Konzertvorschau
Geigerin Stella Chen beim Georgischen Kammerorchester Ingolstadt

15.04.2024 | Stand 15.04.2024, 19:00 Uhr
Marco Frei

Geigerin Stella Chen. Das Abonnementkonzert findet diesmal am Mittwoch statt. Foto: GKO

Ungarn, im Herbst 1956: Nach Wochen des Massenaufstands marschieren Sowjettruppen in das Land ein, um die Proteste blutig niederzuschlagen. Für den Komponisten György Ligeti ist dies das Signal, seine Heimat endgültig zu verlassen und in den Westen zu flüchten. Zuvor hatte er das „Concert Românesc“ vorgelegt, das beim 8. GKO-Abokonzert am jetzigen Mittwoch erklingt.

Mit dem Werk hat sich Ligeti beträchtlichen Ärger eingehandelt. Auf dem ersten Blick ist das erstaunlich, denn: Das Werk reflektiert die Folklore aus dem südlichen Mittelosteuorpa. Damit erfüllt es eigentlich eine zentrale Forderung im „Sozialistischen Realismus“, wonach Musik volkstümlich zu sein hat. Im Spätstalinismus darf aber ein Werk auch nicht zu modern klingen.

Das Werk ist das Ergebnis einer Forschungsreise nach Rumänien 1949/50. Die vier Sätze basieren auf Volksmelodien, wobei manche Harmonien der alten Bauernmusik nachempfunden sind. Es gibt sogar alphornähnliche Klänge, wie sie Ligeti erstmals als Dreijähriger in den Karpaten gehört hatte. Dissonante Reibungen, markante Polyrhythmik und jüdischer Gestus im Finalsatz: Das alles ist zu viel im antijüdischen, antimodernistischen Spätstalinismus. Nach einer Probe wurde das „Concert Românesc“ verboten und konnte im Ostblock erst Jahrzehnte später aufgeführt werden. Volkston und Folklore ist generell ein Thema beim 8. GKO-Abokonzert, so im Finalsatz aus der Sinfonie Nr. 3 von Franz Schubert von 1815. Hier jagt eine süditalienische Tarantella durch die Takte. Im Mittelteil des Menuetts tänzelt hingegen ein Ländler.

Einen beschwingten deutschen Volkstanz entwirft zudem Ludwig van Beethoven im Finale aus seinem berühmten Violinkonzert op. 61 von 1806/07. Für dieses Meisterwerk ist Stella Chen die perfekte Solistin. Die junge US-Amerikanerin gilt als „aufstrebender Stern am Himmel“: viel gelobt für ihren „warmen Klang“ und ihre „langen musikalischen Phrasen“. Unter GKO-Chefdirigent Ariel Zuckermann kann sie dieses Profi vortrefflich entfalten.

DK


Das Konzert am Mittwoch, 17. April, im Ingolstädter Festsaal beginnt um 20 Uhr, die „Rote Couch“ mit Solistin Stella Chen um 19.30 Uhr im Foyer. Infos und Karten unter Telefon (0841) 305 28 22.