Ingolstadt
Für das Fernweh und für die Oma

21-Jähriger möchte mit dem Fahrrad bis nach Baku fahren - und dabei Land und Leute kennenlernen

27.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:03 Uhr
Marius Ritter
Mit dem Fahrrad in die Ferne: Hannes Peter startet am 5. Mai eine viermonatige Fahrradtour in Richtung Kaspisches Meer. −Foto: Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Hannes Peter ist es bereits gewohnt, lange Zeit von zu Hause weg zu sein. Nach seinem Abitur in Schleswig-Holstein und einem einjährigen Freiwilligendienst in Norwegen kam der 21-Jährige im vergangenen Jahr zum Jobben nach Ingolstadt. Jetzt zieht es ihn wieder in die Ferne - am 5. Mai startet er eine viermonatige Fahrradreise in Richtung Kaspisches Meer.

"Von Bayern nach Baku, das klingt einfach gut", sagt Hannes Peter und lacht. Viel wichtiger als das Ziel am Kaspischen Meer sei für ihn allerdings der Weg dorthin. "Ich habe einfach vier Monate Zeit", betont er. Bis wohin genau er bis dahin komme, sei nicht entscheidend. Ein Endziel für seine Reise habe er sich daher bewusst nicht gesetzt, dazu fehle es ihm auch an der nötigen Erfahrung. Ungefähr 80 bis 120 Kilometer plane er durchschnittlich pro Tag, das sei für Radfernreisen durchaus üblich. Auf den ersten Etappen werde er es aber etwas ruhiger angehen lassen. Wenn alles gut geht, könnte es am Ende dann sogar noch für eine Durchquerung des Irans reichen.

Die Idee für die Reise kam Peter schon vor einiger Zeit, als ihm ein Freund von einer längeren Tour berichtete. Als er dann aber im Internet die Dokumentation des 19-jährigen Samuel Mühlberger sah, der in 14 Monaten mit dem Fahrrad bis nach Thailand reiste, packte es ihn endgültig. "Die atemberaubenden Landschaften und die verschiedenen Eindrücke aus all den Ländern haben in mir einfach totales Fernweh ausgelöst", erzählt Peter mit leuchtenden Augen. Inzwischen kennen sich die beiden Radfahrer sogar persönlich und tauschen sich regelmäßig aus. Gerade bei organisatorischen Fragen wie der Beantragung von Visa oder der Auswahl der richtigen Reiseausrüstung konnte Peter auch schon vom einen oder anderen Tipp Mühlbergers profitieren.

Nachdem er im Januar den endgültigen Entschluss zu seiner Reise gefasst hatte, begannen schon bald die Vorbereitungen. Denn die Zeit bis Mai war knapp. Sein Trekkingrad, das für die Tour erstmal generalüberholt wurde, muss unterwegs natürlich einiges aushalten können. "Wichtig sind bei einer solch langen Reise auch die richtigen Reifen, die Fahrradtaschen, ein bequemer Sattel, und verschiedene Griffpositionen am Lenker", berichtet Hannes Peter.

Übernachten will der 21-Jährige hauptsächlich im Zelt, einen Campingkocher hat er natürlich auch dabei. "Haferbrei, eine leichte Suppe und Brot, das wird wohl meine Hauptnahrung sein", sagt er. Zwischendurch sind auch einige Nächte in Hostels eingeplant, um duschen und Wäsche waschen zu können. Außerdem hat er sich bei der Internetseite "warmshowers.org" angemeldet. Dort bieten gastfreundliche Menschen Radreisenden eine Dusche und eine Übernachtungsmöglichkeit an. "Ich denke, dass ich die verschiedenen Länder viel intensiver kennenlerne, wenn ich mit den Leuten direkt in Kontakt komme", sagt Peter.

Seine Familie sieht die Reisepläne mit gemischten Gefühlen. Seine Oma habe zum Beispiel große Angst und würde ihn am liebsten gar nicht gehen lassen. "In den Nachrichten werden eben immer nur die negativen Ereignisse dargestellt. Ich denke, die Menschen hätten mehr Respekt und weniger Vorbehalte gegenüber anderen Ländern, wenn sie sie selbst schon einmal besucht hätten", sagt der 21-Jährige. Die Reise sei in diesem Sinne also auch ein bisschen für seine Oma. Von den Bedenken und Sorgen seiner Familie lässt er sich jedenfalls nicht verunsichern. "Schließlich habe ich mich gut informiert", sagt Peter.

Im Vorfeld der Reise habe er schon über viele Szenarien nachgedacht - auch über mögliche Gefahren. "Wie geht man mit bissigen Hunden oder anderen wilden Tieren um? Was passiert, wenn ich länger krank werde, all das beschäftigt mich schon", sagt Peter. Allerdings lässt er diese Gedanken auch nicht zu nahe an sich heran. Bestimmte Regionen werde er auf seiner Reise natürlich meiden. "In der Türkei werde ich mich zum Beispiel sicherheitshalber eher im Norden aufhalten", sagt er. Angst hat Hannes Peter jedoch nicht. "Eigentlich mache ich mir eher Sorgen um die Vorbereitungen und darum, dass ich bis zum 5. Mai noch alles rechtzeitig schaffe", sagt er.

Die Vorfreude auf die große Reise wächst, je näher der Tag der Abfahrt rückt. Gespannt ist Hannes Peter auch darauf, wie er im Laufe der Zeit seinen ganz eigenen Radreise-Rhythmus finden wird. Tagsüber Kilometer zu machen und abends dann irgendwo mit all den Eindrücken todmüde im Zelt einzuschlafen, darauf freut er sich am meisten. Und natürlich auch darauf, unterwegs andere Radreisende zu treffen, die sich ihm anschließen oder die er auf ihrem Weg begleiten kann. Angst vor Einsamkeit hat er jedenfalls nicht. "Ich bin eigentlich ein ziemlich offener Typ und ich hoffe, dass ich unterwegs immer wieder nette Leute treffe", sagt er.

Auch über die Streckenplanung macht er sich im Vorfeld wenig Gedanken. "Ich habe bis jetzt weder Landkarten gekauft noch eine Navigations-App heruntergeladen." Bis über die Alpen nach Venedig werde er ohnehin einer festen Route folgen. Für die Strecke danach gebe es noch keinen genauen Plan. Allerdings habe er schon zahlreiche Vorschläge bekommen, welche Orte er auf jeden Fall besuchen sollte. "Erst neulich habe ich in einem Döner-Laden wieder einen Tipp für die Türkei bekommen. Da entwickelt die Planung schnell eine gewisse Eigendynamik", erzählt er und lacht.

Ein bisschen mulmig wird dem 21-Jährigen vor der Reise nur, wenn er an die körperlichen Belastungen der Tour denkt. Ein besonderes Training habe er bei der Vorbereitung nicht absolviert. "Es wird ganz bestimmt ziemlich anstrengend, aber darüber mache ich mir jetzt am besten noch gar keine Gedanken", sagt er. Denn am Ende werde es wahrscheinlich ohnehin doch noch um einiges härter, als er es sich jetzt vorstellen könne. Vor allem werde es aber wunderschön, hofft er. Und irgendwie wird er es dann schon schaffen, da ist sich der Radreisende sicher.

Auf seinem Blog namens "www.fahrradfernreise.de" wird Hannes Peter alle Interessierten regelmäßig über den Stand der Vorbereitungen auf dem Laufenden halten und auch während der Radtour seine Erlebnisse mit den Lesern teilen. Wo auch immer ihn seine Reise am Ende hinführen wird, die Rückkehr nach Bayern hat er schon fest im Blick. "Im September muss ich auf jeden Fall wieder da sein, das habe ich meinen Großeltern versprochen", erzählt er. Dann will er ein Studium in Rosenheim beginnen. Und wird sicherlich einiges zu erzählen haben.

Marius Ritter