Kulturpolitik
Stadttheater soll Staatstheater werden: Initiative von Ingolstädter SPD-Kommunalpolitikern

05.03.2024 | Stand 08.03.2024, 15:39 Uhr

Treppen, Balkone, glitzernde Leuchter: Die repräsentative Ausstrahlung des Ingolstädter Theatergebäudes von Architekten Hardt-Waltherr Hämer passt auch zu einem Staatstheater. Foto: Johannes Hauser

Im Ratschhaus, Ingolstadts kreativer Keimzelle und Ort für zwanglosen Austausch, ist schon so manche unkonventionelle Idee ausgeheckt worden. Doch diesmal ist alles eine Nummer größer: Der ehemalige Landtagsabgeordnete Gerhard Hartmann aus Würzburg hat sich dort Anfang des Jahres mit den zwei SPD-Stadträten Veronika Peters und Quirin Witty getroffen, die bekanntlich an Kunst und Kultur interessiert sind. Und er hat ihnen einen Gedanken präsentiert: Warum nicht auch aus dem Stadttheater Ingolstadt ein Staatstheater machen – so wie in Würzburg?

Hartmann musste die Kommunalpolitiker nicht groß überzeugen, denn der Gedanke ist mehr als reizvoll und kommt zur rechten Zeit. Denn mit dem neuen Intendanten und der Generalsanierung steht das Stadttheater ohnehin vor einem massiven Umbruch, der aus Sicht vieler Kunstschaffenden und Kunstinteressierten neue Möglichkeiten eröffnet.

Als Staatstheater bekäme das Stadttheater endlich den Stellenwert, den es längst verdient hat: Keine Kulturinstitution ist bei den Ingolstädtern so beliebt und anerkannt. Zudem kommen Theaterfreunde von weit her, um außergewöhnliche Inszenierungen zu sehen wie etwa die „Nashörner“ in der Regie von Claus Peymann. Der Ruf der Bühne strahlt weit über die Stadt hinaus.

Staatstheater für die fünftgrößte bayerische Stadt

„Nicht nur aufgrund des personellen Wechsels in der Theaterleitung, sondern vor allem auch aufgrund der anstehenden Generalsanierung des Stadttheaters liegt es auf der Hand, sich auch konzeptionell mit der Ausrichtung des Stadttheaters Ingolstadt zu befassen“, so Gerhard Hartmann, der seit knapp zwei Jahren in Ingolstadt lebt.

Herzstück dieser Konzeption soll nach Ansicht des ehemaligen Landtagsabgeordneten Hartmann ein Theaterentwicklungsplan sein, der infrastrukturelle Aspekte beleuchten soll, genauso aber auch künstlerische Entwicklungsmöglichkeiten unter Einbeziehung aller relevanten Kulturträger der Stadt. Mit einer Einwohnerzahl von vermutlich 160000 wird Ingolstadt in 20 Jahren in etwa dreimal so groß sein wie in den Jahren, als das Stadttheater geplant wurde. Alleine diese Entwicklung macht den Stellenwert der Stadt Ingolstadt als Regionalzentrum und fünftgrößte bayerische Stadt deutlich.

Entsprechend strahlt das Stadttheater auch überregional. „Die Rolle, die das Stadttheater Ingolstadt bereits jetzt einnimmt, muss sich perspektivisch auch im Status widerspiegeln“, erklärt Veronika Peters.

Quirin Witty ergänzt: „Dies muss zwangsläufig auf ein stärkeres Engagement des Freistaats hinauslaufen, nachdem es Staatstheater in München, Nürnberg und Augsburg gibt sowie bald auch in Regensburg. Wir erwarten dadurch zum einen eine noch größere Strahlkraft des Theaters in die Region, aber auch eine finanzielle Entlastung der Stadt Ingolstadt bei den Betriebskosten.“

Der nächste Schritt ist nun, die Initiative zusammen mit der Stadtspitze und mit weiteren Akteuren auf städtischer und staatlicher Ebene zu konkretisieren. Bereits im Jahr 2000 hat Gerhard Hartmann über eine schriftliche Anfrage an die Staatsregierung die eklatante Diskrepanz bei der Förderung des Freistaates zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Theatern nachgewiesen: Während die fünf staatlichen Bühnen in München damals mehr als 200 Millionen Mark aus der Staatskasse erhielten, betrug der Zuschuss für die 42 nichtstaatlichen Theater landesweit lediglich ca. 60 Millionen Mark. Das ehemalige Stadttheater ist seit der Spielzeit 2022/23 als staatliches Mainfranken Theater Würzburg bekannt.

Das Ziel muss sein, so die drei SPD-Politiker: „Bis zum Ende seiner Generalsanierung soll das Stadttheater Ingolstadt mit Hilfe eines Stufenplanes in ein Staatstheater überführt werden. Wir wollen eine traditionsbewusste und zukunftsorientierte Kulturstätte mit einer künstlerischen Ausstrahlung in die gesamte Region weiterentwickeln, die einen attraktiven weichen Standortfaktor für die gesamte Wirtschaft darstellt und die Lebensqualität in der Region fördert!“

Intendant Knut Weber: Längst überfällige Anerkennung

Für den Intendanten Knut Weber kommt die Initiative hochwillkommen. „Die Idee eines Staatsschauspiels für Ingolstadt habe ich schon länger im Kopf, zumal es in Oberbayern außer in München weder ein Staatstheater noch ein Staatsschauspiel gibt. Künstlerisch bewegt sich Ingolstadt ohnehin auf Augenhöhe mit den benachbarten staatlichen Bühnen“, erläutert der Intendant gegenüber unserer Zeitung. „Insofern wäre der Status eines Staatsschauspiels eine längst überfällige Anerkennung, ohne damit die Arbeit der Stadttheater abwerten zu wollen. “ Kein Zweifel lässt Weber daran, dass die Nähe zur Stadtgesellschaft in jedem Fall für ihn zentral ist. Die künstlerische Arbeit für die Stadt gehöre für ihn „zur DNA unseres Theaters. Deshalb haben wir bei meinem Amtsantritt den Namen ,Theater Ingolstadt‘ rückbenannt in ,Stadttheater Ingolstadt‘.“

Im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst allerdings ist, wie man hört, ein weitere Staatstheater in Bayern kein Thema.

DK, jsr