Ingolstadt
"Das gibt auch Jüngeren eine Chance"

FW-Chef Peter Springl über seine verkleinerte Fraktion und den Einfluss von Facebook auf die Wähler

22.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:49 Uhr
"Der Wähler lässt sich nicht nur durch Facebook-Posts und kurzfristige Stimmungen beeinflussen": FW-Fraktionschef Peter Springl vor dem Turm Baur. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Nach dem Schrumpfungsprozess der Freien Wähler sind Mehrheiten für die Rathauskoalition von CSU und FW im Stadtrat keine Selbstverständlichkeit mehr wie noch zu Beginn der Wahlperiode.

Ohne Hilfestellung aus anderen Parteien von Fall zu Fall geht nichts mehr. Peter Springl, inzwischen nur noch Chef einer Dreimann-Fraktion, wirkt aber nicht unglücklich darüber, dass die ehemaligen FW-Senioren Sepp Mißlbeck und Gerd Werding sich unter dem neuem Namen UDI formiert haben.

Herr Springl, vor fünf Jahren waren die Freien Wähler mit zehn Stadträten in der Rathausfraktion vertreten, heute sind es noch drei. Sind die Freien Wähler dabei, sich selbst zu zerlegen?

Peter Springl: Die zehn damals wurden uns ja nicht vom Wähler zugesprochen, sondern es waren acht plus zwei (die Übertritte von Andreas Schleef und Franz Götz, d. Red. ). Bei der letzten Wahl hatten wir fünf, es hätten auch sechs werden können, wenn es das Auszählungsverfahren gewesen wäre, das bei der nächsten Kommunalwahl angewandt wird. Aber es hilft alles nichts, darüber zu reden, es haben sich halt zwei von den Freien Wählern verabschiedet. Ich glaube aber nicht, dass es uns langfristig schadet, weil wir uns dadurch auch strukturell verändern können. Man sieht es auch daran, dass wir eine Politik machen, wo wir auf bestimmte Dinge keine Rücksicht mehr nehmen müssen, auf die wir vorher Rücksicht nehmen mussten.

Auf welche Dinge?

Springl: Ich kann nur ein plakatives Beispiel sagen. Bei den Pollern, da war immer ein schneller Autofahrer der Bremser.

Sie sprechen von strukturellen Veränderungen nach der Trennung von Sepp Mißlbeck und Gerd Werding. Was ist damit gemeint?

Springl: Ja gut, wir sind jetzt deutlich jünger aufgestellt. Das gibt auch Jüngeren die Chance, nachzurücken und in den Stadtrat einzuziehen. Schauen Sie sich mal andere Parteien an, die schaffen das nicht. Das sehe ich durchaus als Chance. Dadurch werden für die nächste Kommunalwahl auch quasi Plätze frei, die ansonsten durch. . .

. . . verdiente Senioren. . .

Springl: . . . durch andere belegt wären.

Sie werden als Spitzenkandidat bei der Wahl 2020 sicher wieder antreten wollen.

Springl: Diese Frage stellt sich derzeit noch nicht. Da haben Sie mir was in den Mund gelegt. Auf Suggestivfragen antworte ich nicht mehr, früher schon, jetzt nicht mehr. Ich denke, man wird sich da etwa ein Jahr vor der neuen Legislatur festlegen. Gedanken machen wir uns immer.

Wir sitzen hier vor dem historischen Turm Baur, etwa an der Stelle, an der die Wirtschaftsschule mit ihrem ersten Erweiterungsbau beginnen wollte. Vor der Sommerpause ein heißes Thema im Stadtrat, weil Sie sich querstellten. Ihre Ex-Kollegen Mißlbeck und Werding vermuteten eine Retourkutsche Ihrerseits, weil UDI-Stadträtin Dorothea Soffner bei der Schule beruflich engagiert ist. Warum waren Sie dagegen?

Springl: Die Wirtschaftsschule muss man im Gesamtzusammenhang mit der Stadtentwicklung und dem Glacis sehen. Wir hatten in relativ kurzer Zeit drei Bauvorhaben, die den Bereich, in dem der Bebauungsplan Glacis vorgesehen ist, schon tangieren. Zum Beispiel die FOS/BOS mit der vollen Ausnutzung des Grundstücks auf der Schanz in der Grünfläche, dann die Nepomuk-von-Kurz-Schule mit dem Baukörper höher als der Baukörper der Feuerwehr, der beantragt war, dann auch die Wirtschaftsschule. Die grundsätzliche Frage war, wie wird sich die Stadt entwickeln, weil das nicht bei der Wirtschaftsschule enden wird. Es gibt auch andere, die Bedarfe haben, Polizeibehörden, Justizbehörden, nur um Beispiele zu nennen. Uns geht es darum, dass nicht nur ein Baukörper die nächsten zehn Jahre steht, sondern dass wir uns auch strukturell Gedanken machen, ob es richtig ist, in diesem Bereich zu erweitern oder ob man nicht an eine andere Stelle gehen soll. Da muss man sich aber auch um Grundstücke bemühen. Die Variante, an der wir jetzt sitzen, war uns einfach zu schnell geschossen.

Haben Sie das Thema nicht vorher abgesprochen, dazu ist ja wohl unter anderem die Koalitionsrunde da?

Springl: Es ist was abgesprochen worden. Aber was dann vor Ort abgesprochen wurde, war nicht damit kongruent.

Und die Lösung, die jetzt für die Wirtschaftsschule gefunden wurde, ist für Sie akzeptabel?

Springl: Die Lösung ist entschieden durch eine breite Mehrheit im Stadtrat. Allerdings fordert sie auch eine gute Architektur ein. Wenn das umgesetzt wird, ist es vertretbar.

Bis zur Kommunalwahl sind es keine zwei Jahre. Hält die Koalition mit der CSU noch so lange?

Springl: Ich wüsste nicht, warum die Koalition nicht bis 2020 halten sollte. Sie macht eine für die Stadt außerordentlich erfolgreiche Politik. Wir bringen Dinge durch, obwohl wir rechnerisch keine Mehrheit haben. Wenn man das Grobe betrachtet, kann keiner sagen, dass sich die Stadt schlecht entwickelt. In dem Punkt sind wir hervorragend aufgestellt, und das ist auch der Koalition - ich würde nicht sagen anzulasten, der Koalition zuzuschreiben.

Erfolge werden aber erfahrungsgemäß in Koalitionen vom Wähler nicht dem kleinen Koalitionspartner gutgeschrieben.

Springl: Erfolge werden immer zusammen erwirtschaftet, Misserfolge hat der größere Partner zu vertreten (lacht).

Ob das die Ingolstädter Wähler 2020 auch so sehen?

Springl: Der Wähler ist intelligenter als Sie denken. Der Wähler lässt sich nicht nur durch Facebook-Posts und kurzfristige Stimmungen beeinflussen. Das zwar auch, aber es gibt durchaus eine große Wählerschaft, die davon losgelöst ist.

Die Facebook-Aktivitäten der Opposition scheinen auch eine große Rolle bei der Verschlechterung des Klimas zu spielen, wie sich im Interview mit Ihren Kollegen von der SPD, den Grünen, BGI und ÖDP gezeigt hat. Wo sehen Sie die Ursachen?

Springl: Ich kann mir vorstellen, dass die Preisgabe von Informationen aus nichtöffentlichen Sitzungen, die der Stadt definitiv schaden, dazu beigetragen hat. Zum Beispiel wenn man Informationen von jemand weitergibt, von dem man weiß, dass die Stadt mit ihm in einem Rechtsstreit liegt, oder wenn jemand diese Informationen zum Schaden der Stadt verwenden will. Das trägt zu einem großen Teil verdeckt zum derzeitigen Klima bei. Ich glaube, dass sich das bis zum Ende der Legislatur nicht signifikant verbessert, weil wir jetzt irgendwann in den Wahlkampfmodus kommen werden. Wie es in der nächsten Legislatur aussieht, das möge der Wähler entscheiden.

Die Fragen stellte

Reimund Herbst.