Ingolstadt
Bekenntnis zum Standort wird gefordert

"Machbarkeitsstudien" für Kammerspiele über Theatertiefgarage: Grüne wollen Pläne im Stadtrat festzurren

23.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:07 Uhr
Alle drei Siegerentwürfe des Architektenwettbewerbs wollen die Kammerspiele im Skulpturenpark zwischen Donau und Donaukaserne bauen. Dieser Standort liegt auf der Theatertiefgarage, die vor nicht allzu langer Zeit aufwendig saniert worden ist. Da dort eine noch näher zu bestimmende Zahl an Stellplätzen für Autos wegfallen würde, ist ein Bekenntnis der Stadtspitze wie auch der regierenden CSU (noch) nicht in Sicht. −Foto: Schalles / Grafik: Reibel

Ingolstadt (DK) "Ausführlich" und "intensiv" - diese beiden Schlagworte sind aus den vielen, vielen Diskussionsrunden über den Bau der Kammerspiele bestens bekannt.

Nun kommen sie vom Vorstand der Freunde des Theaters Ingolstadt und der Ingolstädter Theatergemeinde in einer gemeinsamen Erklärung, die es in sich hat. In der gemeinsamen Mitgliederversammlung verabschiedeten die mit zahlreichen alteingesessenen Ingolstädter Familien gespickten Vereine eine Resolution. Sie stünden - nach ausführlicher und intensiver Diskussion - "geschlossen und mit allem Nachdruck hinter den Wettbewerbsentwürfen für die Kammerspiele vom Dezember 2018 und dem dabei vorgesehenen Standort". Gezeichnet hat das Schreiben neben Thomas Buchhold (Theatergemeinde) auch Alt-OB Peter Schnell als Vorsitzender der Theaterfreunde.

In der Resolution fordern die Vereine von der Stadt und der mit dem Projekt beauftragten städtischen Tochterfirma INKoBau, "das weitere Verfahren so zu beschleunigen und zu terminieren, dass eine Entscheidung des Stadtrats noch in der jetzigen Amtsperiode, also im Frühjahr 2020, getroffen werden kann".

Die Stadtratsfraktion der Grünen greift den Vorstoß politisch auf und bringt das Thema mit einem Dringlichkeitsantrag in die heutige Stadtratssitzung (ab 15 Uhr im Neuen Rathaus). "Dieser Stadtrat muss die Kammerspiele beschließen! ", fordert die Fraktionschefin Petra Kleine in einer Mitteilung. Ein "klares Bekenntnis" der Stadtspitze und des Stadtrats zum Wettbewerbsergebnis (also dem Standort im Park über der Theatertiefgarage) sei jetzt - eben in der heutigen Sitzung - erforderlich. "Eine weitere Verschleppung" der Theatersanierung und der Kammerspiele sei "nicht mehr hinnehmbar".

In seiner Neujahrsrede 2019 hatte sich OB Christian Lösel (CSU) zu den Kammerspielen an sich bekannt. Eine Formulierung, die er seitdem mehrfach wiederholt hat. Allerdings blieb er dabei stets eine konkrete Aussage zu dem Wettbewerbsergebnis und vor allem zum Standort bewusst schuldig. Das kritisierten vor den Grünen und den Theatervereinen bereits wiederholt die Verantwortlichen des Stadttheaters (siehe Kasten unten) und auch schon sechs renommierte ehemalige Stadträtinnen (wir berichteten), die beide mit dem Slogan "Kammerspiele JETZT! " arbeiten.

Überlagert wurde die ganze Standortdebatte im Sommer von Sepp Mißlbecks Idee und Peter Bachschusters Entwurf (beide von den UDI) zu Kammerspielen an der Donau, welche die Diskussion um Ingolstadts Verhältnis zum Fluss neu belebten. In dem Kampf des bürgermeisterlichen Querdenkers ging allerdings fast unter, was der Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause beschloss - gegen eine Gegenstimme übrigens, die Mißlbecks. Mit den drei Siegerbüros des Architektenwettbewerbs (Blauraum/Hamburg, Morger Partner/Basel und Staab/Berlin) wird in dem üblichen und nun anstehenden Verhandlungsverfahren wortwörtlich über den Auftrag verhandelt. Am Ende des Prozederes soll dann eines der Büros als Favorit feststehen und dem Stadtrat für die Auftragsvergabe auch vorgeschlagen werden.

In der Juli-Sitzung haben sich die Lokalpolitiker auf einen groben Zeitplan geeinigt, den die INKoBau vorgeschlagen hatte. Von den drei Büros wurden nun weitere Pläne verlangt, die man umgangssprachlich auch als "Machbarkeitsstudien" der drei Architekten bezeichnen könnte - zumindest tat das OB Lösel immer wieder, obwohl sich der Begriff so in keiner Sitzungsvorlage findet. "Es handelt sich um Lösungsvorschläge, die wir im Rahmen des Verhandlungsverfahrens von den Büros verlangen", erklärt Geschäftsführer Fall. Ein ganz normaler Vorgang, der auch im Leitfaden für kommunale Auftraggeber zur Vergabe freiberuflicher Leistungen nach der Vergabeordnung aufgeführt ist. Die Büros werden für ihre Extraarbeit entlohnt: 200.000 Euro hat der Stadtrat in der Juli-Sitzung dafür freigegeben.

Konkret geht es in den jeweiligen "Machbarkeitsstudien" hierum: "Aufgrund der Komplexität der Planungsaufgabe", so schlug Geschäftsführer Fall in der Sitzungsvorlage vor, sollte man "von den Bietern eine Kostenschätzung, eine vertiefte Betrachtung und einen Erläuterungsbericht über die Auswirkungen der geplanten Eingriffe in die Tiefgarage und deren Erschließung sowie Möglichkeiten der Entwurfsoptimierung zur Reduzierung etwaiger Eingriffe und zum Erhalt möglichst vieler Stellplätze" fordern. Diese Lösungsvorschläge auf Basis der Vergabeverordnung sollen die Architekten jetzt erarbeiten.

Als Eingang der überarbeiteten Unterlagen der drei Büros bei der INKoBau wurde im vom Stadtrat beschlossenen Zeitplan "November" genannt. "Es dürfte aber Dezember werden", sagte Fall gestern dem DK. "Die Qualität muss da passen. " Bisher sei kein konkreter Stichtag zur Abgabe vereinbart worden, so Fall, der in ständigem Austausch mit den Büros stehe. Bisher sei auch noch kein überarbeitetes, fertiges Paket eins der Architekten eingegangen. "Das ist alles noch zeitunkritisch", sagt der Geschäftsführer mit Blick auf den beschlossenen Terminplan. Dieser sieht vor, dass die konkreten Verhandlungen mit den Bietern im ersten Quartal 2020 laufen sollen, wobei das Vergabegremium aus Mitgliedern des INKoBau-Aufsichtsrates und weiteren Teilnehmern (unter anderm Intendant Knut Weber) besteht.

Über den Entwurf des von dem Gremium favorisierten Büros soll der Stadtrat laut Zeitplan im zweiten Quartal 2020 entscheiden - und damit den Weg endgültig freimachen. Dies könnte noch in der April-Sitzung des Stadtrates sein, welche eben die letzte mit der alten Stadtrats-Besetzung ist, da am 15. März bekanntlich neu gewählt wird und im Mai die konstituierende Sitzung des neuen Gremiums stattfinden wird.

Am Sonntag wieder Kammerflimmern am Stadttheater

Ingolstadt (DK) Die Debatte über mögliche Kammerspiele an der Donau, wie von Bürgermeister Sepp Mißlbeck vorgeschlagen, belebte im Sommer die Debatte um den Neubau, überlagerte aus Sicht der Theaterverantwortlichen aber das Betriebskonzept des Neubaus und die Probleme der Theatermitarbeiter mit den räumlichen und technischen Gegebenheiten des alten Hämer-Baus.

"Das Theater aber will sich nicht kapern lassen für eine Wahlkampfdebatte um die Donauanbindung an die Stadt. Deswegen wird es Zeit, wieder über das wirkliche Problem zu sprechen", teilt das Stadttheater in einer Pressaussendung mit, in der es zum zweiten Teil seiner Aktionsreihe "Kammerflimmern" einlädt.

Die Veranstaltung findet am kommenden Sonntag, 27. Oktober, ab 11 Uhr bei freiem Eintritt im Großen Haus statt. Eine Podiumsdiskussion mit Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle, dem Technischen Direktor Jochen Reichler, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft, Wesko Rhode, dem Schüler Tim Rothärmel sowie Intendant Knut Weber widmet sich dem Status quo denkmalgeschützter Kulturbauten am Beispiel des Stadttheaters. Das Ensemble singt, und Theatermitarbeiter bieten Führungen durch den Hämer-Bau an. Die drei Sieger-Entwürfe werden erneut ausgestellt und die erfolgte Bürgerbeteiligung zusammengefasst. Der Hämer-Bau sei, wie 80 Prozent der 140 Theaterbauten in Deutschland, dringend sanierungsbedürftig, erinnert das Stadttheater. Je länger der Zeitraum für die Generalsanierung nach hinten verschoben werde, desto teurer und aufwendiger werde das Ganze. In einer seit Jahren geführten, aus ihrer Sicht zunehmend zermürbenden Debatte, kämpfen die Theaterleute um nichts weniger als um ihre Arbeitsbedingungen.

Christian Rehberger