Ingolstadt
"So ein eklatanter Fall muss Folgen haben"

Kulturausschuss diskutiert über das "Millionending" in der Ochsenschlacht - und sieht Stadt zähneknirschend in der Pflicht

13.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:47 Uhr

Ingolstadt (DK) "Mit der Faust in der Tasche", "äußerst ärgerlich", "mit Bauchschmerzen" - solche und ähnliche Unmutsäußerungen gab es gestern durch die Bank im Kultur- und Schulausschuss des Stadtrates, als es um die hohen Kosten für die geplante Sanierung des Schießkellers im Schul- und Sportzentrum in der Ochsenschlacht ging.

Die veranschlagten rund 3,3 Millionen Euro (DK berichtete gestern) behagen offenbar niemandem unter Ingolstadts Kommunalpolitikern, doch andererseits will sich auch niemand über den Vertrag, den die von dem kostspieligen Projekt profitierenden Königlich privilegierten Feuerschützen einst mit der Stadt geschlossen haben, hinwegsetzen.

SPD-Ausschusssprecher Manfred Schuhmann ließ ein wenig von seinem Latinum aufblitzen, um die Grundhaltung seriöser Stadtratsarbeit zu illustrieren: "Pacta sunt servanda" ("Verträge sind einzuhalten"), streute er in die lebhafte Diskussion ein. Auch andere Ausschussmitglieder quer durch die Fraktionen und Gruppierungen hatten dem Tenor nach in diese Richtung argumentiert: Ja, man habe größte Bedenken angesichts exorbitanter Investitionen für eine vergleichsweise kleine Schar von Nutznießern. Und abermals ja: Man komme an den Ausgaben aus rechtlichen Gründen nicht vorbei.

Wie in der DK-Mittwochsausgabe ausführlich dargestellt, verfügen die Feuerschützen, ihres Zeichens ältester Verein der Stadt, über ein dickes Faustpfand. Weil sich die Stadt 1974 notariell beglaubigt darauf eingelassen hat, dem Verein im Gegenzug für ein abgetretenes Grundstück (es soll 3,1 Hektar groß gewesen sein) dauerhaft eine funktionstüchtige Schießanlage in der Ochsenschlacht zur Verfügung zu stellen, kommt sie nach Einschätzung des Rechtsamtes nicht mehr darum herum, nun auch die den neuen Anforderungen des Schützenbundes entsprechenden Umbauten zu finanzieren.

Rechtsamtsvertreter Wolfgang Huber erläuterte den Kulturpolitikern eingehend jene Lage, die jetzt durchweg als verfahren angesehen wird, an der sich aber angeblich juristisch nicht mehr rütteln lässt. Die Stadt habe dies 2014 zwar mittels zweier Gerichtsverfahren versucht, sei aber in erster Instanz gescheitert und habe dann eine Berufung vor dem Oberlandesgericht mangels Erfolgsaussichten zurückgezogen. Es handelt sich laut Huber beim Anspruch der Schützen um ein "dingliches Benutzungsrecht", das im Grundbuch verbrieft sei. Der Jurist: "Das hat praktisch Ewigkeitscharakter. "

Man habe sich ausgiebig mit der Thematik befasst und es sich nicht leicht gemacht, letztlich zuzustimmen, machte CSU-Sprecher Hans Achhammer in der gestrigen Runde die Position der Christsozialen deutlich. Angesichts der fraglos hohen Kosten und erwartbarer Kritik in der Öffentlichkeit nun doch noch das Ruder herumzureißen, sei praktisch unmöglich: "Wir können nicht einen ungültigen Beschluss fassen. "

Dorothea Soffner (UDI) merkte allerdings an, dass es bis zu einem Stadtratsbeschluss (geplant für den 28. Juni) doch noch einige Informationen einzuholen gelte. Sie möchte zumindest wissen, wie viele Aktive der Schützenverein (rund 160 Mitglieder) hat, wie seine Altersstruktur ausschaut und ob es überhaupt eine nennenswerte Nachwuchsarbeit gibt. "Wenn wir schon so viel Geld versenken", so die Stadträtin, dann müsse zumindest auch die Zukunftsfähigkeit des Vereins überprüft werden.

Barbara Leininger (Grüne) wollte die offenbar unangreifbare rechtliche Situation zwar nicht ausgeklammert sehen, mahnte aber Konsequenzen an: "Wir können nicht ja sagen und dem dann nichts folgen lassen. So ein eklatanter Fall muss Folgen haben; da muss sich etwas ändern! " Rein politisch betrachtet könne man diesen hohen Ausgaben nicht zustimmen. Manfred Schuhmann wünschte sich noch einige weitere Informationen zur Vorgeschichte dieses finanziellen Abenteuers, zum Beispiel zum Wert der seinerzeit vom Verein erworbenen Grundstücke. Raimund Köstler (ÖDP) gab zu bedenken, dass auch beim Schützenverein Verärgerung entstanden sein könne, weil die Stadt die gewünschten Modernisierungen womöglich zu lange verschleppt habe.

Joachim Genosko (CSU) erinnerte daran, dass die Stadt dem Verein vor Jahren alle möglichen Vorschläge - vom Neubau bis zur Kooperation mit anderen Schützen - gemacht habe, um die jetzige heikle Situation zu umschiffen. Allerdings hätten sich die "Privilegierten", die sich übrigens angeblich seit sieben Jahren gegenüber der Stadt anwaltlich vertreten lassen, auf keine einzige Offerte eingelassen.

Zu einer klaren Abstimmung kam es im Kulturausschuss nicht, doch war eine allgemeine widerwillige Zustimmung zum "Millionending" unverkennbar. Das Thema wandert nun zunächst in den Finanzausschuss.

Bernd Heimerl