Ingolstadt
Übergangslösung

Der Steg am Hauptbahnhof wird zunächst doch stehenbleiben dürfen - sein Ende ist aber besiegelt

12.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:03 Uhr
Abriss aufgeschoben: Der Steg über die Gleise am Hauptbahnhof wird nun doch noch nicht abgerissen. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Abriss des Metallstegs über die Gleise am Hauptbahnhof ist längst beschlossen. Dass viele Ingolstädter das noch immer bedauern, ist auf der Sitzung des Bezirksausschusses Münchener Straße (BZA) am Dienstagabend einmal mehr deutlich geworden. Jetzt wurde bekannt, dass es mit dem Rückbau des Stegs wohl noch einige Zeit dauern wird. Gesperrt bleibt er dennoch.

Unter Tagesordnungspunkt 3 las Vorsitzender Martin Dick ein Schreiben der Stadtverwaltung vor, das der BZA als Antwort auf die Frage erhalten hatte, wann mit dem Abriss des Stegs zu rechnen sei. In dem Brief teilt die Verwaltung mit, dass der Abriss des Stegs verschoben wird. Die Arbeiten seien ausgeschrieben worden, es sei aber kein wirtschaftlich interessantes Angebot eingegangen. Der Übergang werde deswegen zunächst stehenbleiben.

Die Sitzungsgäste wollten sich damit allerdings nicht zufrieden geben. Sie verlangten nach konkreten Zahlen. Überhaupt sei es ein "Unding", dass der Steg aus dem Jahr 1964 abgerissen werde. Er stehe für einen "wesentlichen Teil Ingolstädter Industriegeschichte". Man solle ihn deswegen lieber unter Denkmalschutz stellen und restaurieren und nicht abreißen, hieß es. Diese Fragen sind längst erörtert, wie OB-Referent Christian Siebendritt betonte. Der Stadtrats-Beschluss, den Steg abzureißen, wenn der Tunnel zwischen Ringsee und dem Bahnhof fertiggestellt ist, gelte bereits seit - so meinte er sich zu erinnern - dem Februar 2015.

Mit Hilfe seines Smartphones konnte Siebendritt außerdem die Beschlussvorlagen einsehen, und den Unsernherrnern noch einmal berichten, was Grundlage für die oftmals bedauerte Entscheidung für den Abriss war. Zunächst verlas er die lange Liste der am Steg festgestellten Mängel. So sei die Standsicherheit beeinträchtigt, das Fundament des östlichen Widerlagers weise Risse auf, Frost, Streusalz, Vogelkot und Rost nagten an etlichen Stellen an der Konstruktion. Die zu erwartenden Kosten für den Abriss - die der Ausschreibung zugrunde lagen - seien von der Stadt mit rund 590000 Euro errechnet worden.

Wie zu erfahren war, gab es kaum Rücklauf auf die Ausschreibung. Ein Angebot ging ein, dass mehr als das Dreifache der veranschlagten Kosten für den Abriss aufrief. Zu viel für die Verantwortlichen der Bahn - auch sie ist an den Kosten beteiligt - und der Stadt, und so wurde der Abriss einstweilen aufgeschoben. Die Standfestigkeit des seit November 2017 gesperrten Bauwerks reicht demnach aus, um es - wenn es keine Passanten tragen muss - noch einige Zeit gefahrlos stehenzulassen. Zumindest in diesem Jahr werde es keine neue Ausschreibung geben, heißt es im Schreiben der Stadt an den BZA.

Zum Bedauern um den Verlust des Steges kommt für viele Radfahrer aus Unsernherrn und Ringsee, dass sie mit der Alternativroute durch den Tunnel unter den Geleisen unzufrieden sind. Wie auch im BZA schon mehrmals angemerkt, vermissen viele eine Schiene über die Treppen an der Westseite des Tunnels hinauf auf den Bahnsteig. Vor dem Umbau gab es an dieser Stelle eine solche einfache Konstruktion, die es Bahnreisenden mit Fahrrad leicht machten, ihr Rad über die Stufen zu befördern. Diese Schiene hat die Bahn mit der Fertigstellung des neuen Tunnels und der Errichtung zweier Aufzüge abgebaut. Jetzt seien immer wieder Gruppen von Radlern zu beobachten, die sich vor den Liften drängten, um den Tunnel verlassen zu können. Mancher schleppt sein Fahrrad entnervt die Treppe hinauf. Wenn der Fahrstuhl wie zuletzt defekt ist, bliebe den Radlern ohnehin nichts anderes übrig, als ihr Fahrzeug huckepack zu nehmen. "Es ist nicht zu verstehen, was sich die Bahn dabei denkt", schimpfte BZA-Mitglied Franz Weiß.

In diesem Zusammenhang wiederholte Josef Hirschbeck seinen Vorschlag, beim geplanten Neubau des Bahnhofgebäudes solle der Tunnel unter den Gleisen bis auf den Bahhonfsvorplatz verlängert werden. "Das würde jede Treppe und jeden Lift überflüssig machen", gab er sich überzeugt. Unabhängig davon, ob dieses Bauvorhaben überhaupt realisierbar ist, sprach sich das Ortsteilgremium einstimmig dafür aus, dass dieser Vorschlag unbedingt wohlwollend zu prüfen sei.

Etwas später in der Sitzung rief Martin Dick die BZA-Mitglieder dazu auf, Vorschläge zu machen, für was die gut 100000 Euro auszugeben seien, die dem Ortsteilgremium im Bürgerhaushalt für das Jahr 2019 noch zur Verfügung stehen. Auf Vorschlag von Thomas Schneider hin sprach sich das Gremium einstimmig dafür aus, in der Parkanalage Schwarzer Weg Informationstafeln aufzustellen, die die Herkunft des Namens erläutern. "Viele Leute wissen das gar nicht", so Schneider. Auf Nachfrage aus dem Publikum erläuterte er, dass an dieser Stelle einst die Dampflokomotiven eingeschürt worden seien. Der dabei entstandene Ruß habe das Gebiet schwarz gefärbt. Neben den Tafeln sollen auch zwei Installationen an den Eingängen zur Parkanalge an die Namensherkunft erinnern. 10000 Euro sieht der BZA für diese Maßnahme vor.

Fünfmal so viel soll nach dem Beschluss des Bezirksausschusses in eine naturnahe Aufwertung des gesamten Stadtteils fließen. Vor allem soll die sogenannte Allee der Bäume des Jahres in Unsernherrn profitieren. Hier sollen Bienenhotels aufgestellt und Blühsträucher gepflanzt werden. Auch an anderer Stelle - etwa beim Schwarzen Weg und am Feldweg von der Allguth-Tankstelle Richtung TSV-Gelände und Gartenamt - wollen die Ausschussmitglieder in den naturnahen Ausbau investieren.

Johannes Hauser