Ingolstadt
Weniger Mitglieder, weniger Geld

Den Sportvereinen der Region brechen während der Corona-Krise vor allem Kinder und Jugendliche weg

21.02.2021 | Stand 23.09.2023, 17:07 Uhr
Kräftig geschwitzt wird auf dem Sportgelände des MTV Ingolstadt derzeit nur bei der Arbeit. Für den Sportbetrieb sind die Turnhallen und die Plätze des Vereins nach wie vor gesperrt. −Foto: Hammer

Ingolstadt/Reichertshofen/ Lenting - "Bayerischer Landes-Sportverband (BLSV) vermeldet Mitgliederrekord" hat der DONAUKURIER im Dezember 2019 berichtet.

 

Mit erstmals über 4,62 Millionen Mitgliedern blickten die Sportvereine im Freistaat damals noch rosigen Zeiten entgegen. Doch diese historische Marke ist längst wieder Geschichte.

Die Corona-Pandemie und das damit einhergehende Sportverbot haben den bayerischen Vereinen ordentlich zugesetzt. Die finanziellen Einbußen werden stetig größer, während die Zahl der Mitglieder allmählich schrumpft. Im Corona-Jahr 2020 haben laut BLSV fast 100000 Menschen ihrem Verein den Rücken gekehrt. Doch wie steht es um die Vereine im Ingolstädter Raum? Wir haben nachgefragt.

MTV Ingolstadt: "Vor Weihnachten hat sich das noch nicht so abgezeichnet, aber jetzt - nach unserem Beitragseinzug - sind doch vermehrt Kündigungen gekommen", sagt Kloty Schmöller, Vizepräsidentin des MTV Ingolstadt. Während die Schanzer bei Leichtathleten und Fußballern im Herbst sogar noch einen "riesen Zulauf" verzeichnen konnten, habe sich nun gezeigt, dass es viele eben nicht einsehen, den Verein auch in Zeiten zu unterstützen, in denen das sportliche Angebot eher rar ist. "Im letzten halben Jahr haben wir drei bis fünf Prozent unserer Mitglieder verloren", sagt die Vizepräsidentin. Besonders stark sei der Rückgang im Kinder- und Jugendbereich. Die schrumpfenden Mitgliederbeiträge machen dabei nur einen Teil der fehlenden Einnahmen aus. Schon im Frühjahr 2020 habe der MTV seine finanziellen Einbußen an den BLSV gemeldet und zwei Drittel des entstandenen Schadens über die doppelte Vereinspauschale zurückbekommen. Für dieses Jahr rechnet Schmöller sogar mit einem doppelt so hohen Schadensbetrag - und hofft auch dieses mal auf die verdoppelte Vereinspauschale. "Wir schöpfen alles aus, was möglich ist. Wir haben auch einen Zuschuss von der Stadt erhalten und Novemberhilfe beantragt. " Existenziell bedroht sieht sie ihren Verein aber nicht: "Wir kommen über die Runden und ich bin zuversichtlich, dass dieses Jahr Lokalsport stattfinden wird. " Und spätestens dann würden die Vereine auch wieder Zulauf bekommen.

TSV Reichertshofen: "Wir kommen gut durch die Corona-Zeit", sagt TSV-Vorsitzender Gerd Meier. Reichertshofen habe zwar einen Verlust von circa 80 Mitgliedern, Meier schätzt aber, dass nur rund 30 Prozent der Austritte auf Corona zurückzuführen sind. Den stärksten Rückgang im Verein verzeichne dabei der Kinder- und Jugendfußball. Mit finanziellen Problemen rechnet der Vorsitzende aber nicht: "Wir haben an den BLSV für 2021 einen sehr detaillierten Einnahmenverlust von 18000 Euro gemeldet. Darunter fallen etwa Trainergehälter, Mitgliedsbeiträge oder Jugendfußballturniere. Dieses Geld geht uns zwar ab, aber ich mache mir überhaupt keine Sorgen", sagt Meier, der für eine zügige Wiederaufnahme des Sportbetriebs plädiert. Seine größte Sorge gelte aktuell dem Vereinswirt des TSV: "Die Hilfen der Regierung kommen nicht an. "

TSV Lenting: "Existenziell bedrohlich wird es auf keinen Fall. Wir haben kein Vereinsheim, keine Angestellten und zahlen auch für die Sportstätten keine Miete. Das sind natürlich tolle Voraussetzungen für eine Krise, in der man kein Geld einnehmen kann", sagt TSV-Geschäftsführerin Heidi Lüdke. Dementsprechend habe der TSV Lenting beim BLSV auch keine finanziellen Einbußen gemeldet. Trotzdem leide der Verein stark unter der Krise: Während der TSV in den Jahren zuvor jeweils etwa 80 Eintritte und 100 Austritte verzeichnen konnte, sei im Jahr 2020 kein neues Mitglied dazugekommen. Im Gegenteil: Die Zahl der Mitglieder sei um ganze 200 Personen geschrumpft - von 1300 auf 1100. Auch in Lenting treffen die Austritte Lüdke zufolge vor allem das Kinderturnen und den Jugendfußball. "Ich kann mir vorstellen, dass die Kinder nächstes Jahr wieder eintreten werden. Ich bin mir aber nicht sicher, ob auch die Jugendlichen noch einmal zurückkommen werden", sagt sie.

SC Delphin Ingolstadt: "Wir haben im Vergleich zum Februar vor Corona 250 Mitglieder weniger", sagt Johannes Hägler, Vizepräsident und kommissarischer Präsident des SC Delphin Ingolstadt. Vor allem bei den Kindern und Jugendlichen im Breitensport sei ein Rückgang klar erkennbar. Und auch finanziell muss der Schwimmclub Einbußen hinnehmen: "Wir haben dieses und vergangenes Jahr einen Schaden von jeweils 35000 bis 40000 Euro an den BLSV gemeldet", sagt Hägler. Besonders bitter: Rund 40 Prozent der Sponsorengelder seien bereits weggebrochen. Corona-Hilfen habe der Verein aber trotzdem nicht beantragt. "Zu kompliziert", sagt Hägler und blickt voraus: "Berücksichtigt man nur die Ausgaben, würden wir dank unserer Rücklagen noch eineinhalb Jahre über die Runden kommen. " Der 31-Jährige rechnet allerdings damit, dass der Sport Mitte Mai wieder anlaufen kann. 
 

Benedikt Schimmer