Lenting
Fitness-Check für einen Riesen

TAL unterzieht Tank 8 in Lenting einer eingehenden Revision

15.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:48 Uhr
Blick über das Tanklager Lenting der Transalpinen Ölleitung: Vorne rechts Tank 8, der zurzeit genau überprüft wird. −Foto: Fotos: TAL

Lenting (DK) Eingerüstet und komplett entleert präsentiert sich derzeit Tank 8 des Tanklagers Lenting der Transalpinen Ölleitung (TAL). Es ist nach mehreren Jahren Pause der Auftakt zur Revision aller Tanks des Lagers.

Mit dem Kopf oder mit den Füßen voraus durch das sogenannte Mannloch mit nur etwa 60 bis 70 Zentimeter Durchmesser am Boden des riesigen Tanks 8 krabbeln? Diese Frage stellt sich demjenigen, der erstmals vor dem Mannloch steht. TAL-Bauleiter Josef Nerb beantwortet sie auf seine Art und Weise. Er kriecht kopfüber in den entleerten Riesen und gleichzeitig in eine - zumindest für den Außenstehenden - unwirkliche Welt, die nur durch das Licht, das durch dieses und die anderen geöffneten Mannlöcher fällt, und zusätzlich von einem Scheinwerfer notdürftig erhellt wird. Der Widerhall der Worte erfüllt den von Hitze und drückender Schwüle geschwängerten Raum, der zwar den üblichen Tankdurchmesser von 58,5 Metern hat, aber nicht wie sonst die Tankhöhe von 18 Metern aufweist. Vielmehr ist das tonnenschwere Schwimmdach auf knapp zwei Meter abgesenkt und wird von vielen Stützen getragen. Aufrechtes Stehen ist für Personen ab etwa 1,90 Meter Größe (plus Sicherheitsschuhe und Schutzhelm) nicht möglich.

Normalerweise wäre man hier unter bis zu 50000 Kubikmetern Öl begraben. Jetzt aber - während der rund viermonatigen Revision - werden an diesem ungewöhnlichen Ort notwendige Wartungs- und Ausbesserungsarbeiten vom Schweißen bis zum Sandstrahlen ausgeführt, werden technische Verbesserungen eingebaut und der Tank wird auf mögliche Korrosionsschäden untersucht, damit er - das ist das Ziel - bei der Schlussabnahme nach der Revision vom Sachverständigen die Freigabe bekommt, um 15 weitere Jahre genutzt werden zu können.

Bis die Arbeiten am Grund des Tanks beginnen können sind laut Annett Bartscher-Hartmann, Technische Leiterin der TAL Deutschland, freilich schon umfangreiche Vorarbeiten nötig. Natürlich darf kein Öl mehr in dem Tank sein. Doch auch wenn er eigentlich "leer" ist, hat sich am Boden noch eine "moorige Masse", eine etwa 30 Zentimeter dicke Sedimentschicht vor allem aus Kohlenwasserstoffen und Parafinen abgesetzt, die mit einem Rührwerk aufgerührt und ebenfalls noch entfernt werden muss. Zudem muss die Luft rein werden, was laut Bartscher-Hartmann etwa drei bis vier Wochen nach Öffnung der Mannlöcher und einer entsprechenden Absaugung der Fall ist. Sogenannte "heiße Arbeiten" wie etwa Schweißen sind freilich erst nach einer zusätzlichen "Freimessung" erlaubt. Die ganze Zeit über sitzt dennoch sicherheitshalber eine "Mannlochwache" vor der Öffnung außerhalb des Tanks, die notfalls signalisiert, wenn die Arbeiter aus dem Tank raus müssen.

Unter den anfallenden Arbeiten ist unter anderem ein Bodenscanning, bei dem die Dicke überprüft wurde. Dann wurde die Bodenrandnaht genau untersucht - beim Tank 8 gab es übrigens nur wenige Stellen, die ausgebessert werden mussten -, Dichtungen wurden genau inspiziert, Peilrohre erneuert. Gleichzeitig wurde die Dachentwässerung einer Kompletter-neuerung unterzogen. Zur Versteifung der Tanks aufgrund einer immer größer werdenden Windlast (und einer deswegen erfolgten Richtlinienüberarbeitung) wurden rund um die Außenwand des Tanks zwei Ringe angeschweißt.

1,2 bis 1,5 Millionen Euro lässt sich die TAL laut der Technischen Leiterin diese Revision kosten. Zu Spitzenzeiten waren ihr zufolge dabei 25 bis 30 Leute rund um den Koloss im Einsatz, durchschnittlich etwa 20 - von der TAL selbst, von Dauerkontraktoren und von Spezialfirmen für Stahlbau, Rohrbau und Reinigung.

Kuriosum am Rande: Auch wenn derzeit der 1972 errichtete Tank 8 im Revisionsprogramm ist, gibt es im TAL-Tanklager Lenting nur sieben Tanks mit insgesamt knapp 350000 Kubikmeter Bruttofassungsvermögen, wie Bartscher-Hartmann sagt. Des Rätsels Lösung: "Tank 4" wurde in den verschiedenen Bauphasen zwischen 1966 und 1972 einfach nicht gebaut.

Allmählich neigt sich die Generaluntersuchung von Tank 8 dem Ende zu. Ende Juni soll die Revision abgeschlossen sein, ab Anfang Juli mit der Wiederbefüllung begonnen werden. Bereits jetzt laufen allerdings die Vorbereitungen für die als nächstes anstehende Revision von Tank 1 (und für einen sogenannten Entlastungstank) im kommenden Jahr. Denn nach acht Jahren Pause nimmt die TAL - ein "Logistikunternehmen der besonderen Art" (Bartscher-Hartmann) - in diesem und den nächsten sechs Jahren wieder jeweils einen Tank genau unter die Lupe.

Damit soll gewährleistet sein und bleiben, dass der "Spediteur von Öl" neben der 465 Kilometer langen Pipeline von Triest an der Adria nach Lenting (sowie weiterführenden Trassen nach Neustadt und Karlsruhe) die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung hat, um Deutschland zu 40 Prozent und damit gleichzeitig sowohl Bayern als auch Baden-Württemberg zu 100 Prozent mit Rohöl versorgen zu können. 42,4 Millionen Tonnen Öl wurden so im vergangenen Jahr durch die Pipeline geschleust, wofür täglich 10000 Lkw über den Brenner hätten fahren müssen, wie Bartscher-Hartmann vorrechnet.

Die Technische Leiterin hofft im Übrigen - und geht auch davon aus -, dass es zu Beginn der nächsten Revision nicht wieder zu Geruchsbelästigungen kommt wie heuer. Eine Erklärung dafür war schnell gefunden: Die TAL hatte die (in unserer Westwindzone normalerweise) im Windschatten befindlichen, östlichen Mannlöcher von Tank 8 geöffnet, damit Frischluft hineinkommen konnte. Gleichzeitig wurde an der Nordseite des Tanks "beladene Luft" angesaugt und abgefackelt. Doch dann habe sich an diesem Tag der Wind innerhalb einer Stunde um 180 Grad gedreht und die Luft sei mit dem Ostwind mit (zu) hoher Geschwindigkeit angekommen, so Bartscher-Hartmann, die zugibt: "Damit haben wir nicht gerechnet." Zudem habe es auch Probleme beim Abfackeln gegeben. Darüber sei schon mit dem Fackelbetreiber gesprochen worden. So sei es zu der Geruchsbelästigung gekommen, sagt Bartscher-Hartmann, die aber gleichzeitig anfügt: "Wir haben aus der Revision gelernt", weshalb es "nächstes Jahr wohl nicht wieder" dazukommen werde.

Norbert Schmidl