Nach tödlichen Schüssen
SEK erschießt nackten Mann in Ingolstadt: Das sind die Ermittlungsergebnisse

07.05.2024 | Stand 08.05.2024, 15:02 Uhr

Auf und um diese Unterführung haben sich die Szenen, die den Mann am Ende das Leben kosteten, abgespielt. Foto: Eberl (Archiv)

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt wird kein weiteres Ermittlungsverfahren gegen die Polizeibeamten einleiten, die im Juni des vergangenen Jahres einen 35 Jahre alten Mann zwischen Mailing und dem Outletcenter Ingolstadt Village erschossen haben.



Das teilt die Behörde am Dienstagnachmittag in einer Pressemitteilung mit. Die Polizisten hätten in Notwehr beziehungsweise Nothilfe gehandelt, heißt es weiter.

Der DONAUKURIER hatte sich bereits Ende Oktober 2023 nach mehrfacher Berichterstattung immer wieder nach den aktuellen Ermittlungsständen erkundigt. Doch die Behörde musste Auskünfte mehrere Male verschieben. Nun also steht das Ergebnis der Untersuchungen fest. Auf knapp drei Seiten erläutert die Staatsanwaltschaft die Entscheidung, nicht weiter zu ermitteln.

Mann in Ingolstadt erschossen: „Keine rechtswidrigen Taten begangen“



Die Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK), das aus München hinzugezogen wurde, hätten „keine rechtswidrigen, also strafrechtlich verfolgbaren, Taten begangen“, heißt es in dem Bericht. Ihr Verhalten sei gerechtfertigt gewesen.

Erstmals berichten die Ermittler auch, wie viele Schüsse abgefeuert worden sind. Laut Bericht traf eines der Projektile den Mann, der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hatte, in den Bauch, ein anderes in die Brust. Der Treffer im Brustbereich sei tödlich gewesen.

Zielen auf andere Körperteile keine Alternative



„Auch ein Zielen auf andere Körperregionen hätte in der konkreten Situation keine ausreichend sichere Alternative dargestellt.“ Der Getötete soll laut chemisch-toxikologischer Untersuchung „massiv unter dem Einfluss von Amphetaminen“ gestanden haben.

Sein Verhalten könne darauf zurückgeführt werden. Denn keine Ansprache, auch nicht die einer Dolmetscherin, habe zum Erfolg geführt.

Auch die Versuche, den 35-jährigen Tschechen zu überwältigen und festzunehmen, seien fehlgeschlagen. Die Beamten setzten unter anderem Pfefferspray, Schlagstöcke gegen die Beine des „muskulösen“ Mannes und Warnschüsse ein – nichts davon habe Wirkung gezeigt.

Die Schüsse, für die Polizei das letzte einzusetzende Mittel, wie ein Sprecher des Präsidiums Oberbayern Nord gegenüber dem DONAUKURIER im vergangenen Jahr betonte, seien dann in unmittelbarer Nähe und somit gefährlicher Situation gefallen.

Ast hätte Beamte schwer verletzen können



Denn der 35-Jährige hatte sich mit einem fünf Kilogramm schweren Ast bewaffnet und bereits mehrfach nach den Polizisten geschlagen. Zumindest diese dadurch gefährdeten Beamten hätten keinerlei Schutzausrüstung wie zum Beispiel Helme getragen.

„Durch das traumato-mechanische Gutachten wurde festgestellt, dass der verwendete Ast erhebliche Verletzungen wie Brüche oder Rupturen innerer Organe und eine Schädelfraktur hervorrufen hätte können.“

Der nackte, „durchtrainierte, kräftige und großgewachsene“ (1,74 Meter) Mann gelangte zuletzt dann in sogenannte Schlagreichweite. Der Getötete sei als Montagearbeiter tätig gewesen und laut Bericht an diesem Tag auf einem Betriebsgelände im Gleisbereich verwirrt umhergelaufen.

Die Staatsanwaltschaft ist dazu verpflichtet, bei tödlichen Schüssen durch Polizisten ein Vorermittlungsverfahren einzuleiten.

DK/mih