Ingolstadt
„Mit Herz und Seele arbeiten“

Julia Mondini ist Tagesmutter in Ingolstadt – ein Job der fordert, aber auch Erfüllung gibt

13.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:23 Uhr

Tagesmutter Julia Mondini in Aktion – hier beim gemeinsamen Malen mit ihren Schützlingen und ihrem eigenen Sohn Leon. Foto: Privat

Von Ruth Stückle

Ingolstadt – „Wenn man mit Kindern arbeitet, muss man mit Herz und Seele arbeiten.“ Dass Julia Mondini diesen Satz nicht einfach so dahin sagt, sondern ihn förmlich lebt, merkt der Besucher bei ihr zu Hause sofort. Die 30-Jährige arbeitet als Tagesmutter für die Mobile Familie. Ihr Wohnhaus in Haunwöhr – ein Dreispänner – wirkt wie eine Mischung aus Kita, Schule und Spielplatz. Vor der Haustüre stehen zwei knallrote Bobby-Cars. Daneben ein Tretroller und diverses anderes Spielzeug. Im Wohnraum dominieren ein bunter Spielteppich und eine Turnmatte, daneben ein Verkehrsspielteppich, ein Kaufladen, ein Spielkuchen und weitere Spielsachen. Manchmal wird mitten im Raum ein Bällebad aufgebaut. Der Besucher sieht und hört sofort: Hier spielen Kinder. Sie fühlen sich wohl.

Julia Mondini ist eine von insgesamt zwölf Tagesmüttern in Ingolstadt, die in ihrem eigenen Zuhause bis zu fünf Kinder betreuen. Ein Job der fordert. Der aber auch viel Erfüllung gebe, wie sie sagt. Ursprünglich hatte sie eine Ausbildung als Medizinische Fachangestellte absolviert, ist zudem Übungsleiterin beim Kinderturnen. Ihre Schwiegermutter Angelika Mondini, die seit mehr als 30 Jahren als Tagesmutter arbeitet, hat sie ermutigt, einen entsprechenden Aufbaukurs zu machen, erzählt Mondini. Seit nunmehr sieben Jahren ist sie „Qualifizierte Tagespflegeperson“. Nach der Geburt ihres Sohnes Leon und ihrer Elternzeit hat sie im Oktober 2020 wieder angefangen zu arbeiten. Selbst ihre bunte Visitenkarte ist kindgerecht gestaltet: „Kindertagespflege DreiKäseHoch“ hat Mondini ihr Ein-Frau-Unternehmen genannt. Vermittelt wird sie über den Verein Mobile Familie. Bezahlt nach Stunden vom städtischen Amt für Kinderbetreuung und vorschulische Bildung. Als Stundenlohn bekommt sie von der Behörde 4,46 Euro pro Kind. Darin enthalten ist vom Essen für die Kinder bis zum Putzmittel alles.

Als der DK bei der Tagesmutter an der Tür klingelt, öffnet Leon, Mondinis zweieinhalbjähriger Sohn. Im Wohnraum stehen zwei nebeneinander gestellte Tische mit sechs Stühlen drumherum. Hier sitzen Palina, Theo, Ben, Valentin, Marlene und später Leon. Die Kinder blicken neugierig zu der Frau von der Presse, bevor die Knetmasse am Tisch dann doch wieder interessanter wird.

Die fünf Kinder, die Mondini betreut, verstehen sich mit ihrem Sohn Leon bestens. Auch er hat dadurch einen Benefit: regelmäßige Spielkameraden, und: „Er muss von Anfang an teilen lernen.“ Die Kinder haben hier in der Gruppe Spaß und ihre Freunde. „Ihre engsten Vertrauten“, wie Mondini sagt. Deshalb ist ihr wichtig, dass die Gruppe lange zusammenbleibt, bis die Kinder in den Kindergarten gehen. Der Beitrag, den die Eltern zahlen, ist genau so wie für eine Kita. Aber die Gruppe ist kleiner, die Betreuung daher individueller.

Morgens gegen 7.30 Uhr wird das erste Kind gebracht. Dann ist freies Spielen angesagt, bis gegen 8 Uhr alle Kinder da sind. Um 8.30 Uhr gibt’s Frühstück. Danach singen die Kleinen zwei Begrüßungslieder. „Dann gehen wir raus“, zumindest, wenn das Wetter mitmacht. Mit dem Krippenwagen fahren sie auf einen Spielplatz oder spielen im Garten. Wichtig seien „feste Strukturen und Rituale“. Am Montag etwa ist Spielzeugtag. Da bringt jedes Kind ein Spielzeug von zu Hause mit. „Die Kinder lernen dann, es zu teilen.“ Einmal im Monat ist ein Farbtag angesetzt. Beim grünen Farbtag beispielsweise trägt jedes Kind ein grünes Kleidungsstück, zum Frühstück und Mittagessen gibt’s was Grünes und außerdem steht ein grünes Farbprojekt an. Zwischen 15 und 16 Uhr werden die Kleinen abgeholt. Manchmal auch früher. Wie Marlene am Donnerstag. Da hat sie Tanzen.

In Ingolstadt ist die Mobile Familie die einzige Institution, die Tagesmütter vermittelt. In den Landkreisen sind es zum Teil andere, in Gaimersheim etwa der Verein Kinderwelt. Die Tagesmütter müssen regelmäßig Fortbildungen machen, außerdem Erste-Hilfe-Kurse. Dennoch kann diese Art der Betreuung auch Gefahren bergen. Laut Ramona Freitag, die bei der Mobilen Familie Ansprechpartnerin für Eltern und Tagesmütter ist, gibt es als Kontrolle unangemeldete und angemeldete Hausbesuche – von unabhängigen Mitarbeitern. Wenn es eine Beschwerde geben sollte, werde die Tagesmutter unangekündigt aufgesucht. Auch deren Partner werden kontrolliert, müssen regelmäßig ein Führungszeugnis vorlegen. Probleme gab es laut Freitag bei uns bislang nicht.

Aktionswoche zur Kindertagespflege

Diese Woche ist die bundesweite Aktionswoche zur Kindertagespflege. Es ist das fünfte Mal, dass der Bundesverband für Kindertagespflege damit eine Plattform schafft, auf der sich viele und unterschiedliche Aktivitäten zur Kindertagespflege in Deutschland öffentlich darstellen können.

Der Verein Mobile Familie wurde im Februar 1995 auf Initiative der Audi AG gegründet. Die Fachberatungsstelle für qualifizierte Kindertagespflege hat sich zu einem festen Bestandteil in der Kinderbetreuung in Ingolstadt sowie im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen entwickelt. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Kinderbetreuung und vorschulischer Bildung Ingolstadt sowie dem Kreisjugendamt Neuburg-Schrobenhausen, organisiert Mobile Familie die qualifizierte Kindertagespflege in beiden Regionen.

Der Anteil der Kinder, die über Tagesmütter betreut werden, ist im Vergleich zu denen, die Kitas besuchen, gering. Manche sehen es als „Notnagel“, wenn sie keinen Kita-Platz bekommen, bedauert Tagesmutter Julia Mondini. Vielen ist diese Betreuungsmöglichkeit aber auch nicht bekannt. Deshalb stellen wir anlässlich der Aktionswoche zur Kindertagespflege eine Tagesmutter in Ingolstadt beispielhaft vor.

DK