Pack den Wasserstoff in den Tank

Aktionstag der Stadt beschäftigt sich mit Antriebstechnologien der Zukunft - Heute fällt Entscheidung über Fördermittelantrag

11.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:24 Uhr
Wie per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird, erklärt Christian Geisbauer, Mitarbeiter von Carissma, Besuchern beim Wasserstoff-Aktionstags. Am Vormittag war ein Fachpublikum geladen, am Nachmittag konnten sich alle Bürger informieren, unter anderem auch bei einer Podiumsdiskussion (unten l.). OB Christian Lösel (unten r.) war mit der Ape vorgefahren. −Foto: Hauser, Rössle (2)

Ingolstadt - Mit einem ganz besonderen Gefährt kam Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) am Dienstag zum Termin ins Living Lab in der Ludwigstraße: Er hatte sich die Piaggio Ape 50 der Firma Bertrandt ausgeliehen, die statt mit Verbrennungsmotor mit Elektroantrieb und zur Reichweitenverlängerung zusätzlich mit einer Brennstoffzelle läuft.

"Eine tolle Technologie, die Sie da entwickelt haben", lobte Lösel die Firma.

Die Stadt hatte verschiedene Experten und Vertreter aus Politik und Wirtschaft und am Nachmittag auch Bürger zu einem Aktionstag eingeladen, um über den aktuellen Stand der Wasserstoff-Technolgie und das regionale Wasserstoff-Konzept zu informieren. Hinter der Bezeichnung IN2H2 verbirgt sich der Name der Bewerbung der Stadt als Modellregion für Wasserstoff. Der Bund hat über eine Tochterfirma nämlich Fördermittel ausgelobt, für die sich Städte und Regionen in mehreren Abstufungen bewerben können. Am heutigen Mittwoch fällt die Entscheidung, ob Ingolstadt als eine von fünf Regionen 300000 Euro Fördermittel erhält.

Damit sollen zunächst einmal Erstellung und Berechnung konkreter Projektideen finanziert werden, deren Verwirklichung dann in einer weiteren Förderstufe unterstützt werden könnte. Im Fall der Stadt gibt es die Überlegung, die Flotte an Bussen, Müll- und Kehrfahrzeugen auf Wasserstoffantrieb umzurüsten. In einem Übergangsschritt, so erzählte es IFG-Vorstand Georg Rosenfeld, könnte man dafür auf den überschüssigen Wasserstoff der Firma Gunvor zurückgreifen - bis es anderweitig möglich sei, CO2-neutral Wasserstoff herzustellen. Als erstes müsse man aber beispielsweise konkret überlegen, wie man die Nutzfahrzeuge betankt. Eine Tankstelle gibt es in der Stadt (in der Manchinger Straße), die allerdings nur für Pkw da ist. Die Stadt werde eine Bürgerbeteiligung starten, sagte Rosenfeld. Da werde man Lösungen finden. Das Bundes-Förderprogramm, erklärte Vertreter Tobias König, sei jedenfalls jetzt schon ein richtiger Erfolg. Denn deswegen hätten sich bundesweit rund 135 Regionen aktiv mit der Technologie beschäftigt - ganz im Sinne der Bundesregierung.

Noch fehlt es aber an der notwendigen Infrastruktur. Ganze 75 Wasserstoff-Tankstellen gibt es im Bundesgebiet. Es dürfte eine Aufgabe sein, das Ziel des Bundes von 400 Tankstellen bis 2023 zu erreichen. Für die verschiedenen Wasserstoff-Experten, die sprachen, war es aber keine Frage, dass es sich im Sinne einer saubereren zukunftsgerichteten Technologie in diese Richtung entwickeln muss. "Das ist unsere Antwort auf Diesel-Gate", sagte etwa Lutz Tesmer von der Faun Services GmbH. Sein Unternehmen - Projektpartner der Stadt Ingolstadt - stattet Mercedes-Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb und Brennstoffzelle aus und schickt sie unter anderem zum Müllsammeln auf die Straße. Die Reichweite der Elektrobatterie reiche für gerade einmal 20 Kilometer, mit Wasserstoff lasse sie sich allerdings um bis zu 300 Kilometer erweitern.

Bis zu 120 Kilometer Reichweite hat die umgebaute Ape von Bertrandt - die bei der Landesgartenschau 2020 zum Einsatz kommen soll. Antriebsentwicklungs-Chef Thomas Krabatsch gab den Zuhörern schon einmal einen Ausblick auf das, was er sich vorstellen könnte: selbst zu Hause den Wasserstoff herstellen und diesen energieintensiven Vorgang durch Solarmodule auf dem Dach CO2- neutral gestalten. Dass die Brennstoffzelle nicht nur zur Fortbewegung dient, demonstrierte Björn Ledergerber von der Firm SFC Energy AG aus Brunthal. Seine Firma verkauft Notstromaggregate in allen Größen, die von Rettungskräften ebenso genutzt werden können wie von Campern oder der Autobahnmeisterei zur Videoüberwachung. "Kompakt, leise, umweltfreundlich" sei die Technologie, lobte Ledergerber. Und obendrein leistungsfähig und wartungsarm.

Leider, so dachte sich mancher Zuhörer, warf Ledergerber keines seiner mitgebrachten Geräte an, um zu heizen. Es war nämlich bitterkalt im Raum.

tsk