Ingolstadt
Der Stoff, aus dem die Träume sind

Hans Bäumler, Textilfabrikant und Kunstsammler Aus seinem Museum in Ingolstadt wurde nichts

17.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Der Prozess gegen einen Münchner Kunsthändler, der den einstigen Textilfabrikanten Hans Bäumler um Millionen betrogen haben soll, wird in Ingolstadt mit Interesse verfolgt. Die Kunstwerke, um die es sich dreht, hätten in einem Museum in Ingolstadt hängen können. Eine Spurensuche.

Fast jeder Ingolstädter kennt die Bäumler-Villa, die am Ufer der Donau im Schatten hoher Bäume im Luitpoldpark steht - heute die "Kindervilla" der Bürgerhilfe. Seinerzeit wuchs dort Hans Bäumler auf, als zweitältestes von fünf Geschwistern. Sein Vater, Hans Bäumler, Konsul des Königreichs Marokko, hatte das Textilunternehmen gegründet und das stattliche Gebäude errichtet. Ingolstadt sonnte sich damals ein wenig im Glanz der Diplomatie.

Wie sein Vater war auch Hans Bäumler mehr als 30 Jahre lang Konsul von Marokko. Die Begeisterung für Kunst färbte ebenso ab: Der Senior sammelte vornehmlich Spitzweg und Werke der Münchner Schule. Der Junior, mit Herrenmode schwerreich geworden, entwickelte eine Faible für französische Impressionisten, für das er teuer bezahlte. Mehr als vier Millionen Euro soll ihm der Kunsthändler für den 2011 eingefädelten Gemälde-Deal zu viel abgeknöpft haben. Insgesamt 13 Kunstwerke - darunter solche von Alexej von Jawlen-sky oder Henri de Toulouse-Lautrec - erstand Bäumler.

Sie befinden sich heute in einem Museum, das noch nicht eröffnet worden ist. In österreichischem Hohenems am Vorarlberg, in einer ehemaligen Bäumler-Fabrik, befindet sich "Arche Noah" - eine Sammlung für Kunst und Natur. Ein eigenwilliges Tête-à-Tête von Gemälden verschiedener Epochen und Jagdtrophäen, Geweihen oder Fossilien. Hans Bäumler ist nicht nur leidenschaftlicher Kunstsammler, sondern auch Jäger.

Bei dem Prozess gegen den Kunsthändler erklärte der 77-Jährige im Zeugenstand, es sei sein Wunschtraum gewesen, das Museum in Ingolstadt zu errichten. Sogar Ministerpräsident Horst Seehofer habe sich eingeschaltet. "Das war schon eine besondere Situation." Doch irgendwie habe die Stadt nicht richtig mitgezogen, heißt es, und so entwickelte sich aus dem Vorhaben nie etwas Konkretes. An der Stadt sei es nicht gescheitert, beteuert Kulturreferent Gabriel Engert: "Die Stadt war und ist interessiert. Es gab immer wieder Anläufe und auch mehrere Gespräche." Es kam, aber nichts dabei heraus.

Auch Wallgau, eine kleine Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen, war schon als Museumsstandort im Gespräch. Auf seinem dortigen Anwesen mit Golfplatz verbringt Hans Bäumler inzwischen die meiste Zeit. Sein erster Wohnsitz liegt jedoch nach wie vor in Ingolstadt, mitten in der Altstadt Am Bachl. Immer wieder zieht es den 77-Jährigen zurück in die Schanz, wo er sich mit Freunden zum Kartenspielen trifft oder seine Geschäfte erledigt.

Aus der Textilbranche hat sich Hans Bäumler längst zurückgezogen. Der einst führende Anzughersteller ging 2009 in die Insolvenz und wurde von Investoren übernommen. Doch nach wie vor ist Bäumler in Ingolstadt präsent: Der Sitz der Bäumler Fashion GmbH, Tochter des englischen Konzerns Berwin & Berwin aus Leeds, befindet in der Eriagstraße 8. Dort sind Marketing, Design und Vertrieb zu Hause, und es arbeiten 20 Beschäftigte. Geschäftsführer Michael Zängler, seit fast 25 Jahren im Unternehmen, betont stolz: "Bäumler ist nach wie vor ein sehr guter Name." Die Mannschaft des FC Ingolstadt etwa trägt den feinen Zwirn. Das Unternehmen produziert in Ungarn 150 000 Anzüge pro Jahr, die an Händler auf der ganzen Welt geliefert werden - nach Kanada, in den Nahen Osten oder nach England. "Unsere Exportquote liegt bei 75 Prozent", so Zängler. "Und wir schreiben seit vier Jahren schwarze Zahlen." Zweimal im Jahr veranstaltet Bäumler in Ingolstadt seinen traditionellen Lagerverkauf. "Da sehen wir viele altbekannte Gesichter", erzählt Zängler. Es ist fast wie ein Familientreffen.