Streik der Arzthelferinnen
Auch im Medi-IN-Park wird für höhere Löhne und mehr Anerkennung demonstriert

08.02.2024 | Stand 08.02.2024, 16:26 Uhr
Jens Alfons Mayer

Arzthelferinnen und Ärzte streiken im Medi-IN-Park vor einem Pappaufsteller von Gesundheitsminister Karl Lauterbach für bessere Löhne und mehr Anerkennung. Foto: Mayer

Ein Novum in der 60-jährigen Geschichte der Medizinischen Fachangestellten in Deutschland: Erstmals haben Arzthelferinnen und Arzthelfer ihre Arbeit niedergelegt.

Der Verband medizinischer Fachberufe (vmf) hatte für Donnerstag einen Streik des Personals in Arztpraxen angekündigt – rund 330000 Fachangestellte waren dazu aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Auch vor dem Medi-IN-Park am Westpark wurde gestreikt.

Der Tarifstreit zwischen dem vmf und den niedergelassenen Ärzten liegt im Zentrum dieses Konflikts. Trotz einer dreijährigen Ausbildung liegt der Einstiegslohn für diese Berufsgruppe bei 13,22 Euro pro Stunde – nur minimal über dem Mindestlohn. Monatlich verdienen Angestellte in Arztpraxen der Tarifgruppe I etwa 2200 Euro brutto. Zu Beginn der Tarifverhandlungen im November forderte der vmf eine Gehaltssteigerung von 14,6 Prozent – unabhängig von Berufserfahrung und der spezifischen Tätigkeitsgruppe, der die Beschäftigten angehören. Die Ärzteschaft bot den Fachangestellten daraufhin eine durchschnittliche Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent an. Diese Offerte reicht dem Branchenverband jedoch nicht aus.

Ärzte unterstützen Anliegen der Arzthelferinnen



Frank Degenhardt von der Urologischen Praxis am Medi-IN-Park betont, dass die Ärzte das Anliegen ihrer Arzthelferinnen unterstützen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Arzthelferinnen nach einer dreijährigen intensiven und fordernden Ausbildung nur knapp mehr als den Mindestlohn verdienen. Die Ärzte würden gern mehr bezahlen, jedoch weigern sich die Krankenkassen, die Mehrkosten zu übernehmen. „Seit Corona sind die Betriebskosten für Miete, Strom und Unterhalt der Praxis ohnehin deutlich gestiegen“, erläutert Degenhardt.

Mit der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geforderten Bürgerversicherung drohe ein Zusammenbruch des Systems, warnt ein anwesender Arzt. Die Folge wäre eine Zwei-Klassen-Medizin wie in Großbritannien, wo jeder, der es sich irgendwie leisten kann, als Selbstzahler zu einer Privatpraxis geht und alle anderen ein Dreivierteljahr auf einen Termin warten müssen, erklärt der Facharzt. Auch an der Einführung der eAkte wird Kritik geübt, da alle Daten auf einem Zentralserver gespeichert werden und Datenklau durch Hacker durchaus wahrscheinlich sei.

Mehr als nur Anmeldung und Terminvergabe



Die Leistungen der Medizinischen Fachangestellten erstrecken sich weit über die bloße Anmeldung und Terminvergabe hinaus, betonen die Streikenden. Ihre Aufgaben umfassen auch die Assistenz bei Untersuchungen, Behandlungen und chirurgischen Eingriffen, die Durchführung von Hygienemaßnahmen und Laborarbeiten, das Praxismanagement sowie das Dokumentieren und Abrechnen von Behandlungsabläufen, die Materialbeschaffung und vieles mehr. Es sei entscheidend, jetzt zu handeln, um zu verhindern, dass noch mehr Fachkräfte aufgrund der niedrigen Gehälter bei gleichzeitig hoher Stressbelastung und Verantwortung den Beruf verlassen.