Jazztage Ingolstadt
Martin Krechlak-Quintett groovt an der Herschel-Schule

26.10.2023 | Stand 26.10.2023, 10:02 Uhr

Grooven im Klassenzimmer: Martin Krechlak am Saxophon, Joey Finger an der Trompete, Tom Jahn am Klavier und Malik Diao am Bass. Foto: Stork

Martin Krechlak schleppt schwer atmend eine scheppernde Kiste durch den Musiksaal der Sir-William-Herschel-Mittelschule. Es ist eine Jazz-Kiste. Und die ist so schwer, weil man damit so viel Verschiedenes anfangen kann.

Die 40. Ingolstädter Jazztage widmen sich auch in dieser Ausgabe dem Publikum von morgen. Das Martin Krechlak-Quintett bringt in einem Vermittlungsprojekt im Rahmen von Young Jazz Musik in die Schulen: „Clazzroom – Jazz im Klassenzimmer“.

Drei fünfte Klassen in der Herschelstraße erlebten am Dienstag eine etwas andere Musikstunde. Martin Krechlak und seine vier musikalischen Mitstreiter haben ihre große Jazz-Werkzeugkiste dabei und fragen zu Beginn: Was ist Jazz eigentlich? „Jazz ist Freiheit“, sagt Krechlak und zitiert damit den amerikanischen Jazzmusiker und Pianisten Thelonious Monk.

„Jazzmusik wurde von schwarzen Menschen erfunden und geprägt“, erzählt er. „Die schwarzen Sklaven haben auf den Baumwollfeldern gesungen, um sich die Arbeit zu erleichtern.“ Aus diesen Liedern sei dann der Blues entstanden. Jazz sei aber deswegen auch Freiheit, weil er verschiedenste Kulturen, Einflüsse und Menschen zusammenbringt, aber auch den Raum für Improvisation lasse.

Ein Notenblatt, sechs Minuten Musik

Aus einem simplen Notenblatt mit nur drei Notensystemen bringt Krechlak mit seiner Truppe rund sechs Minuten Musik. „Wir haben unser Gerüst und dann toben wir uns aus“, erklärt er das Improvisationsprinzip. Wenn Krechlak am Saxophon, Joey Finger an der Trompete, Simon Kerler am Schlagzeug, Malik Diao am Bass und Tom Jahn am Klavier losimprovisieren, können die rund 20 Fünftklässlerinnen und Fünftklässler kaum still sitzen bleiben.

Krechlak fordert die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler aber auch regelrecht ein. Bei der Eigenkomposition „Screws“ schnippen sie noch rhythmisch mit den Fingern, bei „Footprints“ von Wayne Shorter rasseln sie schon im Takt mit Perkussionsinstrumenten mit. Song für Song verwandelt sich das Klassenzimmer immer mehr in einen Jazzclub: Die Vorhänge werden zugezogen, gedimmtes Licht wirft Farbakzente auf die „Bühne“, Krechlak hängt die Jazzlegende Miles Davis auf einem Poster an die Wand, und Cocktailshaker und Wassergläser sorgen für Barhintergrundgeräusche.

Jazz bietet Identifikationspotenzial

„So klingt es im Jazzclub“, sagt er schließlich zufrieden. Der Saxophonist hat sichtlich Freude daran, den Kindern „seine“ Musikrichtung näher zu bringen. Aus seiner Feder stammt auch die Konzeption. „Jazz bietet Identifikationspotenzial“, sagt Martin Krechlak im Gespräch.

„Gerade für die Jugendlichen in der Mittelstufe, die gerade vielleicht in einer Findungsphase sind.“ Und er möchte den Jazz ein Stück weit aus der Nische herausholen, in der er sich immer noch befindet. Und so legen die Schülerinnen und Schüler auch ihre anfängliche Zurückhaltung nach und nach ab, singen und klatschen am Ende ausgelassen mit dem Quintett mit.

Martin Krechlak schließt den Kreis und fragt am Ende: „Was ist Jazz heute?“ Denn die Musikrichtung unterliege stetigem Wandel, entwickle sich immer weiter. „Hier in Deutschland zum Beispiel wird Jazz momentan öfter mit Techno verbunden.“ Als letzten Song spielen die fünf Musiker also „Song for Thomas“ von Pianist Tom Jahn, ein Gute-Laune-Mix aus Jazz und Techno-Beats, um eine Brücke zu moderner Musik zu schlagen. Aufgedreht drängt die 5a aus dem Raum und macht Platz für die dritte Fünfte und die nächste Musikstunde in Sachen Jazz.