Ingolstadt
Café Mohrenkopf: Wirt trotzt Rassismus-Anfeindungen - „Der Name bleibt!“

22.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:32 Uhr

Der Name ist Programm: Das Café Mohrenkopf soll weiter so heißen, sagt der Wirt. Doch es gibt immer wieder Kritik. −Foto: Hafenrichter

Claus Häring ist der Kragen geplatzt. Der Grund: Schlechte Google-Rezensionen für sein Café Mohrenkopf in Ingolstadt des Namens wegen - von Menschen, die das Bistro nie besucht haben. Bei Facebook veröffentlichte der Gastronom einen emotionalen Brandbrief. 160.000 Menschen sprangen dem Wirt seitdem schon zur Seite.



„In letzter Zeit häufen sich negative Bewertungen auf Google, weil wir Café Mohrenkopf heißen!“ Mit diesen Worten wandte sich der Inhaber des Cafés in der Donaustraße vergangenen Freitag an seine gut 22.000 Facebook-Follower. Durch die Rezensionen werde die Arbeit, die er und sein Team täglich leisten, schlecht gemacht. „Das nervt mich. Und zwar gewaltig!“, macht sich der Wirt Luft. Dann das Basta: „Zum x-ten Mal: Der Name bleibt!“

Über den Begriff Mohr – er ist Namensgeber zahlreicher Straßen, Plätze oder Apotheken in Deutschland - wird seit geraumer Zeit diskutiert. Kritiker sagen, mit dem Wort, das auf das althochdeutsche „Mor“ zurückgeht und einst für Schwarze aus Mauretanien sowie Nordafrika stand, würden rassistische Stereotype eines schwarzen Menschen vermittelt. Auch in Ingolstadt ist das ein Thema. „Seit ich das Café 2008 übernommen habe, gab es immer wieder Anrufe und E-Mails wegen des Namens“, sagt Häring im Gespräch mit dem Donaukurier. Normale Anfragen beantworte er jedoch gern, erklärt er. „Dagegen habe ich gar nichts.“

Anfeindungen, Vandalismus und Beleidigungen

Immer wieder kämen Menschen ins Café, um sich bei ihm und seinen Angestellten wegen des Namens zu beschweren, sagt Häring. Doch der Gastronom berichtet auch von rufschädigenden Anfeindungen, Vandalismus an der Café-Fassade und beleidigenden Kommentaren unter Facebook-Beiträgen. „Fettes deutsches Nazischwein“ musste er sich laut eigener Aussage schon nennen lassen und KZ-Vergleiche hinnehmen.



Neue Rezensions-Verrisse bei Google brachten vergangenen Freitag das Fass zum Überlaufen. „Irgendwann ist Schluss“, dachte sich Häring und setzte sein Facebook-Statement auf. Darin stellt er sich demonstrativ vor seine Angestellten. „Die Mädels und Jungs bei uns leisten mega tolle Arbeit, reißen sich den Allerwertesten fürs Café und unsere Gäste auf“, schreibt er bei Facebook. Kritiker sollten sich doch bitte direkt an ihn wenden. Er sei ja „der Böse“, nicht seine Mitarbeiter.

Facebook-Post geht viral

Binnen drei Tagen wurde der Facebook-Post mehr 160.000 Mal geliket und geherzt, dazu knapp 10.000 Mal geteilt und fast 30.000 Mal kommentiert. „Mit dem Hype habe ich nicht gerechnet. Das ist schon heftig“, sagt Häring. Der Zuspruch ist enorm. „Wunderbar. Nicht nachgeben“, schreibt eine Facebook-Nutzerin, das Café und sein tolles Team sei unverzichtbar für Ingolstadt, meint ein anderer. Auch Schwarze, die die Diskussion um den Namen lächerlich finden, hätten ihm geschrieben, verrät Häring. „Wir sind ganz normale Menschen und zu 1000 Prozent nicht rassistisch.“

Wichtig ist Häring zu betonen, dass er sich sachliche Kritik am Café natürlich zu Herzen nimmt. „Wenn jemand schlechtes Essen bekommt, darf er das gerne schreiben. Dann müssen wir es besser machen. Aber für Leute, die uns mit nur einem Stern bewerten ohne jemals hier gewesen zu sein, habe ich kein Verständnis.“

4,5 von 5 Sternen bei Google

Doch wie steht es eigentlich um die Google-Bewertungen des Café Mohrenkopf? Ziemlich gut. 4,5 von 5 Sternen. Unter den rund 1000 Rezensionen findet sich nur eine bis zwei Handvoll Menschen, die sich am Namen stören. „Der Name des Cafés ist super unangebracht und diskriminierend. Man sollte sich vielleicht langsam mal Gedanken machen, ob das noch vertretbar ist. Beziehungsweise, es ist einfach nicht vertretbar!“, schrieb beispielsweise ein Google-Nutzer schon vor Monaten. Ansonsten ist das Feedback der Gäste nahezu durchweg positiv – was Service, Essen und Namenswahl angeht. „Viele negative Bewertungen wegen des Namens waren es nicht“, gibt Häring zu. „Aber mich stören auch schon die fünf Stück.“

Seit Häring seinen Brandbrief bei Facebook veröffentlicht hat, hagelt es bei Google reihenweise fünf Sterne für das Mohrenkopf – viele dieser Bewertungen stammen wiederum von Leuten, die das Café noch nie besucht haben. „War leider nie da. Ich versuche nur ein paar namensbegründete negative Bewertungen zu neutralisieren“, kommentiert ein Nutzer. Viele andere tun es ihm gleich. Manch einer wirft Häring deshalb einen geschickten PR-Coup vor. Der Gastronom winkt ab: „Solche Bewertungen will ich genauso wenig.“

− jra