Ingolstadt
Im Bus immer gut festhalten

Erst neulich wurde Insassin nach Bremsmanöver schwer verletzt – Aufstehen erst an der Haltestelle

13.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:17 Uhr

Im Bus müssen sich Fahrgäste festhalten oder am besten hinsetzen. Denn wenn der Fahrer mal stark bremsen muss, besteht sonst die Gefahr zu stürzen. Foto: Eberl

Früher ist Roland Kirchenbauer, Betriebsleiter der Stadtbus Ingolstadt GmbH, selber Bus gefahren. Das ist zwar schon rund 30 Jahre her, aber er kann sich noch sehr gut an den Vorfall erinnern, als er wegen einer älteren Radfahrerin, die plötzlich wenige Meter vor seinem Bus die Straße überquerte, eine Bremsung machen musste. „Da sind die Leute im Bus umgefallen“, sagt er. „Das sind Schockerlebnisse.“

Neulich, Anfang Juni, passierte es wieder: Weil ein Linienbusfahrer plötzlich stark bremsen musste, stürzte eine 63-jährige Insassin, verletzte sich schwer und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Der Unfall hatte sich ereignet, nachdem ein 58-jähriger Mann die Türe von seinem geparkten Auto geöffnet hatte, ohne nach hinten zu blicken. Der Busfahrer hatte die Gefahr erkannt und stark gebremst. „Das geschieht reflexartig, um einen Zusammenstoß zu vermeiden“, so Kirchenbauer.

Eine Situation, wie sie im Linienbusverkehr immer wieder vorkommen kann: „Darum ist es auch so wichtig, dass Fahrgäste sich im Bus einen Sitzplatz suchen und, falls sie stehen müssen, sich immer gut festhalten“, erklärt Roland Kirchenbauer. Und stehen sollte man stets in Fahrtrichtung.

Heuer im Stadtgebiet schon 14 Unfälle mit Linienbussen

Die Polizei hat für den DK die Zahl der Unfälle mit Linienbussen im Stadtgebiet ermittelt: 2019, vor Corona, passierten 23, davon 13 mit Personenschaden – darunter ein Schwerverletzter. 2020 passierten zehn Unfälle, fünf davon mit Personenschaden. 2021 sieben, davon drei mit Personenschaden. Heuer haben sich bisher schon 14 Unfälle ereignet, vier davon mit Personenschaden – eine deutliche Steigerung, die womöglich mit der Rückkehr zu mehr Normalität nach Corona zu tun hat. Zum Vergleich: Vor Corona beförderte die INVG täglich rund 57500 Fahrgäste, aktuell sind es wieder rund 46000 Fahrgäste – Tendenz steigend.

Der Betriebsleiter der Stadtbus, die in der Innenstadt fast den gesamten Busverkehr abwickelt, erklärt, gerade Fahrgäste, die am empfindlichsten seien, verhielten sich oft unvernünftig. Zum Beispiel beim Aussteigen: „Viele ältere Leute mit Rollator stehen auf und bewegen sich in Richtung Türe, obwohl der Bus noch nicht gehalten hat“, so Kirchenbauer. Das sei gefährlich, denn gerade kurz vor der Haltestelle passiere oft etwas: Wenn beispielsweise unvermittelt ein Kind vor den Bus läuft, muss der Fahrer abrupt bremsen. Eine gefährliche Situation für einen gebrechlichen Menschen. „Deshalb soll man sitzenbleiben, bis der Bus an der Haltestelle steht und die Tür aufgeht. Denn der letzte Ruck, bevor der Bus steht, ist ziemlich stark“, so Kirchenbauer. „Wenn die Tür automatisch wieder schließt, muss man nur erneut den Knopf drücken und gegebenenfalls laut rufen, dass man noch aussteigen will. Darauf achtet jeder Busfahrer.“

Um Gefahrensituationen geht es auch bei Trainingseinheiten, die Busfahrer regelmäßig absolvieren müssen. Alexander Kreipl vom ADAC Südbayern weiß um die Kräfte, die bei einer Vollbremsung wirken. Darum gebe es ja auch die Gurtpflicht in Pkw und Reisebussen, aber nicht in Linienbussen. Es geht um die Trägheitskraft: Ein Körper versucht, seinen ursprünglichen Bewegungszustand beizubehalten. Darum wird er beim Bremsen nach vorne geschleudert. „Bei einem Aufprall mit 50 Stundenkilometern entwickelt jeder Körper oder Gegenstand das 40 bis 50-fache seines Gewichts an Energie“, so Kreipl. „Das sind bei einer 70 Kilo schweren Person 2800 Kilogramm. Bei einer Vollbremsung ist es etwa das Zehnfache – also rund 700 Kilo Energie, die einen nach vorne schleudert. Ich kann mir schwer vorstellen, dass man sich da festhalten kann. Darum ist es nicht verwunderlich, wenn Verletzungen die Folge sein können.“

Die Gefahr sei sehr stark abhängig von Geschwindigkeit und Art der Bremsung, so Kreipl weiter. „Busfahrer fahren sehr vorausschauend, denn sie wissen genau, welche Folgen eine Vollbremsung haben kann. Daher kommen Vollbremsungen im Linienbusverkehr kaum vor. Busse sind sehr sichere Verkehrsmittel.“

Autotür immer mit holländischem Griff öffnen

Was den jüngsten Unfall betrifft, so hat Kreipl einen Rat an alle Auto- und Beifahrer: den holländischen Griff. „Man soll die Autotür immer mit der türfernen Hand öffnen, denn durch die Körperdrehung erkennt man im Augenwinkel, wenn sich von hinten etwas nähert“, erklärt der Mann vom ADAC. Ob das ein Bus ist oder ein Radfahrer, für den es sogar lebensgefährlich sein kann, „gedoort“ zu werden.

DK