Reise durch das Land der Mitte
Sonderausstellung mit Kalligraphie und Tuschmalerei von Monika Hoffer im Stadtmuseum Ingolstadt

12.07.2023 | Stand 14.09.2023, 21:26 Uhr

Anfang und Ende der Sonderausstellung: Mit einem Gedicht auf großen Papierrollen beginnt die Reise durch China (Hintergrund) und endet mit einem Bild mit Kormoranen und einer Glückwunsch-Kalligrafie für ein langes Leben. Foto: Fröhlich

Die Arbeiten von Monika Hoffer „sind ein bereichernder konstruktiver Beitrag zum interkulturellen Dialog“, lobte Michael Leibold, Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Kulturgeschichte Ostasiens der Universität Würzburg, die Sonderausstellung „Akkommodation – Unter der Gunst des Himmels“ im Stadtmuseum Ingolstadt.

Der promovierte Sinologe hielt den einführenden Vortrag am Sonntag im Beisein von stellvertretendem Generalkonsul Kai Lin und Konsul Guo der Volksrepublik China und Gästen. Zu sehen sind mehr als 50 eigene Werke chinesischer Kalligraphie und Tuschmalerei, dazu Mal- und Schreibutensilien, die Monika Hoffer von ihren China-Reisen mitgebracht hat. Dazu sind Erstausgaben der Übersetzungen des deutschen evangelischen Theologen Richard Wilhelm (1873–1930) zu sehen, der als einer der Gründer der deutschen Sinologie gilt, sowie ein Video. Die Ausstellung dauert bis 9. September.

Klare Gliederung der Schau in sechs Räume

Hoffer hat ihre Schau selbst kuratiert und führt klar gegliedert durch die sechs Räume , erklärt Anfänge, Grundlagen und Variationen der Kalligraphie und Tuschmalerei sowie die Bedeutung der Siegel. Sie weitet den Blick auf die Seideproduktion (Hoffer füttert Seidenraupen und gestaltet Kunstwerke aus Kokons und Maulbeerzweigen). Elegant kritisch widmet sie Tibet einen eigenen Raum. Angeordnet hat sie alles so, dass die Kunstwerke auf eine Reise durch China mitnehmen, das sich in den Motiven Berge und Wasser, im Bambus, Lotos, in Vögeln und in der Strauch-Päonie widerspiegelt. Die Verbindung von Kunst – Kalligraphie und Tuschmalerei gelten als höchste Künste – und kritischer Kontextualisierung stellte Michael Leibold heraus, der über die Bedeutung von Akkommodation und Adaption im kulturellen Austausch und den Wandel des Dialogs zwischen Europa und China referierte.

Verbindung zur Stadtgeschichte Ingolstadt

Der Titel der Schau knüpft an Ingolstadt an. Für den Jesuitenorden bildeten die Universität und das Kolleg die Basis der Missionierung, wie Museumsleiterin Beatrix Schönewald erläuterte. Respekt vor den Menschen, ihrer Kultur, Sitten, Sprache und ihren Denkweisen waren die Grundlage der jesuitischen Vorgehensweise bei der Missionierung in China. Akkommodation und Adaption trugen dazu bei, dass der Jesuit Matteo Ricci (1552–1610) beim Schreiben seines Katechismus den chinesischen Glaubensvorstellungen vom „Himmelsherrscher“ Rechnung trug. Die Ausstellung „Der Jesuitenfriedhof zu Peking“ (2016) im Bayerischen Armeemuseum Ingolstadt gab übrigens den Impuls zur Kontaktaufnahme Hoffers mit Schönewald.

Von Strichfolge, Tuschmalerei und den „Vier Schätzen“ der Künstler



Die Schau erklärt zunächst die Strichfolge der mehr als 3000 Jahre alten Schrift, es folgen die Maltechniken, die Xieyi-Tuschmalerei der Literatenmaler und die feine farbige Detailmalerei Gongbi. In Vitrinen sind die „Vier Schätze“ des Kalligraphen und Malers zu sehen: Pinsel, Tusche, Reibestein und Papier. Und dazu die Siegel, die nicht nur den Autor eines Kunstwerkes ausweisen, sondern auch die Malerei mit einer poetischen Bedeutung aufladen. Hoffer arbeitet in allen Formaten wie der Quer- und Längsrolle mit handgeschöpften Papieren – aus Reis, Baumwolle, Bambus. Sie hält sich an die klassische Pinselführung: So wird die Distanz zwischen Betrachter und Landschaft aufgehoben durch den wandernden Gesichtspunkt. Menschen, Felsen, Schluchten, Gipfel, Wasserfälle, Dschunken und Vögel werden nach dem Prinzip der „Zehntausend Dinge“ des Dao verteilt. Das meint die kontinuierliche Wandlung, die in der chinesischer Vorstellung alles hervorbringt, das Sein verändert, bis es wieder im Dao verschwindet.

„Tiefe Ausdrucksform des Herzens“

Im Video ist Hoffer in ihrer Künstlerinnenwerkstatt in Aalen zu sehen. Seit 1982 ist sie künstlerisch tätig, seit 1993 widmet sie sich ausschließlich der chinesischen Philosophie, der Kalligraphie und Tuschmalerei. Hier habe sie „eine tiefe Ausdrucksform des Herzens und des Verstandes“ gefunden, erklärte sie beim Rundgang auch den Vertretern des Konsulates der Volksrepublik China in München. 2012 stellte sie gemeinsam mit chinesischen Künstlerinnen in Qinhuangdao (Provinz Hebei) aus. Weitere Ausstellungen in ihrer Heimatregion folgten. Dort gibt sie auch Unterricht in den von ihr betriebenen Künsten.

Die Vernissage rundeten Alexander Suleiman (Piano) und Kozue Sato (Querflöte) ab, die das traditionelle „Lied vom Bootsmann“ und eines der ersten Kunstlieder Chinas, „Drei Wünsche einer Rose“ (1932) interpretierten.

Die Sonderausstellung im Stadtmuseum Ingolstadt, Auf der Schanz 45, ist geöffnet Dienstag bis Freitag 9 bis 17 Uhr, Samstag, Sonn- und Feiertage 10 bis 17 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.