßnahmen“, erzählt Balantekin. Dienstkleidung, Funkgeräte und andere Ausrüstungsgegenstände sind im Audi-Sportpark eingelagert und werden jeweils vor dem Einsatz ausgehändigt.

Mit den Anfängen, an die sich der gebürtige Schanzer noch gut erinnern kann, hat dies nichts mehr zu tun. „Damals kannte ich fast jeden Fan persönlich“, erzählt Balantekin. Damals im MTV-Stadion wollten nur 500 Zuschauer im Schnitt den neuen Verein sehen. Er selbst war von Beginn an Fan. „Ich war mit einigen Spielern befreundet, zum Beispiel Karl Meier, Olaf Sand, Peter Zemljak oder den Krzyzanowski-Brüdern. So kam ich über den MTV zum FCI. Das ist mein Verein, für mich gibt es keinen anderen“, sagt Balantekin.

Über den ehemaligen Geschäftsführer Franz Spitzauer, kam es dann zum Auftrag für die Sicherheitsfirma, die den ehrenamtlichen Dienst ablöste. Balantekins zehn Jahre älterer Bruder Bahadir, der eins mit seinen Eltern aus Izmir nach Ingolstadt kam, hatte die Firma Obtego gegründet. Sie ist über den FCI hinaus im Werks-, Objekt-, Veranstaltungs- und auch Personenschutz tätig.

Trikots ehemaliger Schanzer Profis zieren das Büro

Wie sehr die beiden fußballbegeisterten Brüder am FCI hängen, zeigen auch etliche Trikots in ihrem Büro. Ramazan Özcan und Ersin Demir hängen gerahmt an der Wand, der Originalball aus dem Relegationshinspiel gegen den VfL Osnabrück ist in einem Regal ausgestellt. Dennis Eckert-Ayensa, der Schütze des 3:0-Endstands, hatte ihn dem Sicherheitsteam geschenkt. „Da sind schon einige Freundschaften entstanden“, sagt Emrah Balantekin und freut sich immer, wenn er ehemalige Aktive wie beispielsweise Marvin Matip, Stefan Leitl oder Andre Mijatovic wiedersieht.

Größter Wunsch ist der Aufstieg

Insofern fiebert Balantekin in jedem Spiel mit. „Ich wünsche es dem Verein von ganzem Herzen, dass er wieder in die 2. Bundesliga aufsteigt. Und dann müsste er da mal über einige Jahre hinweg konstant bleiben“, sagt Balantekin. Seinen Job nimmt er aber unabhängig von der Liga ernst. „Es gibt immer Fans, die sich nicht benehmen können. Das war auch in der Bundesliga so. Die Spiele gegen Frankfurt, Köln, Dortmund und Schalke habe ich jetzt nicht in so guter Erinnerung“, sagt Balantekin, dem immer unwohl ist, wenn eine der riesigen Blockfahnen die Anhänger bedecken: „Da fällt denen meistens irgendein Unfug ein.“ Über einen Kamm schert er die Fans aber keineswegs. „Es gibt auch sehr angenehme Fans. Die vom SSV Ulm zuletzt haben sich bei uns für den verständnisvollen Umgang sogar bedankt“, meint Balantekin, der auch bei der kleinen Schanzer Szene bewundert, wie viel Herzblut sie in ihre Choreografien steckt. Und wenn trotzdem mal einer den Mund zu voll nimmt, weiß Emrah Balantekin schon damit umzugehen.

DK