Stadt für Kinder
Kindolstadt: Ferienprogramm des Stadtjugendrings am Ingolstädter Baggersee hat begonnen

30.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:11 Uhr

In der Kinderratssitzung wird beraten, wie unbeliebte Jobs aufgewertet werden können. Fotos: Eberl

In Ingolstadt wurde ein neuer Bürgermeister gewählt. Oskar möchte das verantwortungsvolle Amt übernehmen – nicht für ganz Ingolstadt – aber immerhin für die 215 Kinder, die im Rahmen des Ferienprogramms des Stadtjugendrings (SJR) den Dienstag in Kindolstadt verbringen.



In den kommenden zwei Wochen können die Kinder am Jugendzeltplatz am Baggersee ihre eigene Stadt bauen, mit Abläufen, die sie selbst beeinflussen. Erwachsene haben keinen Zutritt, das wird auch streng kontrolliert: Zwei Kinder der Stadtwache streifen über die Wiese und passen auf, dass in Kindolstadt alles mit rechten Dingen zugeht.

Gekommen, um zu arbeiten



Die Kinder kommen hier her, um zu arbeiten. Freiwillig, und das in den Ferien. Für jede Arbeitsstunde werden sie entlohnt. „Richtig viel Geld bekommen wir, sechs Schiller sind das“, sagt Leo und zeigt auf die Scheine, die er sich bereits verdient hat. Für die Kinder gibt es die verschiedensten Jobs: In der Gärtnerei, der Schmuckwerkstatt, Schreinerei oder beim Backen von Pfannkuchen in der Küche bis hin zu Jobs an der Bürgerinformation oder im Arbeitsamt. Eigentlich gibt es hier alles an Ämtern und Geschäften, die es auch in einer richtigen Stadt gibt. Auf spielerische Weise erfahren die Kinder die täglich ablaufenden Prozesse, die notwendig sind, um eine Stadt am Laufen zu halten.

Fachkräftemangel auch in Kindolstadt Thema



Für eine funktionierende und saubere Stadt ist auch ein Mülldienst notwendig: Eine Arbeit, die bei den Kindern nicht so gut ankommt, nur wenige melden sich zum Müllaufsammeln. Das Thema des Fachkräftemangels bei der Müllabfuhr ist deshalb auch Teil der jüngsten Kinderratssitzung. „Wir müssen schauen, dass unbeliebte Jobs besser bezahlt werden. Damit wir Leute finden, die das machen“, so die Meinung einiger Gremiumsmitglieder. Ein Schiller mehr pro Stunde für die Arbeit, die eigentlich keiner machen will, könnte eine Lösung sein. „Aber wir müssen dann auch auf die Inflation aufpassen“, lautet ein Einwurf. „Oder wir schenken den Kindern, die diese Arbeit machen, mehr Ansehen.“ Schnell entfacht eine leidenschaftliche Diskussion unter den Kindern.

Kinder organisieren sich selbst

Moderiert wird die Sitzung des Kinderrats von Mamsy Gross, die das Ferienprogramm Kindolstadt mit auf die Beine gestellt hat. Es sei verrückt, wie schnell sich die Kinder selbst organisiert haben und Lösungen für Probleme finden wollen, sagt sie. „Das Konzept ist aufgegangen.“ Die Stimmung bei Kindern und Betreuern sei gut. Und in den kommenden Tagen wird die Stadt sich stetig weiterentwickeln, ist sich Gross sicher.

Jeden Tag um 9 Uhr öffnet Kindolstadt die Pforten. Dann beginnt der Ansturm auf das Arbeitsamt. „Jobs bei der Stadtwache, der Getränkebar, der Bank oder der Polizei sind sehr begehrt“, sagt Gross. Hat dann jedes Kind einen Job, kehrt etwas Ruhe ein. In den kommenden Wochen hat die Kindolstadt täglich bis 16 Uhr für die Acht- bis Vierzehnjährigen geöffnet.

Lieber arbeiten, als in Ferien daheim zu sitzen

Der zwölfjährige Felix Jordan hatte Glück, er hat einen der begehrten Jobs bei der Bürgerinformation ergattert. „Es ist super hier. Das ist besser, als in den Ferien nur daheim zu sitzen und nichts zu machen.“ Der achtjährige Luis ist Polizist. „Ich laufe herum, bin auf Streife, und schaue, ob alles okay ist in der Stadt.“ Sein Ziel ist es, Meister zu werden. Das gelingt, wenn er zwölf Arbeitsstunden als Polizist gearbeitet hat – dann wird er befördert und es gibt eine kräftige Gehaltserhöhung von drei Schiller. Heute sei es ruhig in der Stadt, sagt Luis. „Es war jetzt noch kein Banküberfall oder so. Aber ich halte immer die Augen offen.“ Helfen konnte er trotzdem schon, ein Mädchen habe ein Büro gesucht und er konnte ihr den Weg zeigen: „Polizist zu sein, macht Spaß.“ Die neunjährige Sophia ergänzt, dass sie sich vorstellen könnte, gar nicht mehr in die Schule und dafür arbeiten zu gehen.

Erst die Arbeit und dann das Vergnügen



Was mit dem verdienten Geld gemacht wird, bleibt den Kindern selbst überlassen. Möglichkeiten zum Geldausgeben gibt es mehr als genug: Es können Holzarbeiten wie Insektenhotels, upgecycelte Dekoartikel oder allerlei Süßes gekauft werden. Der zehnjährige Mario will mit seinem Lohn die Teilnahmegebühr an einem Mario-Kart-Turnier bezahlen, das später am Nachmittag stattfindet. Das Geld dafür muss er sich aber noch verdienen, streng nach dem Motto – erst die Arbeit und dann das Vergnügen.