Mit 53 Jahren auf den Laufsteg

19.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:24 Uhr

Lippenstifte sind ihre Leidenschaft: Die 53-jährige Renate Hock aus Augsburg – eine gebürtige Ingolstädterin – tritt beim "ModelContest 40+" des Bayerischen Fernsehens an. Am Sonntag, 28. Oktober, wird sie in der Sendung "Boulevard Bayern" (ab 22.20 im BR) vorgestellt. - Foto: Hiller

Ingolstadt/Augsburg (DK) Sie ist schön, sie hat eine Top-Figur – und sie ist älter, als man es von einem angehenden Mannequin gewohnt ist. Renate Hock aus Augsburg ist 53 Jahre alt und eine der elf Finalisten im derzeit ausgestrahlten "ModelContest 40+" des Bayerischen Fernsehens.

Und dabei wollte Renate Hock am Anfang bei der Casting-Aktion für Frauen und Männer ab 40 Jahren gar nicht mitmachen. Zusammen mit Ehemann Peter sah sie zwar im Fernsehen den Aufruf, doch überzeugt war sie nicht. Erst als am nächsten Tag gute Freunde aus Ingolstadt und dann auch noch der Schwiegervater anriefen, um ihr die Bewerbung schmackhaft zu machen, fasste sie sich ein Herz und schickte noch zwei schnell geschossene Fotos zur Produktionsgesellschaft.

"Ich hatte das Ganze schon vergessen, da bekam ich ein paar Wochen später den Anruf, dass ich eine Runde weiter bin", erzählt die gepflegte Frau, die mit ihren 1,65 Metern gerade noch die Mindestgröße erfüllt. "Ich hab’ eh gedacht, die melden sich wegen meiner Körpergröße nie bei mir. Aber bei älteren Models ist das anscheinend egal." Nach der guten Nachricht hieß es wieder warten, ihr Mann war mittlerweile Feuer und Flamme für die Aktion. Und dann kam der entscheidende Moment. "Als der Anruf kam, dass ich unter den letzten elf von 2000 Bewerbern bin, war ich fassungslos", gesteht die Personalberaterin.

Danach ging alles Schlag auf Schlag: Ein Fernsehteam besuchte Renate Hock in Augsburg und versuchte mehrere Stunden lang, mit der Kamera das Leben der schönen Frau einzufangen: Wie sie mit ihrem Mann Hand in Hand über den Augsburger Markt schlendert. Wie sie in einer Parfümerie Lippenstifte ausprobiert. Wie sie an der Staffelei steht und mit bunter Spachtelmasse hantiert. Wie sie ihrem Mann das Essen serviert. "Die Bude sah danach aus, unfassbar", erzählt Peter Hock, ein gebürtiger Hamburger, lachend.

Der 57-Jährige ist sehr stolz auf seine attraktive Frau, die im Ingolstädter Prinzenviertel als Tochter eines Lokführers aufwuchs. Bei deutschem Schlager und Beatles-Musik lernte er sie im heutigen Kastaniengarten in Oberhaunstadt kennen. Er war damals Diskjockey, sie 16 Jahre alt und durfte mit ihrem Bruder Hans Stückle das erste Mal weggehen. Es war eine schicksalhafte Begegnung, die in eine glückliche, mittlerweile 32 Jahre andauernde Ehe mündete. Die beiden heirateten und bezogen die erste gemeinsame Wohnung im Piusviertel. Renate Hock absolvierte eine Ausbildung als Friseurin, schulte aber später wegen einer Allergie auf Stenokontoristin um. Als Sohn Tobias sechs Jahre alt war, machte sie eine Stippvisite in den Modelberuf. Bei diversen Amateur-Modeschauen lief sie im Ingolstädter Stadttheater über den Laufsteg, auch für einen Modekatalog ließ sich die damals 28-Jährige ablichten.

Starke Familienbande

Doch die zarten Anfänge ihrer Modelkarriere nahmen ein jähes Ende: Ihr Mann bekam nach seinem Pädagogik- und Psychologiestudium ein Stellenangebot bei einem schwedischen Unternehmen, die Familie zog in die Nähe von Hamburg. Die Eheleute machten sich 1991 als Personalberater selbstständig. Anfang 2005 zogen sie dann von Berufs wegen nach Augsburg um, der Sohn blieb in der Nähe von Hamburg. Am 7.7.07 heiratete Tobias – eine große Freude für seine Eltern. Der 28-jährige Betriebswirt telefoniert mehrmals täglich nach Augsburg. Die Familienbande ist stark, auch die Eheleute gibt es meistens nur im Doppelpack. "Wir machen alles zusammen", sagt Peter Hock, der seine Frau unterstützt, wo er nur kann. "Viele haben erst gedacht, unsere Ehe hält nicht so lange, weil wir ständig zusammenkleben", erzählt Renate Hock.

Die jung gebliebene Frau hat kein wirkliches Schönheitsgeheimnis. Sie mache nicht regelmäßig Sport und habe ihre Gesichtshaut auch lange nicht vor Sonne geschont, erzählt Renate Hock. Allerdings trinke sie viel Wasser und esse meistens schon um 17 Uhr zu Abend. Sehr wahrscheinlich wurde ihr die Jugendlichkeit aber vererbt. "Meine Mutter ist 78 Jahre alt und hat auch immer noch sehr schöne Haut."

Nun muss sich Renate Hock doch von ihrem Mann trennen – wenn auch nur für eine Woche. Vom 22. bis zum 26. Oktober ist sie nach München zum Finale des Modelwettbewerbs eingeladen. Wie die anderen Finalisten muss sie sich auf dem Laufsteg und vor der Kamera beweisen. Jeden Tag scheiden ein bis zwei Kandidaten aus. Am Ende winkt für die zwei Gewinner ein Modelvertrag. "Wenn es nicht klappt, werde ich auch nicht todtraurig sein", verspricht Renate Hock. "Das wird bestimmt eine witzige Erfahrung und wer weiß: Vielleicht schicke ich dann noch ein paar Bewerbungen zu Modelagenturen."