Ingolstadt
Gesunde Mischung für sozialen Frieden

Auch Haushalte mit höherem Einkommen können sich um eine staatlich geförderte Wohnung bemühen

30.07.2018 | Stand 02.12.2020, 15:58 Uhr

Ingolstadt (DK) Geht es auf dem überhitzten Ingolstädter Immobilienmarkt nach vielen Jahren starker Preissteigerungen wieder in die andere Richtung?

Für die Aufsichtsräte der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) eine der entscheidenden Fragen zum weiteren Kurs des Unternehmens, dem mehr als 7000 Wohnungen gehören.

Den Mietern der GWG bleibt zumindest eine Sorge erspart, die zuletzt sogar im Mittelpunkt eines Untersuchungsausschusses der bayerischen Landtagsabgeordneten stand: Nach dem Verkauf der ehemals staatlichen GBW-Anteile an eine Privatfirma vor drei Jahren drohen deren Mietern schmerzhafte Erhöhungen. Bei der Ingolstädter Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft, die mehrheitlich der Stadt Ingolstadt gehört, denkt schon lange niemand mehr an Privatisierungen. Eher an die weitere Expansion als ohnehin schon größte Wohnungseigentümerin der Stadt.

Im Aufsichtsrat erkundigte sich Thomas Thöne (ÖDP) nach der Einschätzung von GWG-Geschäftsführer Peter Karmann, was die weitere Entwicklung der Mietpreise in der Stadt betrifft. Der hielt sich mit einer Prognose zurück, während Bürgermeister Albert Wittmann (CSU) eine "Stabilisierung auf hohem Niveau" erwartet, nicht jedoch eine Senkung. "Da müssten wir schon eine gewaltige Wirtschaftskrise bekommen, was wir alle nicht wollen. " In letzter Zeit seien sowohl der Bausektor als auch Mietmarkt und Grundstückspreise "überhitzt". Wittmann: "Eine gewisse Beruhigung ist zu begrüßen. "

Breiten Raum nahmen im öffentlichen Teil der Aufsichtsratssitzung die höheren Einkommensgrenzen für potenzielle Mieter der GWG und generell für staatlich geförderte Wohnungen ein. GWG-Chef Karmann berichtete über die aus seiner Sicht "sehr erfreuliche" Gesetzesänderung, die im Mai in Kraft trat. Ihr Ziel: Etwa 60 Prozent der Bevölkerung sollen Zugang zu einer geförderten Wohnung haben. Anders ausgedrückt: Die Einkommensgrenzen, bis zu denen man in Bayern einen Wohnberechtigungsschein beantragen kann, werden nach oben gesetzt (siehe Grafik mit Beispielen).

"Die Durchmischung ist außerordentlich notwendig", sagte der Geschäftsführer. Deshalb herrsche auch "sozialer Frieden in den Wohnsiedlungen bei uns", Menschen mit bescheidenem Einkommen neben besser Verdienenden, also alles andere als Gettobildung. Vorsitzender Wittmann möchte am liebsten den üblichen Begriff "Sozialwohnungen" gar nicht mehr verwenden, wie er bemerkte. "Das sind ganz normale Leute. Sprechen wir lieber vom geförderten Wohnungsbau, damit nicht unnötige Ängste entstehen. " Zugespitzte Replik von Aufsichtsratsmitglied Franz Eisenmann: "Dann müsste man aber die Sozialdemokratische Partei auch abschaffen! "

Grünen-Fraktionschefin Petra Kleine wollte wissen, wie die Auswahl der infrage kommenden Mieter für eine GWG-Wohnung praktisch vor sich geht und ob dabei auch das Thema Auto eine Rolle dabei spielt, weil "Ingolstadt ja keinen großstädtischen Nahverkehr" habe. Doch da wurde sehr schnell klar, dass jede Bewerbung anders gelagert ist und das Verfahren schwer allgemeingültig dargestellt werden kann. Zum Stichtag 30. Juni waren beim Wohnungsamt der Stadt 1613 Wohnungssuchende der unteren Einkommensstufe gemeldet, sieben Prozent von ihnen gelten dabei als "vordringlich", die möglichst schnell eine neue Bleibe brauchen.