Energiespar-Verordnung ausgelaufen
Es werde Licht: Ingolstädter Baudenkmäler werden abends wieder angestrahlt

26.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:04 Uhr

Aus und an: Jetzt erstrahlten abends auch die Scheinwerfer des Neuen Schlosses wieder. Fotos: Hammer

Die Zeit der krisenbedingten Verdunkelung ist zu Ende. In vielen Städten gehen mit Beginn der Dämmerung die Lichter wieder an – auch in Ingolstadt. Zahlreiche Baudenkmäler werden angestrahlt wie damals, als in der Ukraine noch Frieden herrschte und sich bei uns niemand um die Energiesicherheit sorgte.



Das landesweite Abschalten der Beleuchtung von markanten Gebäuden – zu einer Art nationalen Pflicht erklärt – diente allem voran der Symbolik: Die weithin sichtbare Maßnahme sollte für die Notwendigkeit des kollektiven Stromsparens sensibilisieren. Auch in Ingolstadt erloschen ab Sommer 2022 alle Scheinwerfer, die auf Baudenkmäler gerichtet sind.



Im Mai sollen sie wieder angehen. Bis 23 Uhr. Das teilte die Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mit. Nächtens illuminiert werden – wie vorher – folgende Gebäude: Alte Anatomie, Altes Rathaus, Herzogskasten, Hohe Schule, Kavalier Hepp, Kreuztor, Kriegerdenkmal Turm Tilly, Liebfrauenmünster, Neues Rathaus, Neues Schloss, Pfeifturm und Moritzkirche, Stadtmauer Oberer Graben, Spitalkirche und Turm Triva sowie einige Kirchen in Ortsteilen.

Ingolstadt: Neues Schloss erstrahlte wieder während des Bierfests

Anlässlich des Fests zum Reinen Bier am vergangenen Wochenende erstrahlten bereits die Türme des Neuen Schlosses wieder. Obwohl Eigentum des Freistaats, regelt dort die Stadt Ingolstadt die Beleuchtung. OB Christian Scharpf schreibt dazu: „Die Abschaltung der Beleuchtung war in den vergangenen Monaten wichtig, um die Notwendigkeit der Energieeinsparung offenkundig zu machen. Bevölkerung und Unternehmen haben sich in vielfacher Weise daran beteiligt – ein herzliches Dankeschön dafür. Inzwischen hat sich die Lage auf dem Energiemarkt wieder entspannt.“

Die bundesweite Energie-Einspar-Verordnung sei ausgelaufen. „Jetzt wollen wir das Licht wieder einschalten und kommen damit auch dem Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach, die sich die abendliche Beleuchtung historischer Gebäude und Kirchen gewünscht haben.“

Um 23 Uhr müssen die Lichter wieder ausgehen

Das Ende der Beleuchtung ab 23 Uhr fordern die Vorgaben des bayerischen Immissionsschutzgesetzes. Die Stadt sieht mit diesem Zeitraum „den Belangen des Insektenschutzes und der Vermeidung von Lichtverschmutzung Rechnung getragen“, sagt Michael Klarner, der Leiter des Presseamts.

Damit wird dem Wunsch der Stadtheimatpfleger nicht entsprochen. Tobias Schönauer und Matthias Schickel hatten bereits im April 2022 angeregt, die Baudenkmäler nur bis 22 Uhr anzustrahlen. Die Historiker argumentierten mit dem Energiesparpotenzial, der Kostenreduktion, dem Beitrag gegen die Lichtverschmutzung und dem Insektenschutz. Sie begründeten ihre Initiative also nicht ausdrücklich mit dem Krieg in der Ukraine, die im Februar 2022 angegriffen wurde. Schönauer und Schickel schrieben damals: „Natürlich liegen uns die herausragenden Baudenkmäler Ingolstadts wie das Neue Schloss, das Münster oder die Festungsbauwerke Klenzes sehr am Herzen. Und selbstverständlich wollen wir, dass sie im buchstäblich hellsten Licht erstrahlen, aber wir sehen auch, wie viel unnötige Energie mit der umfassenden Beleuchtung dieser Gebäude bis weit in die Nacht hinein verbraucht wird.“

Stadtheimatpfleger findet abendliche Beleuchtung unpassend

Nachdem Tobias Schönauer diese Woche von der Entscheidung der Stadt erfahren hatte, die Lichter wieder einzuschalten, sagte er auf Anfrage unserer Zeitung: „Von mir aus kann man sie ganz auslassen. Natürlich wäre es mir lieber, wenn man die Beleuchtung ohne schlechtes Gewissen anlassen könnte.“ Als Denkmalschützer sähe er jedes Bauwerk von Rang gerne in bestem Licht. Jedoch: „Unsere Energieprobleme sind noch nicht gelöst, auch wenn wir gut über den Winter gekommen sind. Energiesparen ist weiter wichtig! Natürlich rettet man nicht die Welt damit, wenn man Baudenkmäler nicht mehr anstrahlt.“ Es sei für ihn allerdings ein Widerspruch, wegen des Ukraine-Krieges eine „Zeitenwende“ zu verkünden (so wie Bundeskanzler Olaf Scholz), aber bei dafür nötigen Maßnahmen nicht konsequent zu bleiben. Schönauer: „Wenn man von einer Zeitenwende spricht, muss man auch eine Zeitenwende vollziehen.“

Der Verzicht auf abendliche Gebäudebeleuchtung sei mithin als symbolische Aufforderung dazu, Strom einzusparen, nach wie vor geboten, findet der Heimatpfleger. Und auch der Krieg sei noch nicht vorbei.