Ingolstadt
Stiller Protest gegen Rassismus

Über 100 Ingolstädter, darunter viele Politiker, gedenken der Opfer des Anschlags in Hanau

21.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:49 Uhr
Über 100 Ingolstädter haben sich am Freitagabend zu einem stillen Gedenken auf dem Carraraplatz versammelt. Die SPD hatte dazu eingeladen. Auch viele Politiker - und fast alle OB-Kandidaten - sind gekommen. −Foto: Hauser

Ingolstadt - "Der Hass ist für alle sichtbar - sie müssen nur hinsehen", steht auf einem Zettel, von einer Grabkerze beschwert.

 

Darüber bilden Teelichter das Wort "Hanau". Gut 100 Ingolstädter drückten Freitagabend auf dem Carraraplatz schweigend ihr Mitgefühl mit den Opfern des Anschlags in Hessen aus. Ein Deutscher hatte am Mittwochabend in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen, bevor er seine Mutter und sich selbst tötete. Anlass für die Ingolstädter SPD, zu einem "stillen Gedenken" einzuladen.

Auch fast alle OB-Kandidaten sind gekommen. CSU-Amtsinhaber Christian Lösel ist wegen des Besuchs von Ministerpräsident Markus Söder zur selben Zeit in Ingolstadt verhindert (siehe Bericht unten). Es sei ein stilles Gedenken, Reden gebe es nicht, sagt der SPD-Bewerber Christian Scharpf. Das ist im Sinne aller anwesenden Politiker verschiedener politischer Couleur. Nur ein Satz fällt offiziell: "Wir verneigen uns vor den Opfern und setzen ein Zeichen gegen Rassismus und gegen Menschenhass. " Wer ihn ausspricht, ist Nebensache.

Die "Omas (und Opas) gegen Rechts" tragen Plakate gegen Rassismus. Und drücken wie alle ihren Protest und ihre Trauer schweigend aus. Die meisten Teilnehmer halten eine Kerze in der Hand, die sie später in der Mitte abstellen. Die Stille ist fast greifbar, die Innentüre der VHS, die manchmal auf- und zugeht, wirkt da fast wie Donnergrollen.

Schriftlich, über eine Pressemitteilung der Stadt verbreitetet, verurteilen Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger und der Migrationsrat der Stadt den Anschlag in Hanau: "Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der vielen Opfer. Wir sind in Gedanken bei ihnen und hoffen, dass unser Mitgefühl den Angehörigen etwas Trost spendet und ihnen Kraft gibt", wird Gumplinger darin zitiert. Die Stadt bringt mit einer Trauerbeflaggung am Ingolstädter Rathaus Trauer und Bestürzung über den Anschlag zum Ausdruck. "Wir denken an die Familien, Freunde und Bekannten der Ermordeten und sprechen ihnen unsere tiefe Anteilnahme aus", ging OB Christian Lösel bereits am Donnerstagabend im Rahmen einer Veranstaltung auf die aktuellen Ereignisse ein. "Wir alle stehen für die Rechte und die Würde eines jeden Menschen in unserem Land und wehren uns mit Entschiedenheit gegen alle, die versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten. " Gumplinger wünscht sich "eine tolerante Welt, in der kein Platz für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sei. Wir positionieren uns ganz klar gegen Hass und Ausgrenzung. " An diesem Samstag findet um 16 Uhr auf dem Theatervorplatz eine Mahnwache statt. Organisiert wird sie von den türkischen Moscheegemeinden. In Ingolstadt leben Menschen aus über 150 Nationen. "Wir leben hier friedlich und in großem gegenseitigen Respekt zusammen", so die Stadt, "unabhängig von Herkunft und Religion. "

DK

Ruth Stückle