Pfaffenhofen
"Vorbild für ganz Bayern"

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) besucht Bürgerwindrad im Pfaffenhofener Lustholz

18.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:36 Uhr
Trittsicher: Bei seinem Besuch auf dem Pfaffenhofener Bürgerwindrad sprach sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW, rechts) für einen Ausbau der Windenergie nach Pfaffenhofener Vorbild aus. Begleitet wurde er vom Vorsitzenden der Pfaffenhofener Bürger-Energiegenossenschaft, Andreas Herschmann (von links), Markus Käser von der Interessensvertretung der bayerischen Bürgerenergiegenossenschaften sowie Pfaffenhofens Landrat Albert Gürtner (FW). −Foto: Lukas Leonhardt, BEG

Pfaffenhofen - Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) hat sich bei einem Besuch des bestehenden Pfaffenhofener Bürgerwindrads im Lustholz am Dienstag hinter den Bau von drei neuen Windkraftanlagen gestellt.

Es sind die ersten, die in diesem Jahr bislang in Bayern genehmigt wurden. "Die Bürger wurden im Vorfeld eingebunden. Es wurde sogar eine Abfrage gemacht, wie die Mehrheit steht, und die Mehrheit steht hier für die Windenergie", sagte der stellvertretende Ministerpräsident. "Die Bürger werden beteiligt an der Rendite, sofern sie hier Geld reinstecken. Ich glaube, das ist vorbildlich für ganz Bayern. " Eine Bürgerbeteiligung sei von der Staatsregierung gewollt. "Die wird in Pfaffenhofen vorbildlich vorexerziert. "

Im Freistaat gilt grundsätzlich die 10-H-Regelung. Sie schreibt vor, dass ein Windrad einen Mindestabstand vom Zehnfachen seiner Höhe zur nächsten Wohnbebauung einhalten muss, um baurechtlich privilegiert zu sein. Will eine Gemeinde einem Windrad in näherem Abstand Baurecht verschaffen, muss sie hierfür einen neuen Bebauungsplan aufstellen. Genau das ist in Pfaffenhofen geschehen; das Landratsamt hat der Bürgerenergiegenossenschaft Pfaffenhofen (BEG) mittlerweile die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erteilt - mehr als vier Jahre nach der ersten Vorstellung des Projekts.

Mit der Genehmigung in der Tasche kann sich die BEG jetzt mit dem Bürgerwindpark an einer der kommenden Windkraftausschreibungen der Bundesnetzagentur beteiligen. Der Bundesverband Windenergie (BWE) spricht in einer Pressemitteilung zwar von einem Meilenstein, kritisiert aber auch die Staatsregierung und spricht von einem "energiepolitischen Versagen". Weiter heißt es: "Ein schwungvoller Ausbau der Windenergie, der in Bayern für eine bezahlbare Energiewende mit hoher Versorgungssicherheit dringend benötigt wird, ist so nicht möglich. Der BWE Bayern fordert deshalb die Staatsregierung auf, hier rasch zu handeln und im Rahmen der anstehenden Evaluierung der 10H-Regelung entsprechende Änderungen vorzunehmen. "

Kritik kommt auch von den Grünen im Landtag. Die Staatsregierung habe zur Genehmigung der Windräder nichts beigetragen, schreibt der Sprecher für Energie und Klimaschutz, Martin Stümpfig. "Die erste Genehmigung für eine Windkraftprojekt im Jahr 2020 ist trotz der Windkraft-Blockade von CSU und FW Staatsregierung entstanden. " Und an Aiwanger gewandt fährt er fort: "Schauen sie mal in den Spiegel und fragen sie sich: Was habe ich in den letzten zwei Jahren für die Windkraft erreicht als zuständiger Minister. Ich kann es ihnen sagen: Nichts! So wird die Energiewende in Bayern nicht gelingen. "

Die Gegner des Windkraftausbaus im Wald nordöstlich der Kreisstadt nutzten am Dienstag Aiwangers Besuch, um ihre Argumente anzubringen. "Der Sinn unserer Präsenz ist, dass fundamentale Dinge hinterfragt werden", sagte Martin Ott, der sich seit Jahren gegen den Bau der Windräder bei Pfaffenhofen einsetzt. Er kritisierte, dass Wald gerodet werden müsse und bezweifelte generell den Sinn von Windkraftanlagen - Stichwort fehlende Grundlastfähigkeit. "Ich warne davor, die konventionellen Anlagen abzuschalten. " Auch von den Themen Lärm, Infraschall und Verschandelung der Landschaft war die Rede.

"Zeigt mir einen Standort, an dem einer von euch wohnt, von dem aus man das Windrad hört, dann komme ich gerne vorbei", sagte Aiwanger. Die Bürger dürften sich gerne bei ihm melden. Aber er betonte auch, dass an solchen Anlagen wie in Pfaffenhofen kein Weg vorbeiführe. "Ich bin nicht dafür, die Atomlaufzeit zu verlängern", sagte der Freie-Wähler-Politiker. Ebenso sprach er sich gegen den Import von Atomstrom aus Frankreich oder Tschechien aus. "Uns wäre es am liebsten, wenn wir gar nichts brauchen würden. "

Für die Verantwortlichen der Bürger-Energiegenossenschaft Pfaffenhofen bedeutet der Besuch des stellvertretenden Ministerpräsidenten eine "große Wertschätzung", wie es der Vorsitzende Andreas Herschmann ausdrückt. "Wir sind die Blaupause für andere Genossenschaften. Wir würden uns natürlich wünschen, dass es überall so wie in Pfaffenhofen läuft, dass die Bürgerenergie Vorrang hat vor der Konzernpolitik und dass die Anlagen so wie hier mit Bürgergeldern errichtet werden und die Rendite bei den Bürgern bleibt. "

An Windrädern in Bayern führe kein Weg vorbei. "Gott sei dank er hat ganz klar die Position beibehalten, dass Kernkraft nicht die Lösung sein kann", sagte Herschmann. "Wir müssen unsere Energie vor Ort selbst erzeugen - und dazu brauchen wir auch Windenergie, die schwerpunktmäßig im Winter die Energie erzeugt neben der Solarenergie. Auf diese beiden Säulen müssen wir setzen und sie konsequent ausbauen. " Es gebe aber noch viel Verbesserungspotenzial. "Die Staatsregierung muss wegen 10H unbedingt das ganze Thema Bauleitplanung beschleunigen und vereinfachen", forderte er.

DK

Severin Straßer