Ingolstadt
"Immer ein fairer Verhandlungspartner"

19.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:14 Uhr

Ehrenbürger: 2000 verlieh die Stadt Ingolstadt Böhm die höchste Würde. Den damaligen Oberbürgermeister Peter Schnell (links) schätzt er als Menschen sehr, politisch lagen sie öfter auseinander.? Fotos DK-Archiv:

Ingolstadt (DK) Die Audi AG und VW geben kommenden Montag einen Festakt für Fritz Böhm zum 90. Geburtstag. Seine Ingolstädter Genossen haben für eine Sonderausgabe des "Schutter Kurier" zu Böhms Ehren Grußworte bekannter Persönlichkeiten gesammelt. Allen voran: eines von Altkanzler Helmut Schmidt.

Helmut Schmidt würdigt seinen Freund Fritz besonders oft. Schon 1990 schrieb er in einem Beitrag anlässlich des 70. Geburtstags des Ingolstädters unter dem Titel "Anwalt für alle Arbeitnehmer": "Ich lernte Fritz Böhm als einen Menschen und Parlamentarier meiner eigenen Generation kennen, die in jungen Jahren die Unfreiheit in der Nazi-Diktatur erlebte. (. . .) Fritz Böhm war ein Kollege, der Gesellschaft und Staat mitprägen wollte. Dazu hat er Entscheidendes beigetragen."

In der aktuellen Sonderausgabe des "Schutter Kurier", die maßgeblich Böhms politischer Ziehsohn Achim Werner gestaltet hat, darf der Altbundeskanzler gleich weiterwürdigen: "Ich habe Fritz Böhm immer als einen typisch sozialdemokratischen Weggefährten erlebt." Besonders hebt Schmidt die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 hervor: "Mit Elan und Akribie, mit Zähigkeit und Ausdauer gingen die SPD-Politiker damals an die schwierige Arbeit. Fritz Böhm war natürlich dabei. Auch heute noch zeigen die Debattenprotokolle, die dieses bedeutende Gesetz betreffen, wie engagiert Böhm im Bundestag gefochten hat."

Schmidt bedauerte es einst, dass Böhm 1972 nicht mehr für den Bundestag kandidierte, um sich ganz Audi zu widmen. Der 91-jährige Hamburger schließt mit den Worten: "Ich wünsche meinem Freund Fritz Böhm von Herzen alles Gute!"

Der Begriff Freundschaft wäre beim nächsten Gratulanten vermutlich übertrieben, zumal beide einst hart miteinander verhandeln mussten. Doch die Achtung, die Ferdinand Piëch – von 1988 bis 1993 Vorsitzender des Audi-Vorstands und davor Entwicklungschef – Böhm entgegenbringt, kommt deutlich zum Ausdruck. Piëch schreibt: "Ich darf ohne Übertreibung feststellen, dass dieses Unternehmen – bei allem Geschick des Managements – nicht auf so viele Erfolge zurückblicken könnte, wenn es auf Seiten der Arbeitnehmervertretung keinen Fritz Böhm gegeben hätte. Viele Errungenschaften, nicht nur im sozialen Bereich, sind auf seine Initiative zurückzuführen. (. . .) Hart in der Sache, entschlossen in der Verteidigung und Durchsetzung seiner Prinzipien, war er immer ein fairer Verhandlungspartner, der nie die Interessen des Unternehmens aus dem Auge verlor."