Ingolstadt
„Einfach wunderschöne Musik“

Begeisternde César-Franck-Nacht im Münster und in St. Matthäus Ingolstadt

14.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:51 Uhr

Perfektes Zusammenspiel: Die Sopranistin Melanie Dirbach, der Projektchor aus Mitgliedern des Münster-, Motetten- und Kammerchores Ingolstadt unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Oliver Scheffels und die Harfinistin Andrea Strasser. Foto: Schaffer

„Es ist schön, dass heute beide Kirchen miteinander das kulturelle Leben der Stadt bereichern. Kultur gehört wie die Liebe, Essen und Trinken zum Menschen dazu und hilft zu einem erfüllten Leben“, eröffnete der evangelische Dekan Thomas Schwarz die César-Franck-Nacht am Samstag im Liebfrauenmünster Ingolstadt und wünschte dem gut 100-köpfigen Publikum einen erfüllten Konzertabend.

Auf diesen hatten sich unter anderem die beiden Damen „älteren Semesters“ gefreut. „Wir wollen die Orgelmusik genießen und sind als ehemalige Chorsängerinnen auf den Projektchor sehr gespannt“, sagten sie und kauften als Erste die Komplett-Karte für das Wandelkonzert anlässlich des 200. Geburtstages des „Vaters der Orgelsymphonie“ bei Michaela Mirlach-Geyer, der 2. Vorsitzenden der Freunde der Musik am Münster. Der Verein veranstaltete die Nacht in Zusammenarbeit mit St. Matthäus im Rahmen des Ingolstädter Orgelsommers 2022.

Reiche Tonsprache César Francks

Das als „Best of“ des französischen Komponisten César Franck (1822–1890) angekündigte Programm zeigte gleich beim ersten der jeweils gut halbstündigen Konzerte die Wandlungsfähigkeit und reiche Tonsprache Francks. Franz Hauk, künstlerischer Leiter des Orgelsommers, spielte das hymnische „Offertoire fis-Moll“ an der Klais-Orgel und füllte mit majestätischem Klang die Hallenkirche. Komponiert hatte César Franck diese instrumentale Begleitung der Gabenbereitung für die Kirche Ste. Clotilde in Paris im Jahr 1861. Dort hatte der aus einem wallonisch-deutschen Elternhaus stammende Musiker von 1857 bis 1863 als Organist, ab 1858 als Titularorganist gewirkt und blieb der Kirche bis zu seinem Tod verbunden. Seine Hauptorgelwerke entstanden für die Orgel von Ste. Clotilde, einem Instrument des berühmten Meisters des französisch-romantischen Orgelbaus, Aristide Cavaillé-Coll.

Das folgende melodische „Cantabile“ aus den „Drei Orgelstücken“ (1878) verzauberte mit melodischer Leichtigkeit, während der „Choral Nr.I E-Dur“ aus „Trois chorals“ den spielerischen Umgang Francks mit Melodien, Motiven und Tonarten zeigte, die er sinfonisch kombiniert. „Choral“ bedeute hier weder einen gregorianischen Gesang, gar ein protestantisches Kirchenlied, wie Kirchenmusikdirektor Oliver Scheffels später in St. Matthäus sagte. Ein Choral sei vielmehr ein frei erfundenes Instrumentalstück, das durch Tonfall, gesangliche Melodie und regelmäßige Form an sakrale Musik erinnert. Wohl deshalb dauerte es kurz, bis das Publikum zu applaudieren wagte.

Publikum wechselte vom Münster nach St. Matthäus

In kleinen Gruppen ging es plaudernd nach St. Matthäus, wo um 20.15 Uhr die „Sortie D-Dur“ aus den „Pièces posthumes“ hymnisch klar von der Kern-Orgel erklang. Am im Stil einer französischen Barockorgel 1994 gebauten Instrument: Organist und Chorleiter Oliver Scheffels. Der hernach das Publikum begrüßte und auf eine klimabedingte Änderung im Programm hinwies. Die „Prélude, Fugue et Variation“ h-moll hatten Sokoll und Scheffels ursprünglich am Flügel und an der Orgel spielen wollen, doch: „Aufgrund der Hitze sind wir bei der Kern-Orgel bei 449 Hertz angelangt. Ein Klavier kann aber maximal 443 Hertz leisten. Höher gestimmt könnten die Saiten des Flügels reißen.“ So spielte Scheffels die Orgelsolofassung.

Einen furiosen gemeinsamen Auftritt am Klavier hatten Konzertorganist Martin Sokoll und Oliver Scheffels mit„Choral Nr. 3 a-moll“ aus dem Spätwerk „Trois chorals“ im zweiten der Matthäus-Konzerte.

Perfektes Zusammenspiel von Chor, Solo-Sopran, Harfe, Cello und Orgel

Zuvor begeisterten der Projektchor mit der Motette „Dextera Domnini“ und der Motette „Panis angelicus“ für Solo-Sopran, Chor, Harfe, Violoncello und Orgel unter der Leitung von Oliver Scheffels in perfekter Abstimmung. Beseelend das Solo von Melanie Dirbach (dies auch beim Abschlusskonzert im Münster im „Tantum Ergo, FWV 58“, „Sakrament der Liebe Gottes“) , sanft die Harfenklänge von Andrea Strasser, weich die Orgel (Sokoll) und Akzente setzend das Violoncello von Daniela Mayer. Sie war, auf der Empore sitzend, nur kurz beim nun euphorischen Applaus zu sehen.

Die Musikbegeisterte nicht nur das Publikum, das – bis auf einige wenige – bis kurz vor Mitternacht treu blieb. Auch für die Chorsängerinnen und -sänger war es ein Erlebnis. „Es ist so besonders, dass wir im zweiten Konzert das ,Ave Maria‘ gesungen haben, so kurz vor dem Hochfest Mariä Himmelfahrt. Und das in einer evangelischen Kirche“, sagte eine der Altstimmen. Die Vohburgerin singt seit 30 Jahren im Kammerchor. „Es macht einfach nur Spaß“, ergänzte eine andere. „Die Chorstücke sind gut zu singen, Franck moduliert wunderbar in allen Stimmen“, schwärmte der evangelische Pfarrer Martin Michaelis.

Glück über Musik und Geselligkeit

„Es ist einfach wunderschöne Musik“, sind sich die Organisten Hauk, Sokoll und Scheffels einig, die, so Hauk, gerne noch mehr von Franck aufführen würden wie die „wunderbaren Oratorien“.

Perfekt passte die Idee der geselligen Pause im Innenhof von St. Matthäus mit Getränken der Kirchengemeinde und einem von den Chormitgliedern mitgebrachten üppigen Buffet, die zeigte: Musik kennt keine (Kirchen-)Grenzen und führt die Menschen im besten Sinne zusammen.

DK