Ingolstadt
Gute Nachrichten in der Frühschicht

Nach dem Verkauf der Petroplus-Raffinerie steht die Belegschaft in den Startlöchern für den Neubeginn

31.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

−Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) Gestern setzten die Vertreter der Gunvor Group ihre Unterschriften unter den Kaufvertrag: Die Petroplus-Raffinerie ist gerettet. Die Belegschaft ist erleichtert und würde am liebsten sofort wieder produzieren. Noch allerdings muss sie sich gedulden. Zuerst haben die Behörden das Wort.


Köschings Bürgermeister Maximilian Schöner erfuhr die gute Nachricht durch den Anruf des DONAUKURIER: „Super, da fällt uns natürlich ein Stein vom Herzen“, entfuhr es ihm. Vor allem für die Menschen, die in der Raffinerie arbeiten, sei eine Zeit großer Unsicherheit beendet. „Jetzt muss niemand mehr Angst um den Arbeitsplatz haben.“

Dass sich etwas tut, war gestern schon in der Frühschicht zu spüren, sagt Markus Dietrich. Schließlich seien alle Chefs zu einem morgendlichen Meeting gerufen worden. Dietrich ist in der Raffinerie als Console-Operator angestellt. Er und seine Kollegen waren gerade mit etwas kniffligen Wartungsarbeiten in der Prozesstechnik beschäftigt, als sie schließlich von ihrem Vorgesetzten zusammengerufen wurden. Er verkündete ihnen die guten Neuigkeiten: „Gerade ist der Kaufvertrag unterschrieben worden.“

Auch wenn die Nachricht nach den positiven Entwicklungen der vergangenen Tage nicht mehr ganz überraschend kam, sei die Freude und Erleichterung dennoch groß gewesen. „Wir haben gleich im Internet nachgeschaut, wer die Gunvor Group genau ist“, berichtet Dietrich. Später habe das Management das Gespräch mit den Kollegen gesucht und erklärt, warum das Unternehmen mit Sitz in Zypern den Zuschlag bekommen habe. Die Gunvor Group hat von der insolventen Petroplus Anfang Mai bereits die Raffinerie in Antwerpen gekauft. Vor der Entscheidung haben sich die Ingolstädter deswegen auch mit den einstigen Kollegen in Antwerpen ausgetauscht und nach deren Erfahrungen mit den neuen Chefs gefragt.

In den Monaten der Insolvenz ist die Raffinerie von Dietrich und seinen Kollegen auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden. Auch, um die Anlage für einen möglichen Käufer attraktiv zu machen. Der Warmhaltebetrieb garantierte aber auch, dass die Raffinerie schnell wieder die Arbeit aufnehmen kann, wie Dietrich sagt. „Wenn wir Rohöl haben, können wir gleich morgen die Produktion wieder hochfahren.“ Das wäre wohl auch Bürgermeister Schöner das liebste. „Ich hoffe, dass die Raffinerie schnell wieder in die schwarzen Zahlen kommt. Schließlich ist sie für uns ein wichtiger Zahler von Gewerbesteuern.“

So schnell geht es allerdings nicht. Bis die behördlichen Fragen geklärt sind, wird es wohl August, vielleicht September werden. Zu klären ist nach dem Verkauf unter anderem, wem das Rohöl samt Zwischen- und Endprodukten gehört, die noch in der Raffinerie lagern.

Im Augenblick überwiegt die Freude solche rechtlichen Fragen. „Wir sind vor allem erleichtert, dass alle Kollegen übernommen werden“, sagt Dietmar Hengl, der Betriebsratsvorsitzende. Hans Tattermarsch, der über 38 Jahre in der Raffinerie gearbeitet hat und im vergangenen Jahr in die Altersteilzeit gegangen ist, wundert das nicht. „Das sind wirklich Top-Leute“, sagt er über seine einstigen Kollegen. Der Betrieb einer Raffinerie sei schließlich eine komplizierte Sache und könne nur von geschulten Spezialisten bewerkstelligt werden.

Trotz aller Euphorie werden es deswegen auch Dietrich und seine Kollegen nicht überhastet angehen. Schließlich liefe die Raffinerie seit Januar nicht mehr im Vollbetrieb, eine gute Vorbereitung für den Neustart sei deswegen zwingend erforderlich. „Es wird zuerst Sicherheitsübungen geben“, sagt er. Außerdem muss Rohöl beschafft werden, was durchaus einige Wochen dauern kann. Die Pause hat noch einen anderen Vorteil, betont Betriebsrat Hengl. „Viele von uns müssen die gute Nachricht von heute erst mal sacken lassen.“