Scheyern
"Es gibt nichts zu feiern"

Freunde des Armeemuseums begehen 50-jähriges Bestehen in Scheyern - Museumschef Reiß boykottiert

03.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:18 Uhr
Heimatverbundenheit: Ernst Aichner bei seinem Vortrag im Wittelsbacher Saal. −Foto: Foto: Pehl

Scheyern/Ingolstadt (DK) Der Verein der Freunde des Bayerischen Armeemuseums hat sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. Jedoch nicht im Neuen Schloss in Ingolstadt, sondern im Kloster Scheyern. Und kein einziger Wissenschaftler des Museums nahm teil. Leiter Ansgar Reiß weilte lieber in London.

Es war ein farbenprächtiges Bild, das sich am Wochenende im Wittelsbacher Saal im Kloster Scheyern bot. Fahnenabordnungen, Trachtler, die Endorfer Gebirgsschützen, Vertreter der Bundeswehr, der Reservistenverbände und verschiedener soldatischer Bünde in teils historischen Uniformen bildeten mehr als nur eine bunte Kulisse zur 50-Jahr-Feier des Vereins der Freunde des Armeemuseums. Ebenfalls anwesend waren neben den Mitgliedern Vertreter verschiedener Stiftungen und Gesellschaften, Politiker (darunter der CSU-Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglied Reinhard Brandl) oder Prinz Wolfgang von Bayern als Vertreter des Hauses Wittelsbach und Leiter des Kuratoriums für den Verein. Nur die wichtigste Institution war nicht vertreten: das Bayerische Armeemuseum. Weder der Leiter noch irgendein Wissenschaftler wohnten der Feierstunde bei.

Der Grund: "Es gibt nichts zu feiern", sagt Ansgar Reiß, seit 2010 Leiter des Museums. Er war zwar eingeladen worden, hatte jedoch abgesagt. Reiß war an diesem Wochenende in London, wo er eine Ausstellung über den Ersten Weltkrieg besuchte. "Das ist natürlich kein Zufall", betont Reiß weiter. Denn zwischen Museum und Freundeskreis gibt es nach seiner Ansicht "einen Komplex von Problemen", die im Herbst vergangenen Jahres eskaliert und bis heute nicht ausgeräumt sind. Ein Problem waren revisionistische Texte auf der Internetseite des Freundeskreises. die mittlerweile gelöscht wurden (DK berichtete). Doch seitdem herrscht offenbar Kalter Krieg zwischen Museum und Freundeskreis. "Wir müssen ein modernes, kritisches Museum sein", fordert Reiß. Natürlich bayerisch, aber mit europäischer Ausstrahlung. Und das Armeemuseum dürfe nicht ausgrenzen.

Wenig Verständnis für Reiß' Position zeigte Manfred Dumann, langjähriger Vorsitzender des Freundeskreises. "Wir können manche Bestrebungen des Armeemuseums nicht nachvollziehen", sagte er. Über das Nicht-Erscheinen von Reiß trotz mehrerer Einladungen werde man im Verein reden. Dumann erinnerte an den ersten, 1932 gegründeten Freundeskreis und neue Initiativen in den 60er-Jahren. 1962 der Beschluss des Ministerrats für die Wiedererrichtung des Museums, 1963 dann der Beschluss des Landtags. Er würdigte den Einsatz des früheren Ingolstädter OB Josef Listl und des damaligen DK-Verlegers Wilhelm Reissmüller für den Standort Ingolstadt.

Das Bayerische Armeemuseum war von König Ludwig II. auf Anregung General Friedrich von Bothmers und des Kriegsministers Joseph Maximilian von Maillinger im Jahr 1879 gegründet worden. Im Zweiten Weltkrieg wurde es teilweise zerstört, die erhaltene Kuppel des alten Museumsbaus in München bildet heute den Zentralbau der Staatskanzlei. Von 1946 bis 1969 war das Armeemuseum im Bayerischen Nationalmuseum in München untergebracht, bis die Sammlung nach Ingolstadt verlagert wurde. 1972 wurde das Armeemuseum dann in Neuen Schloss eröffnet. Später kamen dann das Reduit Tilly (Erster Weltkrieg) und Turm Triva (Polizeimuseum) hinzu.

Auf die enge Verbindung zwischen Armeemuseum und dem Haus Wittelsbach wies Ernst Aichner hin, Vorgänger von Reiß und jetzt Vorsitzender des Freundeskreises. Dies zeige nicht nur die Anwesenheit eines Wittelsbachers, sondern auch der Versammlungsort Scheyern, der untrennbar mit dem Aufstieg des ehemaligen bayerischen Herrscherhauses verbunden sei. Nachdem Graf Otto V. von Scheyern als neuer Graf von Wittelsbach in die Burg Wittelsbach umgezogen war, schenkte er 1119 die Burg Scheyern den Benediktinern als sein Hauskloster befindet sich bis heute die erste und älteste Grablege der Wittelsbacher. Aichner erinnerte auch an die Fürstenbilder von Scheyern.

Als Vertreter der Staatsregierung erinnerte der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper daran, dass der Freundeskreis in einem halben Jahrhundert über 700000 Euro gesammelt hat, die für den Ankauf wertvoller Exponate verwendet wurden. Der Freundeskreis stehe für "50 Jahre Bekenntnis zu Bayern und seiner Identität". Auch er stellte die Wahl des Tagungsortes Scheyern und den großen Einsatz von Manfred Dumann heraus. Das Armeemuseum bezeichnete er als eines der wichtigsten Museen in Bayern und als "Teil des historischen Gedächtnisses".

Auf die historische Dimension wies auch der stellvertretende Landrat von Pfaffenhofen hin. "Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist die Grundlage für ein erfolgreiches Gestalten der Gegenwart", sagte Anton Westner: "Und wir sind ein Teil der Geschichte."

CSU-Stadtrat Joachim Genosko würdigte in Vertretung des Oberbürgermeisters von Ingolstadt das enorme Spendenaufkommen des Freundeskreises. Die Stadt sei stolz auf eines der wenigen staatlichen Museen außerhalb Münchens und bis heute eng mit dem Militär verbunden. Es folgten weitere Grußworte von Vertretern von soldatischen Vereinen.

"Wir halten das Wittelsbacher Grab in Ehren und beten bis heute für die Familie", sagte Markus Eller, Abt des Klosters Scheyern. Er erinnerte an die lange Geschichte des Klosters, das im kommenden Jahr sein 900-jähriges Bestehen feiert, und ging in seiner Rede auch auf die Pax Benedicta ein. "Der heilige Benedikt kennt Größe und Elend des Menschen", sagte er. Ohne inneren könne es keinen äußeren Frieden geben. Das richtige Maß zu halten, sei eine der zentralen Forderungen des Heiligen. Mit einem Aufruf zum Frieden und dem Gebet der Vereinten Nationen schloss er.