Baar-Ebenhausen
Neuausrichtung beim Hochwasserschutz

Kosten laufen aus dem Ruder: Baar-Ebenhausen vereinbart Zahlungsmoratorium von fünf Jahren

19.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:25 Uhr
  −Foto: Gemeinde Baar-Ebenhausen

Baar-Ebenhausen - Zwei große Themen bestimmten die jüngste Gemeinderatssitzung in Baar-Ebenhausen: die Planung für ein großes Grundstück an der Sudetenstraße und der Hochwasserschutz.

Auf dem Areal einer ehemaligen Schreinerei im Ortsteil Ebenhausen-Werk möchte ein Investor insgesamt rund 50 Wohnungen errichten, zehn in einem Reihenhaus, die übrigen in Mehrgenerationenhäusern. Die Planungen sehen jeweils zwei Voll- und ein Dachgeschoss vor, rund 100 Stellplätze sowie ein Blockheizkraftwerk für Strom und Wärme. Der Verzicht auf Keller und Tiefgaragen sowie eine standardisierte Bauweise sollen die zum Verkauf stehenden Wohnungen vergleichsweise günstig und so auch für Familien und Geringverdiener erschwinglich machen.

Durch die Bank haben die Gemeinderäte den Bau von Wohnungen auf einem ehemaligen Gewerbegebiet begrüßt. An den Planungen gab es aber fraktionsübergreifend Kritik: zu eng, zu dicht, zu viele Wohnungen, zu wenig Grün. "Wir sind kein Vorort von Ingolstadt", brachte es 2. Bürgermeister Christian Aschenbrenner auf den Punkt. Auch die Rodung des teils stattlichen Baumbestands wollen viele Räte so nicht hinnehmen. Rathauschef Ludwig Wayand regte an, die Nutzung der Abwärme der GSB zu prüfen.

Der Hochwasserschutz war das zweite große Thema, denn die Kosten laufen hier nicht davon, sie galoppieren förmlich. Sowohl bei Los 4 (Siedlungsstraße) als auch bei Los 5 (Fischer- und Parkstraße) haben sich laut Wayand die Ausgaben gegenüber den ursprünglichen Ansätzen mehr als verdoppelt. Ging die Berechnung im Vorjahr noch von 19,7 Millionen Euro aus, waren es im Januar dieses Jahres alles in allem schon 21 Millionen. Baar-Ebenhausen muss davon immerhin 9,3 Millionen Euro bezahlen. "Wir können so nicht weitermachen", war dem Rathauschef bereits im Oktober des Vorjahres klar, weshalb er im Ministerium vorstellig wurde und Gespräche mit dem Wasserwirtschaftsamt führte. Ein Stopp mitten in der seit 2016 laufenden Bautätigkeit ist laut Wayand für die Behörde völlig undenkbar, zumal die nächsten Abschnitte (Ufer- und Beckerstraße) zu den am meisten gefährdeten Abschnitten gehören. Andererseits hätte die voraussichtlich erforderliche Kreditaufnahme für den Weiterbau "der Gemeinde die Luft zum Atmen genommen", zumal ja noch andere größere Projekte anstehen.

Die Vereinbarung mit dem Freistaat sieht nun ein Moratorium von fünf Jahren vor. Bis 2024 muss die Gemeinde also für den im Jahr 2009 planfestgestellten Hochwasserschutz nichts mehr zahlen. "Das verschafft uns fünf Jahre Luft", so Wayand. 2025 soll die Kostenübernahme dann neu geregelt werden. Zugleich wird weitergebaut und geplant, aber in aller Ruhe und nicht mehr so unter Zeitdruck wie bisher. In zehn Jahren, so Wayands Schätzung, dürfte der Hochwasserschutz dann fertig sein, während die Finanzierung wohl bis ins Jahr 2035 laufen wird. Norbert Ettenhuber (Grüne) plädierte dafür, jährlich "eine Summe x" für den Hochwasserschutz zurückzulegen. Wie Wayand erklärte, sei im Vertrag geregelt, dass die Gemeinde auch in den nächsten Jahren Zahlungen leisten kann, wenn Geld in der Kasse ist.

Weiter stimmte der Gemeinderat einer Vereinbarung für den Unterhalt des Hochwasserschutzes zu. Für 100 Jahre Pflege von Deichen, Wegen oder der Binnenentwässerung bekommt die Gemeinde einmalig gut 400000 Euro - eine Rechnung, die so manchem Gemeinderat wie etwa Karl Schrott (FW) Bauchschmerzen bereitet.

Schließlich soll sich der Freistaat auf Wunsch des Gemeinderats noch mit einer Änderung der ursprünglichen Pläne befassen. Diese Tektur, wie der Fachbegriff lautet, verzichtet im Bereich Stockauer Anger auf Deiche, Düker unter der Paar und eine große Pumpe zur Binnenentwässerung und soll den Hochwasserschutz billiger machen. Stattdessen soll nach den Erfahrungen der vergangenen Überflutungen eine Insellösung angestrebt werden.

Die anderen Tagesordnungspunkte waren schnell erledigt. Der Kinderbereich am Ebenhausener Weiher wurde hergerichtet, die Infrastruktur im Gewerbegebiet Ebenhausen-Nordwest ist fertig und statt eines Geschenkkorbs gibt es künftig bei Alters- und Hochzeitsjubiläen einen Gutschein im Wert von 40 Euro. Die Veränderungssperren für die Ortskerne von Baar und Ebenhausen werden um ein Jahr verlängert und die Grün- und Freizeitanlagen für die neuen Wohngebiete im Westen bis 2021 fertiggestellt (Kosten: 400000 Euro). Nach den Erfahrungen der Starkregenereignisse des Jahres 2017 soll im Baugebiet Getreidelager eine zusätzliche Entwässerungsmulde verhindern, dass Erdgeschosse und Garagen an der Tulpenstraße überflutet werden.

Schließlich werden die Toiletten im Regenbogen-Kindergarten erneuert, nachdem dort seit Jahren immer wieder üble Gerüche auftreten. Mehrere Versuche, die Ursachen zu ergründen, wie Reinigung, Versiegelung, Spülungen und Dichtigkeitstests, führten zu keinem Ergebnis.

DK

Bernhard Pehl