Ingolstadt
Auf dem Rücken der Pferde

Drei Amateurreiterinnen und -reiter erzählen, was sie an dem Sport so faszinierend finden

24.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:57 Uhr

Sie lieben den Sport mit stattlichen Tieren (v.l.): Die Amateurreiterinnen und -reiter Mercedes Korduan-Knorre mit Stute Cheyenne, Martin Fürholzer und Svenja Heuberger mit Wallach Lanci´s Lord. Foto: Brandl

Von Michael Brandl

Hagau – Es gibt junge Menschen, die wollen Pilot oder Ärztin werden. Svenja Heuberger aus Buxheim hatte ähnlich früh eine konkrete Vorstellung von ihrem Traumberuf, den sie dann allerdings nicht ergriff. „Ich wollte zur berittenen Polizei“, sagt sie. Was dahintersteckte, war freilich nicht der Wunsch nach einer buchstäblich sattelfesten Stellung im Staatsdienst, sondern ihre große Leidenschaft zu Pferden, die sie hegt, seit sie ein kleines Mädchen war. „Meine Mutter ist Reiterin. Das Hobby war also vorprogrammiert“, erzählt sie. Ein anderer Traum ist für Heuberger inzwischen in Erfüllung gegangen – der vom eigenen Pferd. Ihr Wallach, Lanci´s Lord, ein bayerisches Warmblut, ist im Pferdesportverein St. Georg in Hagau eingestellt. Die Zeit, die sie mit dem Pferd dort verbringt, beschreibt sie in einem Satz so: „Das ist immer wie ein kleiner Urlaub.“ Das Amateurreiten sei ein anspruchsvoller Sport, sagt sie. „Wer das nicht glaubt, den lade ich ein, sich einmal auf ein Pferd zu setzen“, sagt sie, ergänzt aber auch: „Das Vertrauen eines Pferdes zu gewinnen, ist aufwendiger als reiten lernen.“

Ähnlich sieht es Vereinskollegin Mercedes Korduan-Knorre aus Ingolstadt, die im Alter von sieben Jahren mit dem Reitsport begann. „Die ersten Reitstunden waren ein Geschenk. Der Wunsch reiten zu wollen, war aber schon immer vorhanden“, erzählt sie. Auch sie wollte beruflich mit Pferden arbeiten und Springreiterin werden. Heute ist der Sport eine Passion, wie sie sagt. Woher die Faszination für Pferde bei so vielen Menschen – darunter hauptsächlich Frauen – rührt, erklärt sie sich etwa damit, dass man früh in die Verantwortung für ein Lebewesen hineinwachse und dabei sehr strukturiert vorgehen müsse. Und dies auf einer Ebene wie sonst bei kaum einem anderen Tier, das eine Beziehung zum Menschen aufbaut. „Pferde sind Fluchttiere und reagieren anders als ein Hund“, erklärt sie. Bei der Begegnung mit einem Pferd gingen feine Signale von ihm aus. Diese Signale zu empfangen, richtig zu deuten und zurück zu kommunizieren, ist die Fähigkeit, die Menschen wie sie sich angeeignet haben. Kommuniziert werde etwa über die Körpersprache, das Körpergewicht und die Schenkel, die beim Reiten am Körper des Tieres anliegen. Was die beiden Frauen an den Begegnungen mit ihren Pferden besonders schätzen? „Das Kommunizieren ohne Worte zwischen zwei Wesen, die nicht die selbe Sprache sprechen“, sagen sie. Man könne es auch mit dem Erlernen einer neuen Sprache vergleichen.

Martin Fürholzer aus Lichtenau ist als männlicher Amateurreiter eher eine Ausnahmeerscheinung, wenn auch im Profisport männliche Reiter oft Spitzenpositionen belegen. Das Reiten habe er sich als Kind auf dem Bauernhof seines Onkels, wo Ponys auf der Koppel standen, zunächst selbst beigebracht, erzählt er. „Ich habe das erste Mal ein Pferd gesehen und war sofort weg“, umschreibt er seine Sympathie für die stattlichen Tiere. Ein eigenes Pferd besaß er als Kind nicht. Dafür ist er heute, mit 53 Jahren, Besitzer von vier Oldenburger Springpferden. Zum Amateurreiten sei er als spät Berufener nach einem sportlichen Abstecher zum Fußball gekommen. „Meinen ersten Reitunterricht habe ich mit Mitte 30 zusammen mit meiner Tochter genommen“, erzählt er. Seitdem drehe sich bei ihm alles wieder um Pferde. „Wenn es sein muss, auch mal bis Mitternacht, bis im Stall alles passt“, sagt er. Der Umgang mit Pferden ist durchaus ein zeit- und kostenintensives Hobby, wie die Reiter bestätigen. Ein unterer fünfstelliger Betrag pro Jahr an Ausgaben sei bei ihm das mindeste, so Fürholzer. In Geld aufwiegen lässt sich der Freizeitsport aber ohnehin nicht, stellt man schnell fest, wenn man den Reitern zuhört. „Für mich bedeutet Reiten totales Abschalten und Freimachen vom Job. Der Sport ist ein Kraftspender, und Pferde sind einfach edel“, so Fürholzer.

Wenn Korduan-Knorre mit ihrem Pferd Cheyenne, einer neuen Jahre alten Baden-Württemberger Stute, in der Natur unterwegs ist, bedeutet das für die Reiterin nicht nur Abschalten vom Alltag, sondern auch Freiheit, Leidenschaft und Glück, wie sie sagt. Auch sie macht deutlich, dass man für die Ausübung des Hobbys mit einem eigenen Pferd sowohl zeitlich als auch finanziell großzügig planen können sollte. Ein Pferd sei ein großes Lebewesen, das viel Hunger habe und umfangreiche Betreuung benötige. Sie investiere pro Woche rund 15 Stunden in Pflege und Betreuung. „Dann habe ich aber noch kein Turnier geritten“, sagt sie.

Das Klischee, Pferdefreunde würden mit dem Sektglas in der Hand einer Art elitärer Geselligkeit nachgehen und ihre Rösser lieber von Pferdepflegern striegeln lassen, anstatt selbst Hand anzulegen, bedienen die Reiter von Hagau nicht, wie sie bekräftigen. „Das hier ist wie das richtige Leben“, sagt Heuberger. Man helfe zusammen und feiere auch gerne zusammen, so die drei. Es ist also auch das große Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Mitglieder von St. Georg und die vielen freiwilligen Helfenden zu einer Einheit verschmelzen lässt. Froh sind die Amateursportler, dass sie jetzt wieder Turniere vor Publikum reiten können. Zwar hätten Turniere auch während Corona stattgefunden, aber ohne Zuschauer. „Es ist einfach ein super schönes Gefühl, dass der Turniersport wieder auflebt“, sagt Heuberger. Beim international besetzten Turnier Anfang Mai in Hagau war auch sie mit am Start und konnte sich mit Lanci´s Lord zwei Mal platzieren. „Damit war ich sehr zufrieden“, sagt sie. Das wahre Glück, das sich in Platzierungen nicht messen lässt, liegt für sie und die anderen ohnehin auf dem Rücken der Pferde.

DK