Ettling
Zahlreiche Fischfossilien gefunden

Tag der offenen Grabung im Ettlinger Steinbruch

17.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:51 Uhr
  −Foto: Kügel

Ettling - Zum Tag des Geotops hat die Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologien e.

V. diesen Sonntag ausgerufen. Das Juramuseum Eichstätt hat ihn einige Tage vorverlegt und schon am Mittwoch dazu eingeladen, im Steinbruch im Pförringer Ortsteil Ettling bei einem Tag der offenen Grabung den Wissenschaftlern und Helfern über die Schulter zu schauen.

Seit 2008 betreibt das Juramuseum Eichstätt eine wissenschaftliche Grabung im Steinbruch am westlichen Ortsausgang von Ettling und hat Fischfossilien von einzigartiger Farbenpracht geborgen. "Anfangs ging es darum, möglichst viele Arten zu finden und zu bestimmen, jetzt wollen wir die Zusammenhänge erforschen", erklärt Christina Ifrim. "Rund 8000 Fische sind inzwischen ausgegraben worden; die schönsten Exemplare werden in einem eigenen Bereich des Juramuseums präsentiert", macht die wissenschaftliche Leiterin des Museums auf der Willibaldsburg Werbung für einen Museumsbesuch. Und was passiert mit dem großen Rest, wollen die Besucher wissen? "Die sind Teil der wissenschaftlichen Sammlung geworden", sagt Ifrim. Gibt's denn auch Anfragen von Wissenschaftlern? "Wir haben die größte Plattenkalksammlung der Welt, ein fantastisches Fenster in die Vergangenheit, daran kommt keiner vorbei", stellt Ifrim nicht ohne Stolz fest.

An jedem Grabungstag öffnet sich dieses Fenster ein Stückchen weiter. Am Montag hat eine Grabungshelferin einen Jungfisch gefunden, so klein, dass er noch nicht verknöchert war, und man Details nur unter dem Mikroskop erkennen kann. Jessica Krauß hat offenbar schon nach kurzer Zeit einen guten Blick dafür. Denn freudestrahlend präsentiert sie der Gruppe um Ifrim ihren nächsten Fund: Wieder ein kleiner Fisch. Diesmal sind aber Kopf, Körper und sogar Flossen deutlich erkennbar.

Coronabedingt habe es wenig Geländeübungen gegeben, sagt die 23-Jährige, die in Erlangen Geowissenschaften studiert und über dieses freiwillige Praktikum nach der Theorie auch mal den Arbeitsalltag kennen lernen möchte. Den verbringt sie ebenso wie ihre gleichaltrigen italienischen Kolleginnen Amal, Chiara und Nicole, die an der Universität Modena studieren, meist kniend. Mit einer Spachtel lösen sie die oft nur wenige Millimeter starken Kalkschichten. Hammer oder gar Geißfuß kommen nur selten zum Einsatz, denn der Kalkstein in Ettling ist sehr brüchig.

Andreas Radecker, geowissenschaftlicher Präparator am Juramuseum, hat deshalb eine neue Methode entwickelt, um größere Stücke möglichst unversehrt bergen und nach Eichstätt bringen zu können. "Die Funde werden aufwendig mit Kunstharz und Kohlefasermatten einlaminiert", erklärt er. Anschließend kann der Fund zerstörungsfrei angehoben werden, wie Ifrim und er an einem Trissops formosus, dem häufigsten Großfisch von Ettling, demonstrieren. Präpariert wird dann die Unterseite, die schließlich mit einem Speziallack überzogen wird, der wegen der späteren Untersuchung unter UV-Licht nicht fluoreszieren darf. Während Sammler durch das Lackieren Kontrast und Glanz verstärken wollen, geht es dem wissenschaftlichen Präparator darum, das Fossil zu härten. "Wir wollen die Substanz nicht verschlimmbessern", betont Radecker den Unterschied.

Die Gäste des Tags der offenen Grabung waren - wie an einem Werktag vormittags nicht anders zu erwarten - überwiegend im Rentenalter. Die Begeisterung für Fossilien wurde bei manchem freilich schon früh geweckt. So erinnert sich Reinhold Leonhard aus Ingolstadt noch gut daran, dass er als gebürtiger Berchtesgadener als Kind bei einem Ferienlager in Eichstätt erstmals mit Fossilien in Berührung kam. "Ich wollte später sogar Geologie studieren, habe es wegen der schlechten Berufsaussichten aber dann gelassen", verrät er. Seinen Kindern habe er später gezeigt, dass man "in den Gesteinsschichten lesen kann wie in einem Buch". Auch an seine Enkel will er die Neugierde und Lust auf Abenteuer, die ihn getrieben hat, weitergeben. "Auch bei mir hat er das Interesse geweckt", sagt seine Frau Barbara.

Vitus Brosinger hat nach Ettling sogar seine Fotoausrüstung mitgebracht. "Für unsere Quasselrunde", wie der pensionierte Biologielehrer die Treffen mit seinen Freunden nennt. Mit einer Schulklasse sei er vor bald 20 Jahren schon mal in Ettling gewesen. Das habe die Fünftklässer so begeistert, dass die Schüler ihn später noch oft darauf angesprochen hätten, und einer von ihnen sogar seine Facharbeit über Ettling geschrieben habe. "Der hat einen Kugelfisch gefunden, eine echte Rarität! "

Eine Rarität hat Thomas Schranz aus Demling vom dortigen Steinbruch mitgebracht. Bei dem etwa zwölf Zentimeter großen Steingebilde handelt es sich um einen Stalaktiten aus einer Karsthöhle, wie Andreas Radecker schnell feststellt. "Die Entstehung des Kalksteins hat mehrere Tausend Jahre gedauert", weiß der Fachmann. Eine lange Zeit und dennoch nichts im Vergleich zu den 150 Millionen Jahren, vor denen die fossilen Fische, die man heute in Ettling findet, im Jurameer gelebt haben.

DK

Sebastian Kügel