stadtgeflüster
Als Journalist aus der Rolle fallen

04.12.2018 | Stand 02.12.2020, 15:06 Uhr

(tjs) Der Ingolstädter Stadtrat Manfred Schuhmann als roter Bruder Barnabas, die Eichstätter Landtags-Abgeordnete Tanja Schorer-Dremel als fleißige Strickerin oder der Köschinger Gemeinderat Dieter Betz als Kuchenbäcker: Im Zuge unserer Berichterstattung freuen wir Journalisten uns - insbesondere für die Bebilderung von Porträts - stets über Fotos der jeweils behandelten Person in außergewöhnlicher Pose.

Sind die Politiker sonst natürlich immer höchst professionell unterwegs, zeigen diese Bilder sie auch einmal ganz privat oder von ihrer humorvollen Seite.

Ab und an müssen aber auch wir Schreiberlinge selbst - manchmal gewollt, manchmal aus Höflichkeit, manchmal von Kollegen für lustige Fotos, die hier unter Verschluss bleiben, gezwungen - in andere Rollen schlüpfen. Im Zuge des DK-Ferienjobs zum Stopfen des jährlichen Sommerlochs können wir uns meistens ja noch aussuchen, ob wir Marktschreier, Traktorfahrer oder doch lieber Naturalist sein wollen. Bei manchen Terminen aber kommen wir nicht drum herum, die in unserem Job viel gefragte Spontaneität zu beweisen. Komischerweise wurden wir noch nie darum gebeten, im OP-Saal das Messer zu übernehmen oder die Haushaltsrechnung in einer Gemeinderatssitzung zu präsentieren. Nein, meist handelt es sich doch um eher kreative Aufgaben.

So durften wir bei den Lentinger Highway-Liners schon unseren ersten Line Dance tanzen, beim Familientag des MTV Ingolstadt im Sackhüpfen gegen Vierjährige antreten - und verlieren - oder beim Circus Crocofant im Todesrad unser Leben aufs Spiel setzen. Der Gaimersheimer Chor Viva la Musica fragt regelmäßig an, ob wir nicht die Altstimmen unterstützen wollen, und auch die Eitensheimer Fußballerinnen haben noch Not an der Frau. Erst am Montag wieder wurden wir außerdem eingeladen, der Theatergruppe der Köschinger Kolpingfamilie beizutreten. Wir durften sogar gleich testen, wie es ist, im grellen Bühnenlicht zu stehen, und auch das Vorsprechen auf Bairisch hat ganz gut geklappt.

Wir fühlen uns angesichts all dieser Angebote wirklich geschmeichelt (und das ist trotz des satirischen Charakters des Stadtgeflüsters wirklich ernst gemeint). Schweren Herzens müssen wir aber absagen. Schließlich haben wir schon einen Vollzeitjob. Wer soll denn sonst über all die tollen Aktionen der so engagierten Menschen in der Stadt und den Landkreisen berichten?