Ingolstadt
Sorgenvoller Blick gen Süden

Coronavirus in Italien: Ärzte und Behörden in der Region sind alarmiert - Stadt sieht keinen Anlass zur Panik

24.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:52 Uhr
  −Foto: Klinikum Ingolstadt

Ingolstadt - Der Karneval in Venedig wurde abgesagt, die Zugverbindung nach Österreich für kurze Zeit unterbrochen: Nach dem Ausbruch von Sars-CoV-2 in Italien geht auch in der Region die Angst vor einer Ausbreitung des neuartigen Coronavirus um - denn es ist Urlaubszeit, viele verbringen die Faschingsferien in Italien oder Österreich.

 

In Ingolstadt gebe es allerdings keinen Anlass zur Panik, sagt Stadtsprecherin Ingrid Schmutzler: "Wenn etwas ist, stehen alle bereit. " Eine Alarmierungskette sei schon lange eingerichtet, Integrierte Leitstelle, Klinikum und das städtische Gesundheitsamt arbeiten im Fall eines Ausbruchs eng zusammen. Schmutzler verweist außerdem auf die offiziellen Informationen des Robert Koch Instituts (RKI) und der Gesundheitsministerien in Bayern und Berlin. Daran habe sich auch mit dem Ausbruch in Italien nichts geändert.

Für Anton Böhm, den Sprecher des Hausärztekreises in Ingolstadt, ist es am wichtigsten, dass die Patienten für die Gefahren des Virus sensibilisiert werden. Böhm wäre es am liebsten, so sagt er, wenn potenziell infizierte Patienten erst einmal anrufen, bevor sie in die Praxis gehen - um Personal und andere Patienten vor einer Ansteckung zu schützen. Der Arzt hat in allen seiner fünf Gemeinschaftspraxen angeordnet, dass Masken ausliegen und Patienten zunächst gefragt werden, ob sie im Ausland waren und welche Symptome sie hätten - und auf Abstand zu Angestellten und anderen Praxisbesuchern gehalten werden.

"Ich gebe den Österreichern recht, dass Italien die Situation ein bisschen unterschätzt hat", sagt Böhm. Auch an deutschen Flughäfen gebe es keine umfangreichen Kontrollen. "Ich glaube, dass es uns noch Sorgen machen wird. " Auch er selbst hat ein wenig Sorge: "Wenn der Doktor krank wird, ist dem Patienten nicht geholfen. " Deshalb müssten er und seine Kollegen auch stark auf sich achten. Derzeit sei in den Praxen sehr viel los - hauptsächlich werden die Wartezimmer jedoch von Patienten mit der normalen Influenza und grippalen Infekten bevölkert.

 

Böhm berichtet darüber hinaus von einem Verdachtsfall aus der vergangenen Woche: Ein Chinese, der weder gut Deutsch noch Englisch gesprochen habe, sei mit Symptomen des Coronavirus in die Praxis in der Harderstraße gekommen. "Die Versorgung hat aber sehr gut funktioniert. " Der Mann sei in Absprache mit dem Gesundheitsamt zunächst isoliert, dann abgeholt und auf eine Quarantäne-Station im Klinikum gebracht worden - bis die Ärzte Entwarnung geben konnten: Es war eine "normale Grippe". Vom Coronavirus hatte der Asiate noch nie etwas gehört, sagt Böhm und betont erneut, wie wichtig Aufklärung in dieser Situation sei. In der Praxis in der Goethestraße liegt deshalb auch ein Infoblatt zu Grippe und Coronavirus aus.

Am Klinikum Ingolstadt gibt es das Institut für klinische Infektiologie und Hygiene. Dort wurde laut Auskunft von Klinikumssprecherin Katja Vogel eigens zum Umgang mit dem Coronavirus ein sogenanntes standardisiertes Verfahren erarbeitet: "Es legt nicht nur fest, was bei Verdacht auf eine Infektion mit dem Virus zu beachten ist, sondern auch, wie vorzugehen ist, wenn eine Corona-Infektion nachgewiesen ist - von der Diagnostik bis hin zu Hygiene- und Schutzmaßnahmen. " Das Verfahren orientiert sich an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, teilt die Sprecherin mit. "Dazu gehört unter anderem die Isolation der Patienten unter strengen Hygienemaßnahmen sowie die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung des speziell für diese Fälle geschulten Personals. "

Zudem verfüge das Klinikum über einen Pandemieplan, der überprüft und aktualisiert wurde. Auch seien die Pflegekräfte speziell zu diesem Thema geschult, persönliche Schutzausrüstung stehe "in ausreichender Menge" zur Verfügung. "Verbrauchte Materialien werden großzügig nachbestellt, um keine Engpässe aufkommen zu lassen", teilt Vogel mit.

Wer sich mit Schutzmasken für zu Hause eindecken möchte, könnte Pech haben; denn in einigen Ingolstädter Apotheken sind Schutzmasken rar, wie eine telefonische Umfrage zeigt: Der Großhändler komme mit der Produktion nicht nach, heißt es des öfteren. Der Sprecher der Ingolstädter Apotheker, Christian Pacher, sagt: "Unser Behörden arbeiten vorbildlich zusammen, deshalb sehe ich keinen Grund zur Beunruhigung. " Er warte noch auf Informationen von übergeordneten Behörden, wie etwa der Landesapothekerkammer. Masken kaufen bei ihm vor allem Mitarbeiter von großen Firmen, die beruflich nach China müssen, sagt er. Übermäßig viele seien es jedoch nicht.

Auch Urlauber beschäftigt das Virus. Andreas Lenger vom First Reisebüro in der Donaustraße spürt, dass die Nachfrage nach Asienreisen deutlich zurückgehe. Erst gestern sei die China-Reise einer 16-köpfigen Gruppe storniert worden. Die Anfragen zu Stornierungen oder Umbuchungen häufen sich, wie Lenger sagt. Vor allem gehe es den Kunden darum, sich zu informieren. "Italien ist noch zu jung, als dass wir das spüren würden", sagt er.

DK

Julian Bird