Grossprojekte
Theater und Tunnel

Kammerspiele funkeln am Horizont - und die CSU hat eine Vision

30.12.2018 | Stand 02.12.2020, 14:56 Uhr
Elegantes Vieleck an der Kreuzung Schlosslände/Schutterstraße: Mit diesem Entwurf für die Kammerspiele hat das Büro Blauraum den Architektenwettbewerb gewonnen. Ob er je Realität wird, steht dahin. −Foto: Foto: Büro Blauraum (Grafik)

Jetzt geht es dann aber wirklich los!

Also bald. Die seit der ersten Amtszeit von OB Alfred Lehmann (2002 bis 2008) vor sich hin mäandernden Planungen für die Generalsanierung des Stadttheaters werden konkreter. Im letzten Drittel der ersten Amtszeit von OB Christian Lösel vermag man nun ungefähr auf zehn Jahre genau zu sagen, wann die Sanierung startet: irgendwann in den 20ern.

Die Aufgabe ist gewaltig und wird richtig teuer. Eine zuverlässige Kostenberechnung gibt es noch nicht. 100 Millionen Euro plus X sind das Minimum. 80 Millionen Euro steuert der Freistaat bei (Markus Söder hat den Förderbescheid 2017 auf großer Bühne vorgetragen). Weil das 1966 eröffnete Bauwerk des Architekten Hardt-Waltherr Hämer während der mehrere Jahre dauernden Sanierung geschlossen werden muss, bedarf es einer Ersatzspielstätte, die nun unter dem etwas poetischeren Namen Kammerspiele firmiert. Ein Neubau bietet die Chance, zwei Probleme zu lösen: Die Kammerspiele sollen nach der Sanierung als neues Kleines Haus des Theaters dienen, denn das jetzige am Brückenkopf ist völlig heruntergekommen, mit erbärmlichen Sanitäranlagen (männliche Schauspieler ausgenommen: Die haben gar keine Toilette). Zudem könnte in dem Neubau endlich eine richtige Werkstatt entstehen, denn die in Hämers Theater ist beengt. Er war als reines Gastspielhaus konzipiert. Als der Stadtrat beschloss, dass sich Ingolstadt ein eigenes Ensemble leistet, hatten die Bauarbeiten schon begonnen.

Der Standort der Kammerspiele wandert in den Planungen um das Stammhaus herum, getrieben von Bedenken hier und Einwänden dort. Mal sollte es nordöstlich ans Theater anschließen, mal östlich, mal südlich - stets auf Kosten von Stellflächen. Doch hier scheint das für Ingolstadt eher ungewöhnliche Diktum von Stadtrat Gerd Werding zu gelten: "Alles ist besser als ein Parkplatz! "

Als das Preisgericht am 14. Dezember den Sieger des Architektenwettbewerbs kürt, sind indes keine Parkplätze in Gefahr. Das Hamburger Büro Blauraum will die Kammerspiele als Solitärbau zwischen die Tränktorstraße und die Schlosslände setzen; die Schutterstraße zwischen beiden Schauspielhäusern avanciert in dem Konzept zum verkehrsflussgedrosselten shared space. Die neue Werkstatt soll als Flachbau Hämers Theater fortsetzen. Im Stadtrat werden sogleich Bedenken wegen der Kosten laut. Er ist an das Votum des Preisgerichts nicht gebunden. Möglich, dass sich alles noch ein bisschen hinzieht.

Millionen IN den Untergrund
Was kann man gegen den täglichen Stau auf der Westlichen Ringstraße und auf der Glacisbrücke tun? Nachdem alle bisherigen Versuche, den Verkehr auf dieser Strecke zu beschleunigen, kaum etwas genutzt haben, präsentierte die CSU-Stadtratsfraktion Anfang November ihre eigene Zukunftsvision: Ein Tunnel soll die Lösung sein. Und zwar gleich ein richtig großer. Der Vorschlag: Eine Untertunnelung der gesamten Ringstraße von der Einmündung der Neuburger Straße bis hin zur Münchener Straße samt einer Unterquerung der Donau. Als Vorbild dafür werden die Tunnel unter dem Mittleren Ring in München genannt. Im Gegenzug soll die bisherige Trasse der Ringstraße begrünt werden, die dann überflüssige Lärmschutzwand verschwinden und das Glacis bis an die Anliegerstraße herangeführt werden.

Eine zunächst reizvolle Idee, beseitigt sie doch gleich mehrere strukturelle Defizite der Verkehrsführung auf einmal: Die Ende der 1990er Jahre zu schmal gebaute Ringstraße, samt der aus technischen Gründen nur schwer zu verbreiternden Glacisbrücke mitsamt der in einem starren Betontrog verlaufenden Straßentrasse durch den Luitpoldpark.

Doch die Kosten wären immens. Vorsichtig kalkuliert dürften sie für das rund 2,4 Kilometer lange Bauwerk, das wegen der Donauquerung tief in den Untergrund gegraben werden müsste, bei deutlich über 500 Millionen Euro liegen. Nicht geklärt ist auch, wo der Verkehr während der mehrjährigen Bauzeit für die Mammut-Röhre fließen soll.

Kein Wunder, dass die Idee nicht nur bei der Opposition im Stadtrat Kopfschütteln hervorruft. Auch die Freien Wähler äußern sich skeptisch, sie befürworten stattdessen seit Längerem einen Tunnel bei Gerolfing. Die Kritiker sprechen von massiver Geldverschwendung für ein einziges Großprojekt, während an anderen Stellen Verbesserungen im Straßennetz ausbleiben müssten. Sie wollen lieber den Öffentlichen Nahverkehr stärken und mehr Geld in Projekte zur Vermeidung von individuellem Autoverkehr stecken.

Die CSU-Fraktion will ihre Vision demnächst mit einem Prüfantrag in den Stadtrat einbringen.

sic/ada