Ingolstadt
Projekt „Internationale Hip-Hop-Woche“

Junge Flüchtlinge knüpfen Kontakte und entdecken ihre Talente

13.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:45 Uhr

Strahlende Gesichter: Die Teilnehmer zeigen stolz ihre selbstgestalteten Graffiti-Bilder.

Die Corona-Zeit hat bei vielen jungen Menschen zu sozialer Isolation geführt. Besonders betroffen waren während der vergangenen Jahre die Bewohner des sogenannten Anker-Zentrums in Ingolstadt. Strikte Corona-Regeln verhinderten zeitweise jeglichen Kontakt nach Draußen. Die Folgen: Vereinsamung, psychische Probleme und zunehmende Konflikte untereinander.

Um die jungen Flüchtlinge aus ihren Rückzugsräumen zu locken, sie zur Aktivität zu motivieren und wieder Anlässe für Begegnungen zu schaffen, hat das Caritas-Zentrum Pfaffenhofen gemeinsam mit dem Bezirksjugendring Oberbayern und dem Bildungsträger inlingua das Projekt „internationale Hip-Hop-Woche“ veranstaltet. Austragungsort des Projekts, das im Rahmen der Aktivierungskampagne der Staatsregierung entstand, war das Ingolstädter „Kulturzentrum neun“ am Hauptbahnhof. Der Teilnehmerkreis erstreckte sich auf Jugendliche ab 16 Jahren, die sowohl im Abschiebezentrum leben, als auch auf alle anderen Jugendlichen aus der Umgebung. „Wir haben ganz bewusst diesen Standort gewählt, weil er mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen ist“, erklärt Bernadette Graf von der Flüchtlings- und Integrationsberatung des Caritas-Zentrums Pfaffenhofen. „Die Idee dieses Projekts ist, auf Jugendliche zuzugehen, die längere Zeit vergessen wurden“, ergänzt ihr Kollege Achim Waseem Seger vom Bezirksjugendring Oberbayern.

Seger ist selbst in der Hip-Hop-Welt überregional bekannt und kann breite Erfahrungen im Bereich Hip-Hop vorweisen. Gemeinsam mit verschiedenen Workshop-Leitern hat er vergangene Woche sein Können an die Jugendlichen weitergegeben. Die Teilnehmer konnten aus verschiedenen Angeboten – wie etwa Graffiti, Rap oder Break-Dance wählen. Manche der Kursleiter bringen selbst Migrations-Erfahrungen mit: Der Rapper „Zartosht“ flüchtete aus Afghanistan und ist in der Rap-Szene inzwischen sehr erfolgreich. „Das sind natürlich tolle Vorbilder für unsere Jugendlichen“, meint Seger.

Seine Kollegin Bernadette Graf zeigt sich zufrieden mit der Resonanz auf das Projekt. Täglich hätten bis zu 20 Jugendliche teilgenommen, berichtet sie. „Es ist nur schade, dass sich leider keine Jugendlichen aus der normalen Bevölkerung angemeldet haben.“ ergänzt Christiane Alizadeh von inlingua. „Für die Integration wäre das sehr wertvoll gewesen.“ Trotzdem habe die Woche allen Beteiligten unheimlich viel Spaß gemacht, findet Achim Waseem Seger. „Tanz und Musik überwinden jede Sprachbarriere. Es war wie eine Woche Urlaub für die Jugendlichen.“

Dieser Meinung ist auch Madadi, der zurzeit im Anker-Zentrum lebt und täglich bei dem Projekt mitgemacht hat. „Mir hat die Woche sehr gut gefallen. Ich konnte hier neue Leute kennenlernen und für kurze Zeit die Sorgen des Alltags vergessen“, erzählt er. Jeder sollte die Möglichkeit haben, mal rauszukommen – das sei einfach ein menschliches Bedürfnis. „Außerdem kann man hier eigene Talente entdecken“, so Madadi weiter. „Ich bin sehr dankbar, dass es dieses Projekt gibt.“ Bernadette Graf und ihre Kollegen planen in jedem Fall eine Wiederholung, die Woche habe ihnen wertvolle Erfahrungen gebracht. „Das ist ein Lernprozess“, meint Graf und zeigt sich optimistisch: „Beim nächsten Mal erreichen wir sicher noch mehr Jugendliche.“