Ingolstadt
Name „Antonschule“ kommt nicht zurück: Stadtrat lehnt offizielle Umbenennung ab

28.02.2023 | Stand 17.09.2023, 1:51 Uhr

Gruppenbild mit Rektorin: Sigrid Schwarzer, Leiterin der Grundschule an der Münchener Straße, nahm bei der Einweihung des Neubaus im vergangenen Juli mit Gästen in einem Klassenzimmer Platz. Hinter ihr Hans Stachel (FW), der den Namen „Antonschule“ zurück will. Foto: Silvester (Archiv)

Bis in die 1970er-Jahre war in Ingolstadt die Welt aus vatikanischer Sicht noch in Ordnung: Die Volksschulen hießen nach der katholischen Pfarrei, neben der sie standen. Etwa die Konradschule an der Lessingstraße, die Josefschule an der Pestalozzistraße oder die Antonschule an der Münchener Straße. Dann aber setzten sich die Anhänger der Lehre Luthers auch in der Schullandschaft jener Stadt durch, die einst als feste Burg der Gegenreformation galt: Ingolstadt.



Weil hier nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr Kinder evangelischen Glaubens groß wurden, sah der Stadtrat in den 70ern ein, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, staatliche Schulen nach katholischen Pfarreien zu benennen. Fortan hießen sie konfessionell neutral nach der Straße, an der sie liegen. Das ist bei den meisten so geblieben. Einzig an der Münchener Straße, gegenüber von St. Anton, überdauerte im Volks- und vor allem im Kindermund der alte Name: Antonschule.

Initiative zur Umbenennung scheitert im Stadtrat

Die Freien Wähler wollen ihn zurück. Begründung: Der offizielle Name Grundschule an der Münchener Straße „gibt keine Eindeutigkeit“ und sei emotionslos, so Fraktionschef Hans Stachel. Ganz anders der gute, alte, identitätsstiftende Anton. Doch die Initiative scheiterte am Dienstag im Stadtrat. Nur die vier Freien Wähler und Ulrich Bannert (AfD) stimmten für die Umbenennung.

„Der heilige Anton tut keinem was“

Zuvor hatte Stachel ein leidenschaftliches Plädoyer für die Antonschule gehalten. „Alle sagen Antonschule.“ Der Förderverein nenne sich nach ihr. Der Titel des Schulliedes lautet „Anton – move it!“ Warum sollte man einen Namen pflegen, „der nicht in der Bevölkerung verankert ist?“, so Stachel. Im Übrigen lägen an der Münchener Straße zwei Grundschulen: Die besagte, Hausnummer 65, und die Grundschule Unsernherrn, Hausnummer 255. Das sei ungünstig. Wieso nicht zu dem zurückkehren, „was sich über all die Jahre erhalten hat?“

Mit Konfessionsgebundenheit habe das gar nichts zu tun, führte Stachel weiter aus. „Sie soll ja nicht St.-Anton-Schule heißen.“ Sicher stehe dahinter der heilige Anton, „aber der tut keinem was – nicht Katholiken, nicht Evangelischen und auch nicht Muslimen“.

Schulfamilie: Namen „Schule an der Münchner Straße“ behalten

CSU-Stadtrat Matthias Schickel, ehemaliges Mitglied des Pfarrgemeinderats von St. Anton und Autor der Chronik der Pfarrgemeinde, bleibt staatstragend-neutral. Er merkte an, dass die Leitung der Grundschule an der Münchner Straße die Umbenennung nicht wolle. „Wir dürfen an der Schulfamilie auf keinen Fall vorbeigehen. Deshalb sollten wir den Antrag der FW still beerdigen.“

Nicht zurück in die 50er-Jahre!

Manfred Schuhmann (SPD), geboren 1942, evangelisch, hat als Kind die Melanchthonschule besucht, die unter dem Dach der Antonschule angesiedelt war. Seinerzeit wurden katholische und evangelische Kinder in den Volksschulen streng getrennt unterrichtet. Das wird der Geschichtslehrer a. D. nie vergessen. An Stachel gerichtet postulierte Schuhmann daher: „Bitte nicht zurück in die 50er!“

Auch Christian Höbusch (Grüne) ist an der Münchener Straße zur Schule gegangen. Und zwar in die Grundschule an der Münchener Straße. Sein Appell: „Lassen wir es einfach dabei, bitte!“ Denn wenn man nur nach alten Namen gehe, „muss man das Schulzentrum Südwest in Ochsenschlacht umbenennen, weil da früher auf der Weide die Ochsen geschlachtet worden sind“.

Ulrich Bannert hielt energisch dagegen: „Viele kennen den heutigen Schulnamen gar nicht!“ Sondern nur den Anton.

Er wird also im Volksmund weiterleben. Und natürlich im Kindermund. So wie bisher.

Neue Realschule provisorisch in Gebäude am Brückenkopf

Dazu hatte Bildungsreferent Gabriel Engert im Stadtrat eine eher gute und eine schlechte Nachricht: In zwei Jahren, so die Prognose, haben die zwei staatlichen und die zwei privaten Realschulen ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Dann sind sie voll. Eine staatliche Realschule Nummer drei – zu bauen und zu unterhalten von der Stadt Ingolstadt – steht auf der Projektliste weit oben. Doch in zwei Jahren bekommt man einen Neubau nicht hochgezogen. Diese Zeiten sind vorbei. Deshalb soll die neue Realschule Engert zufolge in ein Gebäude „hineingegründet“ werden, das bereits steht. Sein Referat hat dafür das Domizil der Privaten Wirtschaftsschule am Brückenkopf im Visier.

Deren Träger baut, wie berichtet, an der Asamstraße eine neue Heimat. Der bestehende Bau gehört der Stadt. So müsse die Geschichte der neuen Realschule nicht in Containern beginnen. Sobald der Neubau für die Realschule fertig sei, ziehe sie aus dem Provisorium aus.

Bürokratie-Vorgaben von Bund, Land und EU verlangsamen Bau

Hoffentlich dauere das nicht wieder so lange, bemerkte OB Christian Scharpf unüberhörbar genervten Untertons. Die Kommunen seien beim Schulbau „stark an die Vorgaben von Bund, Land und EU gebunden – und dieses Ausmaß an Überregulierung droht uns zu ersticken“. Man benötige ein Wettbewerbsverfahren, das auszuschreiben ist, viele Gutachten und einen Bebauungsplan. Die Bürokratie „muss entschlackt werden“. Scharpf erinnerte an die Schule an der Herschelstraße. Die wurde 1971/1972 in nur elf Monaten erbaut. Das waren noch Zeiten.