Baar-Ebenhausen
Ortskerne: Veränderungssperre aufgehoben

Gemeinderat will dörflichen Charakter erhalten - aber keine großen Bebauungspläne

21.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:55 Uhr
Der Blick aus der Vogelperspektive zeigt: In Baar-Ebenhausen gibt es noch viele unbebaute Grundstücke. −Foto: Schalles/Archiv

Baar-Ebenhausen - Einstimmig hat der Gemeinderat Baar-Ebenhausen die Veränderungssperre für die Ortskerne von Baar und von Ebenhausen aufgehoben.

Um den dörflichen Charakter zu erhalten, setzt die Gemeinde auf eine Bauleitplanung für kleinere Flächen, die Stellplatzsatzung und die Beratung der Bauwerber.

Vor gut zwei Jahren hatte die Gemeinde die Veränderungssperren für die beiden Ortskerne erlassen. Grund waren die teilweise sehr großen früheren Hofstellen, die aufgegeben wurden: Statt der bisherigen Landwirtschaft soll dort künftig oftmals Wohnbebauung entstehen. Um nun eine vernünftige Nachverdichtung zu erreichen und den Abbruch von Gebäuden oder wesentliche Veränderungen von Grundstücken zu verhindern, machte die Gemeinde von diesem Mittel des Baugesetzbuches Gebrauch.

Parallel dazu sollte für die zwei Innenbereiche jeweils ein einfacher Bebauungsplan aufgestellt werden. Doch damit war es freilich nicht getan: Wie sich herausstellte, kamen bei den Berechnungen höchst unterschiedliche Werte für die einzelnen Grundstücke heraus,. So würden schon bei einer Grundflächenzahl von 0,2 (20 Prozent eines Areals dürfen überbaut werden) "riesige Entwicklungspotenziale bestehen, was aus städtebaulicher Sicht kritisch zu sehen ist", so die Verwaltung in ihrer Vorlage.

Auch die zweite Variante, die der Stadtplaner Eberhard von Angerer im Auftrag der Gemeinde untersucht hatte, erwies sich als nicht zielführend. Wie Berechnungen ergaben, könnten auf größeren ehemaligen Hofstellen in den Ortskernen bis zu 26 Wohnungen entstehen. "Das würde vermutlich dazu führen, dass Grundstückseigentümer verstärkt ihre Grundstücke vermarkten wollen, was dem Ziel einer behutsamen Nachverdichtung widerspricht", lautet das Fazit der Verwaltung, zumal es bereits Präzedenzfälle mit einer als kritisch eingestuften Nachverdichtung gibt.

Eine dritte Variante wäre ein einfacher Bebauungsplan mit Festsetzung von Baugrenzen, Grünflächen und Verkehrsflächen. Doch laut Verwaltung akzeptiert das Landratsamt nur normale Bebauungspläne, was für beide Ortskerne Kosten von über 300000 Euro verursachen würde - Umweltbericht und Naturschutzgutachten noch nicht mitgerechnet. "Da muss jedes Grundstück angeschaut werden, das ist ein enormer Planungsaufwand", räumte von Angerer ein - zu viel für Baar-Ebenhausen.

"Wir haben dann zwei große Bebauungspläne, aber wo ist der Gewinn für die Gemeinde? ", wollte Bürgermeister Ludwig Wayand vom Gremium wissen. Man würde insgesamt wohl eine halbe Million Euro ausgeben, aber nicht wissen, wie viele Grundstücke dann tatsächlich neu überbaut werden. Daher der Vorschlag, die Veränderungssperre aufzuheben und auf ein Bauleitplanverfahren zu verzichten. Und mit der neuen Stellplatzsatzung (zwei Stellplätze je Wohnung) habe sich die Situation bereits deutlich verbessert.

Stadtplaner von Angerer wies außerdem auf Möglichkeit kleinerer Bebauungspläne zum Erhalt dörflicher Strukturen hin - theoretisch könnte der Gemeinderat sogar einen Bebauungsplan für ein einzelnes Grundstück erlassen. Baurecht kann auch aufgehoben werden, wenn sieben Jahre nichts passiert. Ganz wichtig ist für von Angerer auch die Beratung der Bauwerber, womit viele Konflikte im Vorfeld verhindert werden könnten.

Wayand ist zuversichtlich, dass es mit den allermeisten Bauherren keine Probleme geben wird, denn das Ziel der Gemeinde sei die Einigung. Dagegen erwartet Norbert Ettenhuber (Grüne), dass sich in Baar-Ebenhausen künftig viel tun wird. Gerade bei Erbengemeinschaften würden gute Worte allein jedoch nicht reichen. "Die Gemeinde hat keinen Einfluss auf die Gestaltung", kritisierte er weiter. Er befürchtet Probleme vor allem mit Bauträgern und den Verlust des dörflichen Charakters. Seine Grünen-Mitstreiterin Brigitta Winkelmann wollte es genau wissen: "Wie können wir den dörflichen Charakter erhalten? " Ihr Vorschlag: Bauen im Bestand. Dafür will sie Infos über ein bereits bestehendes Projekt einholen. Wayand sagte zu, klären zu lassen, ob und wie ein Zwang zum Erhalt der Strukturen möglich ist. "Aber wenn es einer darauf anlegt, wird das sehr, sehr schwer", prophezeit der Rathauschef. Sein Stellvertreter Christian Aschenbrenner (CSU) kritisierte den Verbotscharakter und forderte stattdessen, für die Bauwerber Anreize zu schaffen.

DK

Bernhard Pehl