Gaimersheim
"Viel mehr machbar, als man glaubt"

Azubi, Abiturient und Autor: Der 17-jährige Johannes Vollnhals aus Gaimersheim hat viele Projekte

07.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:19 Uhr
Als DJ JoeMen füllt Johannes Vollnhals aus Gaimersheim seit Jahren die Tanzflächen der Region. −Foto: privat

Gaimersheim (DK) Johannes Volln hals ist 17, macht eine Ausbildung bei Audi und lernt nebenher für sein Abi. Seit Jahren ist er ein über die Ortsgrenzen hinaus bekannter DJ und Veranstalter, er programmiert, engagiert sich in der Jugendarbeit - und schreibt an seinem ersten Buch. Sein größtes Anliegen ist es, junge Menschen zu motivieren, selbst Initiative zu ergreifen.

Langeweile kommt nicht vor im Leben von Johannes Vollnhals. Seit er im Sommer 2017 die Realschule abgeschlossen hat, absolviert er bei Audi eine Ausbildung zum Mechatroniker. "Die Lehre ist neben allen anderen Sachen, die ich so mache, mein Hauptprojekt. Ich kann megaviel lernen und meinen Horizont erweitern", sagt der Gaimersheimer. Doch die Ausbildung ist keineswegs alles in seinem Alltag. Im Onlineshop seiner Schwägerin ist er zuständig für das Webdesign, die Homepage hat er komplett selbst entworfen und gestaltet - bereits mit 13 Jahren hat er professionell und ziemlich erfolgreich viele Weboberflächen programmiert. Johannes gibt Schulungen für angehende DJs und fungiert selbst als Organisator von Musikveranstaletungen. Zusätzlich spielt er Fußball in der Gaimersheimer A-Jugend, ist Leiter und Mitglied des Jugendrats im Jugendtreff, modelt und lernt für sein Abi.

Dass er erst 17 ist, ist sein einziger großer Kummer. Diese Tatsache macht Johannes Leben rein praktisch ziemlich kompliziert: Bei allen Fahrdiensten, Nachtschichten und rechtlichen Dingen wie Verträgen ist er auf seine Eltern angewiesen. Die unterstützen ihn, wo sie nur können: Vater Martin übernimmt die Autofahrten, seine Mutter Maria kümmert sich um alle sonstigen Anliegen, bei denen er Hilfe braucht. "Johannes ist unser viertes Kind, er war schon immer anders als die anderen, total selbstständig und voller Ideen. Wie zum Beispiel, als er sich mit 13 einfach so ein DJ-Pult gewünscht hat", erzählt seine Mutter. "Uns ist wichtig, dass wir unseren Kindern helfen, ihre Vorstellungen und Projekte zu verwirklichen, aber natürlich macht man da manchmal ganz schön was mit als Eltern. Definitiv!", fügt sein Vater lachend hinzu.

Im ehemaligen Zimmer seines Bruders hat sich Johannes einen Lern- und Arbeitsraum eingerichtet. Dort schreibt er auch an einem Buch über Startups von (ganz jungen) Jungunternehmern in Deutschland. Johannes hat seine eigene Geschichte festgehalten und die von vier anderen, hochmotivierten Jugendlichen mit erstaunlichen Geschäftsideen. Er schreibt über Risiken, Marketing, Finanzen, Motivation und lebenslanges Lernen. Und durchdenkt die Idee einer Marketingagentur für die Generation Z. "Das ist doch viel besser, wenn jemand im Alter der Zielgruppe das Marketing für Unternehmen macht", ist er sich sicher - und entwirft schon mal die Homepage für seine Firma.

Dem Zuhörer wird fast schwindelig, wenn er den jungen Mann reden und planen hört. Er brauche nur fünf bis sechs Stunden Schlaf, erzählt dieser, das komme den vielen Aktionen natürlich entgegen. Aber die entscheidendste Motivation ist, dass er tief in sich drin weiß: Er kann etwas bewegen. Mit 14 hat er sich zusammen mit der ehemaligen Jugendbeauftragten Monika Raml einen Termin bei der Gaimersheimer Bürgermeisterin geben lassen, beim Gemeinderat einen Antrag auf einen Inlinehockey-Platz gestellt und gleich auch eine Kostenaufstellung beigefügt. Bürgermeisterin Andrea Mickel berichtet: "Johannes ist total rührig und voller Tatendrang, vor allem, um für andere etwas zu verbessern. Ganz so schnell ging es zwar nicht mit dem Inliner-Platz. Da kann nicht einfach mal ein Stück Land asphaltiert werden, auch Untergrund und Wasserablauf müssen stimmen. Aber nun ist er fast fertig und zeigt: Es lohnt sich, sich zu engagieren."

Johannes schüttelt fast immer noch ungläubig den Kopf, wenn er auf das Inlinehockey-Spielfeld blickt. Dieses Erlebnis hat ihn gepolt und einen Schalter in ihm umgelegt. "Es ist viel mehr machbar, als man so glaubt, egal, ob als Jugendlicher oder als Erwachsener", davon ist er überzeugt. "Das ist eine Einstellungs- und Motivationssache. Auch die Ausrede ?keine Zeit' gibt es nich. Was einem wichtig ist, das kann man hinbekommen."

Wofür schlägt Johannes Herz am meisten? Er zögert keine Sekunde: "Ich stehe morgens auf und freue mich auf die Arbeit. Das ist einfach genial." Ganz am Anfang habe er schon das Gefühl gehabt, nur eine Nummer zu sein. Aber das ändere sich schnell, wenn man mitmacht, Ideen hat und die auch vorstellt. Dafür darf er von April bis Juli als Azubi im zweiten Lehrjahr sogar den Audi-Standort in Györ in Ungarn kennenlernen.

Als er kurz innehält und nochmal auf die Frage nach den wichtigsten Dingen in seinem Leben zurückkommt, muss er sich korrigieren: Auf Platz eins stehen doch Familie und Freunde, die ihm zuhören, ihn ernst nehmen, unterstützen und motivieren, wie er sagt. Dann kommt der Arbeitgeber und Platz drei belegt sein Dasein als DJ. "Ich lege auf, die Leute tanzen, das macht einfach Spaß, anderen mit meiner Musik einen schönen Abend zu machen", fasst Johannes zusammen. Ab Rang vier "spaltet sich sein Herz": Denn neben seinen laufenden Projekten warten noch 1000 andere.

Anne Gülich