Sanierung verzögert sich
Leerstand mit reicher Geschichte: Was wird aus dem einstigen DK-Verlagshaus?

09.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:15 Uhr

Ungewöhnlicher Redaktionsbesuch an der Donaustraße, hier in den 50er-Jahren. Lange Zeit transportierten Zirkusse ihre Elefanten mit dem Zug und führten sie dann vom Bahnhof durch die Stadt. Seit 2018 gilt für Zirkusse in Ingolstadt ein Wildtierverbot. Fotos: DK-Archiv

Die Moderne fing in der Donaustraße an, nahe beim Metzger Meixner. Das Haus mit der Nummer 11 grüßte in sachlich-eleganter, ja geradezu kühner Formensprache; zumindest für Ingolstädter Verhältnisse: die neue Verlagsresidenz des DONAUKURIER.



Der fünfgeschossige Gebäudekomplex mit der streng strukturierten fensterreichen Fassade schmiegt sich in einem sanften Bogen an den Verlauf der Donaustraße. Damals wegweisend. Ein Werk der Architekten Josef Elfinger und F. X. Proebst. Bei der Einweihung 1954 feierten der Hausherr, DK-Verleger Wilhelm Reissmüller, und seine Ehrengäste zugleich den Anbruch einer neuen Zeit.

Lange her. Bis 2008 residierte im Parterre die Ganghofersche Buchhandlung. 2016 kaufte ein Investor das Haus. Es steht seit Jahren leer. Die Stadt Ingolstadt hat angekündigt, die rund 3000 Quadratmeter zu mieten und nach der Sanierung zum Kulturrathaus aufzumöbeln. Mit einem Zentrum für Kreativwirtschaft hinter den Schaufenstern und Büros für das Kulturreferat der Stadt darüber.

Aufwendige Vorbereitungen für die Neubelebung

Doch das Vorhaben kommt noch nicht recht voran. Eigentlich sollte die Renaissance des Reissmüllerschen Renommierbaus Ende 2022 anbrechen, das hat OB Christian Scharpf 2021 gegenüber dem DK in Aussicht gestellt. Nach erneuter Anfrage ist jetzt abzusehen: Es dürfte noch eine ganze Weile dauern, bis im ehemaligen Verlagshaus (wo im vierten Stock 1987 Radio IN erstmals auf Sendung ging) neues Leben einkehrt.

Das Presseamt der Stadt teilt mit: „Zum 1. Januar 2023 wurde im Referat für Wirtschaft ein Mitarbeiter für den Aufgabenbereich ,Kultur- und Kreativwirtschaft’ eingestellt, der mit der Entwicklung des grundlegenden Betriebskonzeptes beschäftigt ist. Nach dem einstimmigen Grundsatzbeschluss im Stadtrat Ende 2021 konnte die Verwaltung mit den weiteren Vorbereitungen beginnen (z.B. Vorbereitung der Vereinbarung mit dem Gebäudeeigentümer, Planung zu Inhalt und Umfang nötiger Sanierung, Planung für Büroräume in den oberen Etagen, etc.). Diese Arbeiten sind vielschichtig und dauern derzeit noch an.
Sobald sie abgeschlossen sind, werden sie in eine Projektgenehmigung münden, mit der dann auch der weitere Zeitplan beschlossen werden soll.“

Erdgeschoss als Ort für Kreativität etabliert

Das alte DK-Verlagshaus ist im Zuge der Diskussionen über die Innenstadtbelebung erneut in den Fokus gerückt. Der Donaustraße gebricht es an Magneten; die Filiale der Metzgerei Walk im alten Meixner-Haus ist jetzt auch geschlossen worden. Ein dauerhafter Wirkungsort für Kunst- und Kreativwirtschaft täte der Anziehungskraft des Südportals zur Altstadt gut. Zumal der leere Laden im Parterre als Raum für Kreativität etabliert ist: Hier finden seit dem Auszug der Buchhandlung Architekturwerkschauen, Kunstausstellungen und andere Veranstaltungen statt.

Trotz des Sanierungsbedarfs ist die Attraktivität des für Ingolstadt architekturgeschichtlich bedeutenden Bürohauses unbestritten. An der Fassade prangt bis heute in großen Lettern „DONAU KURIER“ (zwei Wörter, die lange Zeit übliche Schreibung; seit 1992 lautet der Titel DONAUKURIER in einem Wort). Das Verlagshaus wurde bald zu klein. Im Laufe der 60er und 70er-Jahre zog der DK an die Stauffenbergstraße.

In den 50ern gab es beim DONAUKURIER auch ein Gasthaus



Bei der Eröffnung 1954 lockte die Zentrale der Heimatzeitung überdies mit einem gepflegten Gasthaus: der Kritschen-Stuben, unterteilt in die Imbissstube im Parterre und die Gutenberg-Stube im ersten Stock; ein passender Name für ein Haus, in dem auch gedruckt wurde. Die Wirtsleute Ernst und Gerda Foag schenkten Bier aus dem Bürgerlichen Brauhaus aus.

Mit den „Mitteln und in den Formen“ der Zeit gebaut



Kurz vor dem Umzug von Redaktion, Verwaltung und Druckerei aus den engen Räumen Am Stein 12 an die Donaustraße ließ sich der stolze Bauherr in seiner Zeitung interviewen. Frage an Verleger Reissmüller: „Das Haus sieht von außen modern aus. Wenn man so im Vorbeigehen durch die Glastüren schaut, sieht es auch innen sehr modern aus. Wie steht es nun mit diesem ,Luxus’?“ Antwort: „Wir haben mit den Mitteln und in den Formen unserer Zeit gebaut. Vielleicht für manche konventionellen Bürger unserer Stadt etwas zu unkonventionell. Gott sei Dank konnten wir so bauen!“ Dem damaligen Wirtschaftsminister Bayerns gefiel es auch, wie zu lesen ist. Hanns Seidel schrieb in seinem Grußwort: „Das neue Verlagsgebäude des DONAU KURIER gehört zu den repräsentativsten Bauten der Stadt Ingolstadt.“