Ingolstadt
Tanz als Therapie

Neugegründeter Verein für die Arbeit mit behinderten Menschen stellt sich vor und plant Kunstzentrum

16.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:12 Uhr

Besondere Menschen: Der Verein bietet Tanz als Therapie an. Von links: Klara Rüsenberg, Dorina Czsisár, Sabine Schäffer, Heinz Mayr, Rainer Grupp, Maria Nieves Tietze, Roberts Krigers, Kathy Kornprobst, Sabine Redl-Thorbeck, Veronika Peters, Matthias Neuburger. - Foto: Ebeling

Ingolstadt (DK) Vorsichtig nimmt sie einen Jungen aus dem Rollstuhl. Wiegt ihn zum Takt der Musik in ihren Armen. Streichelt seine Schultern. Wenn Maria Nieves Tietze mit behinderten Kindern und Jugendlichen tanzt, ist das Publikum mucksmäuschenstill.

Die Zuschauer sind fasziniert, schauen mit großen Augen zu. So etwas anrührend Schönes sehen sie selten.

Eigentlich hat die 33-jährige Argentinierin ein Engagement als Schauspielerin und Tänzerin am Ingolstädter Stadttheater. „Ob ich eine Hauptrolle bekomme, ist mir aber nicht wichtig“, sagt sie von sich selbst. Das Tanzen mit den behinderten Kindern nehme in ihrem Leben eine viel größere Rolle ein. „Mit dem Tanz will ich etwas bewegen. Sowohl bei Menschen mit Behinderung als auch bei Menschen ohne“, so Tietze. Seit 2010 engagierte sie sich für den gemeinnützigen Verein „Künstler an die Schulen“. Weil jetzt aber größere Vorhaben geplant sind, musste im Januar ein eigener Verein gegründet werden.

Von nun an werden die Tanzprojekte mit behinderten Kindern und Jugendlichen unter dem Namen „Besondere Menschen e.V.“ laufen. „Damit füllen wir in Ingolstadt eine Nische“, erklärt Matthias Neuburger, der Vorsitzende des Vereins „Künstler an die Schulen“ und Mitglied des neu gegründeten Zusammenschlusses „Besondere Menschen“. Dessen Ziel sei es, „Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft zu bringen und sie sichtbarer zu machen“. Damit soll die Arbeit mit Behinderten also nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern in die Stadtmitte gebracht werden, erklärt Neuburger. Das positivste Feedback der Arbeit sei ein Lächeln der Kinder – dieses Lächeln wolle die Organisation jetzt in die Öffentlichkeit tragen, sagt ein Vereinsmitglied.

Das erste Tanzprojekt von „Besondere Menschen“ heißt „Ferminas Reise zum Vollmond“. Rund 40 Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung aus Ingolstadt und Eichstätt üben ab Februar. Maria Nieves Tietze wird das Projekt leiten. Mit den Kindern wird sie eine virtuelle Reise zum Mond unternehmen. Das Thema Schwerelosigkeit wird künstlerisch verarbeitet. Dabei soll Berührungsangst abgebaut werden, sowohl bei den Tänzern als auch bei den Zuschauern. „Im September wollen wir das Projekt im Rahmen des Internationalen Tanzfestivals in Ingolstadt aufführen“, sagt Tietze.

Während „Ferminas Reise zum Vollmond“ schon in wenigen Wochen beginnt, schlummert in den Köpfen der Vereinsmitglieder eine viel größere Vision: Ein Kunstzentrum soll mit Ateliers, Bühnen und Seminarräumen zur Bildungs- und Begegnungsstätte für Menschen mit und ohne Behinderung werden. Vorerst ist es eine Vision. Aber schon jetzt steht fest, dass das Zentrum an einem zentralen Ort stehen muss. „Ich bin mir sicher: Es wird ein Geschenk für Ingolstadt“, sagt die Künstlerin Tietze. So wie es ein Geschenk für sie sei, mit den Kindern zu tanzen.