Meisterwerke botanischer Malerei
Der Vortrag „Menschenkörper – Pflanzenwelten“ führte die Zuhörer in die Welt der botanischen Illustration ein

20.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:38 Uhr

Der Direktor des Medizinhistorischen Museums der Charité Berlin, Prof. Thomas Schnalke, referierte unter dem Titel „Menschenkörper – Pflanzenwelten“ zu Trews wissenschaftlichem Wirken auf dem Gebiet der botanischen Illustration. Fotos: Domke/Universitätsbibliothek Erlangen

Das Deutsche Medizinhistorische Museum (DMM) beteiligt sich intensiv am Jubiläumsjahr „500 Jahre Wissenschaft in Ingolstadt“. Der Sommer steht dieses Jahr besonders im Zeichen des Mediziners und Botanikers Leonhart Fuchs (1501–1566), der im 16. Jahrhundert an der Ingolstädter Universität Medizin studierte und später auch selbst dort lehrte. Er gilt heute als einer der einflussreichsten Botaniker seiner Zeit.

Das Museum zeigt in diesem Jahr mit Workshops, Vorträgen und Führungen, wie Wissenschaft vor 500 Jahren funktionierte. Die Vortragsreihe „Ein Sommer mit Leonhart Fuchs“ endete nun am Mittwoch mit einem Vortrag über den Nürnberger Arzt, Anatomen und Botaniker Christoph Jacob Trew (1695–1769). Auf Einladung von Museumsdirektorin Prof. Marion Ruisinger referierte der aus Berlin angereiste Direktor des Medizinhistorischen Museums der Charité, Prof. Thomas Schnalke, unter dem Titel „Menschenkörper – Pflanzenwelten“ zu Trews wissenschaftlichem Wirken auf dem Gebiet der botanischen Illustration. Im gut besetzten Seminarraum „Christa Habrich“ wurden die Zuhörer eine Stunde lang in die faszinierende Welt der Illustration von Pflanzen eingeführt.

Zweifacher Paukenschlag

Im Jahre 1543 legten Leonhart Fuchs und Andreas Vesal, Begründer der neuzeitlichen Anatomie, ihre Hauptwerke vor – für Thomas Schnalke ein „zweifacher Paukenschlag“. Mit seinem „New Kräuterbuch“ schuf Leonhart Fuchs einen Klassiker der botanischen Literatur. Andreas Vesal befasste sich in seiner „Fabrica“ mit dem Aufbau des menschlichen Körpers. Die beiden Werke spielen insoweit zusammen, da in der frühen Neuzeit Anatomie und Botanik eine Symbiose bildeten, erklärte Schnalke. Zwei Jahrhunderte später begann Christoph Jacob Trew seine botanischen Forschungen. Trews Lebens- und Arbeitsmittelpunkt war Nürnberg – und hatte im Gegensatz zu Fuchs „leider nichts mit Ingolstadt zu tun“. Als Sohn eines Apothekers lernte er im Kindesalter den Umgang mit Pflanzen und begann ein Medizinstudium an der Universität Altdorf. Nach einer dreijährigen akademischen Wanderschaft ließ sich Trew als Arzt in Nürnberg nieder und gewann schnell hohes Ansehen in der örtlichen Ärzteschaft. Er leitete das anatomische Theater und den botanischen Garten. In seinem Unterricht praktizierte und vermittelte er eine Art des „sezierenden Schauens“.

Getrieben von einem enormen Forscherdrang baute Trew durch rege Briefwechsel mit Kollegen ein botanisch-illustratives Netzwerk und eine riesige Bibliothek mit Sammlung auf. In seiner bedeutenden Rede im Jahre 1729 zur „Vertheidigung der Anatomie“ lehnte er sich gegen die religiös motivierte Kritik am Sezieren des menschlichen Körpers auf. Trew wollte, so Schnalke, mit der Anatomie einen allgemeinen Nutzen schaffen. Im Laufe der Zeit gewann Trew mehrere bedeutende Illustratoren für sich, darunter auch den begnadeten Pflanzenmaler Georg Dionysius Ehret. Trew wurde für Ehret zum fachlichen Inspirator. Die gemeinsam erarbeiteten Blumenbilder, wie etwa das der Königin der Nacht, erscheinen schließlich im Druck.

Größte bekannte naturwissenschaftliche Briefsammlung

Besonderen Wert legte Trew dabei auf die fachgerechte Zergliederung wesentlicher Strukturen der Pflanzen. Das akkurate Bild diente ihm als wissenschaftlicher Beweis. Eine seiner laut Thomas Schnalke herausragendsten Darstellungen, die Magnolie, ist auch im DMM zu sehen. Neben den Sexualorganen der Pflanze achtete Trew auch auf eine detaillierte Darstellung des Blattskeletts. Sogar die Gefäße und Gefäßzwischenräume der Pflanzen beachtete er, wobei er sich des damals üblichen Nürnberger Sonnenlichtmikroskops bediente. Trew hinterließ neben seiner mit vielen wertvollen Unikaten ausgestatteten Bibliothek, eine der größten naturkundlichen Wissensspeicher seiner Zeit, auch die größte bekannte Briefsammlung mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt. Die Sammlung ist im Besitz der Universitätsbibliothek Erlangen.

DK