Tagesstätte für psychisch Kranke
Ältere Menschen betreuen: Betroffene erzählen ihre persönlichen Schicksale

13.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:05 Uhr

Bei einem Informationsgespräch in der Beratungsstelle für psychische Gesundheit der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt mit dem stellvertretenden Caritasdirektor Andreas Steppberger (rechts) erläuterte Psychologin Andrea Ploß (links) ihren Wunsch für eine Gerontopsychiatrische Tagesstätte. An dem Gespräch nahmen Mitarbeitende und Klienten der Caritas teil. Foto: Esser/Caritas

Eine Tagesstätte für ältere psychisch kranke Menschen wünscht sich der Gerontopsychiatrische Dienst der Beratungsstelle für psychische Gesundheit der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt.

Darüber haben Verantwortliche sowie Klienten der Beratungsstelle ein Informationsgespräch mit dem stellvertretenden Caritasdirektor im Bistum Eichstätt, Andreas Steppberger, geführt. Bei dem Austausch erzählten auch einige Betroffene ihre persönlichen Schicksale.

Den Gerontopsychiatrischen Dienst suchen immer mehr Menschen auf. Nach der einrichtungseigenen Statistik waren es bei dessen Gründung im Jahr 2002 noch 76 Klienten und Angehörige, im vergangenen Jahr bereits 204 Klienten und 23 Angehörige. In der Kreisstelle gibt es mehrere Aktiv- und Freizeitgruppen, die allerdings nicht täglich und durchgehend stattfinden.

„Um die Versorgung besser gestalten und die Angehörigen auch stärker entlasten zu können, ist ein umfangreicheres Angebot notwendig“, erklärte Psychologin Andrea Ploß bei dem Gespräch. Zwar gebe es in Ingolstadt eine Tagesstätte für allgemein psychisch kranke Menschen, deren Ausrichtung sei grundsätzlich allerdings nicht für Betroffene über 60 Jahre geeignet. „Diese wünschen sich Angebote, die für jüngere Menschen weniger attraktiv sind wie zum Beispiel Sitztanzgruppen und Biografiearbeit.“

Die gewünschte Gerontopsychiatrische Tagesstätte solle sich an Menschen außerhalb des normalen Erwerbslebens richten, etwa Frührentner, die sozial isoliert sowie in familiär belastenden Situationen leben. Ihnen soll eine feste Tages- und Wochenstruktur angeboten werden.

Dabei solle es auch die Möglichkeit geben, Angebote außerhalb der Tagesstätte zu nutzen und Kontakte zu anderen Gruppen aufzubauen, etwa zu Kirchengemeinden oder Nachbarschaftshilfen. „Ein weiteres Ziel besteht in der Prävention von psychischen Erkrankungen bei Angehörigen, zum Beispiel durch deren häusliche Entlastung durch die Tagesstätte“, so Ploß.

Ihre Kollegin Stefanie Palme betonte, dass für die betroffene Zielgruppe Tagespflegen nicht infrage kämen, „denn dafür sind viele noch zu fit“. Die beiden Caritas-Mitarbeiterinnen wünschen sich, dass Verantwortliche des Bezirks, der Stadt Ingolstadt und der Caritas sich zusammensetzen, um Chancen für das Projekt auszuloten.

Die Betreuungsstelle der Stadt Ingolstadt hat das Anliegen bereits begrüßt. Vize-Caritasdirektor Steppberger sagte nach dem Gespräch: „Eine solche Einrichtung wäre sicherlich sinnvoll. Um zu sehen, ob sie finanzierbar ist, werden wir das Gespräch mit der Politik suchen.“

Steppberger zeigte sich sichtlich beeindruckt von den Schicksalen einiger Betroffener. Eine ältere Witwe erzählte, dass ihr Einsamkeit sehr zu schaffen mache: „Wenn ich den ganzen Tag zu Hause bin, ist das die schlimmste Zeit im Alltag.“ Innerhalb kurzer Zeit starben zunächst ihr Mann und dann ihre Mutter. „Da bin ich in ein Loch gefallen und erhole mich davon nur langsam.“ Zudem belaste sie das Verhältnis zu einer Enkelin, die psychische Probleme hat. Seit sie eine Einzelberatung des Gerontopsychiatrischen Dienstes der Caritas habe, gehe es ihr aber schon besser, erklärte die Frau.

Eine andere Frau erzählte, dass sie unter der psychischen Erkrankung ihres Ehemannes, „die mit Zwängen zu tun hat“, leide. Sie könne nicht mehr mit ihm zusammenleben, „das kann ich nicht aushalten“. Etwas Entlastung habe sie durch die Beratung und Angehörigengruppe bei der Caritas gefunden.

DK