Ingolstadt
Zarter Ochse schlägt roten Bullen

Protestessen: Fans des FC Ingolstadt lassen sich zum Spiel gegen RB Leipzig im Mo-Biergarten Rinderbraten servieren

07.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:53 Uhr

Spaß beim »Bullen grillen«: Fans der Krater-Schanzer aus Nördlingen und der Outsider Ingolstadt freuten sich bei frischem Ochsenbraten auf das Spiel des FC Ingolstadt in Leipzig. - Foto: Brandl

Ingolstadt (mbl) Es war kurz nach 13 Uhr am gestrigen Sonntag, als der erste Bulle serviert wurde. Zwei feine Scheiben in dunkler Bratensoße mit gerösteten Knödeln und Blaukraut. Das Ochsenfleisch so butterweich, das es fast von alleine vom Stück abfiel. „Das braucht man gar nicht schneiden“, sagte Nicole Ostermeier von den Outsidern, einem der Fanklubs des FC Ingolstadt, die sich gestern zur besten Fußballzeit im winterfest präparierten Mo-Biergarten zum „Bullen grillen“ beim Public Viewing verabredet hatten.

Dass es den Schanzern knapp eine Viertelstunde später in der Anfangsphase des Spiels genauso leicht fallen würde, ihren Gegner RB Leipzig auf dem Spielfeld zu sezieren (die Ingolstädter gewannen durch einen Treffer in der 9. Minute mit 1:0) und damit die Herbstmeisterschaft in der Zweiten Fußball-Bundesliga einzufahren, damit hatten die meisten Fans wohl insgeheim gerechnet. Dennoch blieb die Stimmung zu Beginn des Treffens erst einmal betont sachlich, was nicht zuletzt dem eigentlichen Anlass der Zusammenkunft geschuldet war.

„Die aktive Fanszene hat sich im Vorfeld des Spiels zusammengesetzt, weil RB Leipzig aus der Sicht vieler von uns ein Marketinginstrument eines österreichischen Brauseherstellers ist“, erklärte FCI-Fanbeauftragter Matthias Fischer im Gespräch mit dem DK. Dieses „Produkt“ wolle man wirtschaftlich nicht unterstützen. Deshalb habe man sich entschieden, das Auswärtsspiel nicht zu besuchen. RB Leipzig geriet auch bei Fans anderer Fußballklubs in die Kritik, nachdem sich der Verein – nach der Übernahme des Spielrechts vom SSV Markranstädt – 2009 auf Initiative von Red Bull gegründet hatte. Es war dabei unter anderem vom ersten „Marketingklub“ im deutschen Fußball die Rede.

Der Verein werde von vielen aktiven Fans als reiner Werbeträger angesehen, erläuterte ein Sprecher der Szene vor Beginn des Spiels den rund 150 Besuchern und verdeutlichte gleichzeitig, wo man den Unterschied zum FCI festmache, der mit Audi auch einen gewichtigen Hauptsponsor vorweist. „Die Relevanz von Audi für die Stadt entspricht auch der Relevanz für den Verein“, hieß es diesbezüglich. In Leipzig dagegen könne man keinen Ortsbezug des Sponsors erkennen. In Ingolstadt würde man außerdem auf die Fanstruktur im Verein bauen und Mitbestimmung durch Mitgliedschaft zulassen. Zwar verheiße das Gründungsjahr 2004 noch keine große Tradition und habe den Beigeschmack der Retorte. „Doch Tradition ist nicht nur das Aufheben der Asche, sondern auch das Weitertragen der Flamme“, sagte Fischer. Man sei stolz auf das, was man in Ingolstadt mittlerweile auf die Beine gestellt habe.

Nicht alle anwesenden Fans konnten jedoch die Kritik an der Marketingpolitik des mitteldeutschen Fußballvereins nachvollziehen. „Der Schritt in Leipzig war strategisch okay“, fand beispielsweise Josef. „Sonst wäre das Stadion dort wohl bis heute das einzige nicht in der Bundesliga bespielte WM-Stadion von 2006.“ Außerdem lobte er den hohen Zuschauerschnitt, den Leipzig bei den Heimspielen erreiche.

Lobenswert fanden die Fans sicher auch den Auftritt ihrer Schanzer in Leipzig. Viele von ihnen bewiesen vor dem Spiel bei ihren Ergebnistipps den richtigen Riecher. Philipp Fink vom Fanklub Outsider lag mit 1:0 sogar goldrichtig. Ob sein Spürsinn vom zarten Ochsen her rührte, ist jedoch nicht bekannt.